Polen, der unbekannte Nachbar

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Immer noch ist Polen unser unbekannter Nachbar, dabei liegt die polnische Grenze gerade mal eine Autostunde östlich von Berlin.  Der polnische Schriftsteller Stefan Chwin fragte während einer Bahnreise einen deutschen Mitreisenden nach dessen Ansichten über Polen. Die Antwort lautete „ja, das Land des Papstes, der Störche, der Solidarnosc und der Autodiebe“.

Die allesamt auf Nichtwissen beruhenden Klischees, Vorurteile und Stereotype wuchern, dabei ist es lohnend, sich auf diesen unbekannten Nachbarn einzulassen, denn Polen hat Europa viel zu geben, eine reiche Kultur, unberührte Landschaften, die ihresgleichen suchen und Menschen, die unsere Sympathie verdienen.

Und dann ist da noch die polnische Geschichte, für jeden Polen ein lebendiger Teil seiner persönlichen Existenz. Jahrhunderte lang Verfügungsmasse der Geschichte wurden die Polen je nach Gusto ihrer übermächtigen Nachbarn mal aufgeteilt wie ein Stück Beutefleisch und mal kurzerhand wie eine Schachfigur in die eine oder andere Richtung verschoben. Dennoch war ihr Motto stets „nie damy sie“- wir las-sen uns nicht unterkriegen. Diese Geschichte ist ohne den Zusammenhang mit der katholischen Kirche nicht zu verstehen, denn diese Kirche war stets eine nationale Kirche, die identitätswahrend, die Nation auch ohne eigenen Staat unter ihrem Dach zusammenhaltend und den Patriotismus schürend wirkte, polnisch gleich ka-tholisch lautete die Formel.

Nur langsam haben die Polen Vertrauen gefasst, sich bedingungslos an den Westen zu binden, groß war die alte Angst, von Nachbarn, Freunden oder Brüdern allzu fest umarmt zu werden. Überdies fällt es vielen älteren Polen sichtlich schwer, nach vierzigjähriger doktrinärer kommunistischer Geschichtsumdeutung  die eigene Geschichte neu zu lernen. Fast noch schwerer fällt es ihnen, sich von der Rolle und Sichtweise des Märtyrers der Geschichte zu verabschieden und nach vorn blickend aktiv die Zukunft zu gestalten.

Polen hatte gewaltige Umbrüche zu verzeichnen nach der Wende 1989, die in Deutschland im Zuge des Vereinigungstaumels kaum wahrgenommen wurden. Dabei ging die Bewegung von Polen aus, die Solidarnosc – Gründung vor zwanzig Jahren war der Anfang vom Ende, auch das Kriegsrecht und die Militärdiktatur ein Jahr später konnte es nur noch verzögern,

Die Wende 1989, völlig friedlich, fast leise vollzogen, hat Polen allein geschafft, Europa war mit der DDR beschäftigt, denn dort drohte noch Gewalteinsatz.
Als die Mauer fiel, hatte Polen mit Tadeusz Mazowiecki schon einen nicht kom-munistischen Ministerpräsidenten. Von außen half ihnen ein Pole, der Papst, des-sen Rolle man kaum hoch genug einschätzen kann, denn die Kirche war längst der einzig funktionierende und akzeptierte Ordnungsfaktor. Diese starke Rolle der Kirche bewahrte Polen in der Folgezeit vor manchen gesellschaftlichen Zerreiß-proben und erwies sich wieder einmal als das Kontinuum der polnischen Ge-schichte.

Wie groß die Veränderungen seit 1989 nicht nur in der Gesellschaft waren mag er-sichtlich werden, wenn man einmal die polnischen Grenzen betrachtet. Nur die Ostsee blieb, alle anderen Nachbarn sind neue Staaten, von der Bundesrepublik im Westen bis zu Weißrussland und der Russischen Föderation in Osten.

Zwar ist der östliche Angstfaktor Sowjetunion zerschlagen, was die Lage aber in den Augen der Polen nicht unbedingt sicherer gemacht hat, und im Westen ist die wirtschaftlich so übermächtig erscheinende Bundesrepublik bis an die Oder vorge-rückt. Noch immer befürchten viele Polen einen Ausverkauf Polens an finanzkräf-tige Investoren und Privatpersonen vor allem aus Deutschland.

Und das Klischee von der „polnischen Wirtschaft“? Wenn man Polens Wirtschaft mit dem vergleicht, was vor der Wende war und nicht mit unserem Standard,dann ist der Fortschritt gewaltig. Zwar ist Polen ein „Tigerstaat“ mit einem traumhaften Wirtschaftswachstum, aber die hohen Arbeitslosenzahlen und das Wissen um die reformbedürftige Landwirtschaft machen dem einzelnen Polen Angst, persönlich auf der Strecke zu bleiben nach dem Eilmarsch in die EU. Es sind solche Ängste, die einige uns überzogen erscheinende Reaktionen erklären.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

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Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".