Der polnische Film-Polanski, Wajda und Co

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Hitlerjunge Salomon, Tanz der Vampire, Rosemaries Baby, Chinatown und schließlich der Pianist sind nur einige weltweit bekannte Filme polnischer Regisseure. Polnische Filmemacher gehören zu den Weltbesten ihres Faches, Namen wie Andrzej Wajda, Krzysztof Zanussi, Agnieszka Holland, Krzysztof Kie?lowski und Roman Polanski bürgen für Qualität und garantieren Welterfolge. Schuld daran ist zweifellos die Filmhochschule Lódz, das polnische Hollywood, die bis auf Agnieszka Holland alle oben genannten Regisseure ausbildete.

Die Wahl fiel eher zufällig auf Lódz, denn es war ganz einfach eine der am wenigsten zerstörten Städte und besaß obendrein einige intakte Filmstudios. So entstand dort bereits 1948 eine Filmhochschule, denn das kommunistische Regime war getreu einer Maxime Lenins der Überzeugung, der Film sei die wichtigste der Künste und am besten als Massenbeeinflussungsmedium geeignet. Daher sollten die Filmschaffenden die Elite der Künstler bilden. Ob dieser Einschätzung war die Filmhochschule immer relativ gut ausgestattet. Doch die Idee eine durchgehend politisch korrekte Herangehensweise und Themenauswahl zu vermitteln, wurde schnell durch die Kreativität der Studenten unterlaufen. Die ?ód?er Filmhochschule ließ auch den Sozialistischen Realismus rasch hinter sich und entwickelte eine ganz eigene Polnische Filmschule, die alle heroisierenden Geschichtsbetrachtungen schnell hinter sich ließ. Immer mehr wendete sie sich den sozialen Problemen der urbanen Massengesellschaft und der Auseinandersetzung mit der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu. Ähnlich wie die Literatur entwickelte auch der polnische Film eine Sprache, die es meisterlich verstand die eigentlichen Botschaften und Inhalte so zu verpacken, dass jeder verstehen musste, worum es eigentlich ging, ohne dass irgend etwas direkt angesprochen wurde. So blieben etliche Filme für die Zensur nur schwer angreifbar.

Polens Filmemacher wurden durch die für fast alle gleiche Ausbildungsstätte keinesfalls uniform was ihre thematische und stilistische Handschrift betrifft. Betrachtet man Andrzej Wajda und Roman Polaski, erkennt man große Unterschiede. Polanski (*1933), der ab 1954 in Lódz studierte, entfernte sich dabei vor allem was seine Themenwahl betraf am weitesten von seinen Kollegen. Er verzichtete völlig auf polnische Themen und wandte sich ganz dem westlichen Publikumsgeschmack zu. Zurück nach Polen führte ihn auch thematisch erst sein Film »Der Pianist«. Er erzählt darin die authentische Geschichte des polnisch-jüdischen Pianisten Wladyslaw Szpilman, berichtet von dessen Überleben im Warschauer Ghetto und im Untergrund, und ist eine der dichtesten und atemabschnürendsten Schilderungen des Holocaust. Polanski war bei diesem Film seiner eigenen Biographie sehr nahe gekommen, so nahe, wie er es eben durchstehen konnte. Die Verfilmung von »Schindlers Liste« hatte er abgelehnt, da er selbst Ghetto-Überlebender war und die Nähe der Thematik zu seinem eigenen Schicksal nicht ertragen hätte.

Polanski, der seinen ersten Erfolg1958 mit »Zwei Männer und ein Schrank« landete, drehte 1962 seinen ersten Psychoschocker »Das Messer im Wasser«, zu dem der Jazzer Krzysztof Komeda die kongeniale Musik beisteuerte. Trotz dieser Erfolge resignierte Pola?ski und emigrierte. Er war die Dauerfehde mit der Zensur und die wachsenden antisemitischen Ausgrenzungen und Anfeindungen besonders allen jüdischen Kulturschaffenden gegenüber leid. In den USA erlebte er einen märchenhaften Aufstieg zu Hollywoods Meister des Horrorfilms und des Psychthrillers.

Andrzej Wajda hingegen wählte einen  anderen Weg, seine Filme drehen sich durchweg um polnische Themen. Wie er von sich selbst sagte, ist er ein verhinderter Maler, der am liebsten Bilder der polnischen Geschichte malte. Obendrein war er immer wieder in der Lage, große polnische Literatur kongenial umzusetzen wie »Die Hochzeit«(Wesele) nach der Romanvorlage von Stanis?aw Wyspianski, oder »Das Gelobte Land« (Ziemia Obiecana) nach dem Lódz-Epos von Wladyslaw Reymont.

Doch Wajdas Zeitgeschichtsbilder waren immer auch regimekritisch. Da Wajda auch im Ausland rasch berühmt wurde, konnte er erstaunliche Filme in die polnischen Kinos bringen. Zwei dieser Filme hatten großen Einfluss auf die Geschehnisse des polnischen Sommers 1980 und die folgenden Jahre bis zur Wende. »Der Mann aus Marmor« (Cz?owiek z Marmury;1976) erzählt die Geschichte des Bestarbeiters Birkut und seinen Weg der Systemabkehr bis hin zu seinem angedeuteten Tod bei den Danziger Unruhen 1970.

»Der Mann aus Eisen« (Czlowiek z Zelaza; 1981) ist die Fortsetzung und handelt vom Sohn Birkuts und von den Geschehnissen um die Solidarno?? 1980. Dieser Film wurde zum Hohen Lied der Aufbruchsstimmung jenes Sommers. Er ruft Arbeiter und Intellektuelle Polens und ganz Osteuropas zur Einigkeit und zum gemeinsamen Kampf auf. Dennoch hat dieser Film nichts von der polnischen Romantik und ihrem Ruf nach dem Aufstand um jeden Preis. Wajdas Film wägt ab, zeigt Möglichkeiten des friedlichen Wandels, indem er der Bewegung, deren Teil Wajda ja selbst ist, rät, sich zunächst auf die Gründung freier Gewerkschaften zu beschränken.

Zur Uraufführung – zufällig am 13. Dezember 1981, dem Tag der Ausrufung des Kriegsrechts – war der Film zwar von den politischen Realitäten überholt worden, doch wirkte er in unzähligen Untergrundkopien weiter. Dieser Tag der Verhängung des Kriegsrechts veränderte den polnischen Film gründlich und brachte einen Bruch im Filmschaffen mit sich. Nun gingen auch Andrzej Wajda, Agnieszka Holland und Krzysztof Zanussi ins Exil, die Zensur war übermächtig geworden, die persönliche Gefahr verhaftet zu werden für alle drei groß.

Nach der Wende 1989 musste auch der polnische Film eine völlig neue Sprache finden. Die leisen, geistreichen Zwischentöne, die feine Ironie, die ganze Kunst, die wirklichen Inhalte zwischen den Gesten und Sätzen anzudeuten war nicht mehr nötig und gefragt. Auch die Themenwahl wurde anders, speziell Polnisches trat zunächst in den Hintergrund. Die große Ausnahme bleiben Filme wie Wajdas »Karwoche« 1995, der die Haltung der Polen beim Holocaust an ihren jüdischen Nachbarn zum Thema hatte.

Was man bisher kaum findet unter polnischen Filmen sind Streifen, die sich mit den Wende-Umbrüchen und der Nachwendezeit auseinandersetzen. Polnische Filmemacher besannen sich im Gegenteil bald wieder auf das, wonach sich das polnische Publikum sehnte. Und das waren polnische Themen, polnische Literatur, polnische Geschichte. Solche Sujets machten Filme in Polen zum Kassenschlager – Pollywood entstand. Dieser thematische Rückschritt erfolgte qualitativ teilweise durchaus auf hohem Niveau.

Ein Beispiel für diese Art Filme ist Wajdas »Pan Tadeusz«, eine filmische Umsetzung des polnischen Nationalepos, das von fünfzehn Millionen Polen gesehen wurde. Die Verfilmung von Henryk Sienkieweiczs Roman »Mit Feuer und Schwert« (Ogien i Mreczem), die den Chmielnicki-Aufstand von 1648 zum Thema hatte, wurde mit Produktionskosten von 8,5 Millionen USD gar zur teuersten polnischen Filmproduktion aller Zeiten. Mehr als zehn Millionen Zuschauer machten das opulente Schlachtengemälde von Regisseur Jerzy Hoffmann dennoch zum kommerziellen Erfolg. Genau das wird auch künftig Polens Filmschaffende zu neuen Herangehensweisen nötigen: der neue, ständige Zwang zum kommerziellen Erfolg.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".