Polen: Die Hafenstadt Gdynia erhält ein neues Zentrum

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Großsegler Dar Pomorza im Museumshafen von Gdynia, Foto: B.Jäger-Dabek

Großsegler Dar Pomorza im Museumshafen von Gdynia, Foto: B.Jäger-Dabek,

Polens Hafenstadt Gdynia (Gdingen) bekommt im Laufe der kommenden Jahre ein neues Gesicht, vor allem das Zentrum wird sich komplett verändern. Dabei ist Gdynia als Stadt noch recht jung.

Geschichte von Gdynia

Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf Gdina von den Bischöfen von Kujawien im Jahre 1253, als es nach Oxhöft eingepfarrt wurde. Oxhöft selbst wurde bereits 1209 erwähnt und ist heute ein Stadtteil von Gdynia. Die Einwohner lebten Jahrhunderte von der Fischerei und der Landwirtschaft.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es auch in bürgerlichen Familien immer mehr in Mode, zur Sommerfrische an die See zu fahren. Davon profitierte auch Gdingen, das sich im Windschatten des mondänen Zoppot langsam in einen Sommerfrischeort verwandelte. Am Seeufer wurde ein Kurhaus erbaut und eine Badeanstalt eingerichtet, viele Privatvermieter – auch Fischer – boten Zimmer für die Sommerfrischler an.

Die ehemaligen Teilungsmächte von 1772 Preußen-Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland gehörten nicht zu den Siegern des 1.Weltkriegs und hatten ihren Einfluss bei der Neugestaltung des östlichen Mitteleuropas wenig Einfluss.

Gdingen gehörte zu den im Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 festgelegten einst polnischen und nun ohne Plebiszit an Polen abzutretenden 62% der Gebiete Westpreußens. Die Abtretung an die Woiwodschaft Pomerellen in der Zweiten Republik Polen trat am 20. Januar 1920 in Kraft. Polen hatte damit den versprochenen Zugang zu Meer. Gdingen hieß jetzt Gdynia und gehörte zum 74 Kilometer langen Küstenstreifen im sogenannten „Polnischen Korridor“. Einen Hochseehafen hatte Polen damit noch nicht.

Doch schnell stand der Entschluss, einen Hafen zu bauen und schon die ersten Untersuchungen sprachen sämtlich für Gdynia als Standort. Mit dem Bau eines dreiteiligen Handels-, Fischerei- und Kriegshafens wurde bereits 1921 begonnen. Unter großen finanziellen Problemen wurde aus dem 1.179-Einwohnerdorf eine Stadt. Auch eine neue Bahnlinie baute man, die vom Territorien der Freien Stadt Danzig unabhängig machte. Schon 1923 legte das erste Seeschiff in Gdynia an. Um den Ausbau zu beschleunigen, übernahm 1924 ein franko-polnisches Konsortium die Planungsführung, eine dänische Baufirma übernahm die Bauleitung.

Schnell wuchs der Hafen und wurde zur Konkurrenz für Danzig, erbitterte Zollkriege waren die Folge. Betrug der Güterumschlag Gdynias im Jahr 1924 nur 10.000 Tonnen, stieg er im Jahr auf 19292.923.000 Tonnen. Parallel erfolgte Gdynias Ausbau zur Großstadt. Der Fischerort erhielt am 10. Februar 1926 das Stadtrecht und hatte bereits 16.00 Einwohner.

Forschungs- und Bildungsinstitute sowie eine Seefahrtschule siedelten sich an, in den 1930er Jahren wurde Gdynia zum Überseepassagierhafen und damit zur idealen Kombination für das mondäne Seebad Sopot. Der architektonische Modernismus war in Europa in den Zwanziger und Dreißiger Jahren bestimmend und prägt bis heute das Gesicht der Stadt. Alle Hafenteile waren seit Mitter der 1930er Jahre voll funktionsfähig, gebaut wurde bis zum Beginn des 2. Weltkriegs. 1939 hatte Gdynia bereits 115.000 Einwohner. Die deutsche Minderheit der Region machte nur noch 9,8 % der Bevölkerung der Woiwodschaft Pommerellen aus, die meisten Zuwanderer waren Kaschuben, die hier einen Arbeitsplatz fanden.

Am 1. September überfile das Deutsche Reich Polen, am 14. September war Gdynia vollständig von deutschen Truppen besetzt. Gewaltmaßnahmen bis zum Mord, Vertreibung und Ansiedlungen „zur Festigung des deutschen Volkstums“ sollte aus dem polnischen Gdynia das deutsche Gotenhafen machen. In den polnischen Kriegshafen zog nun die deutsche Marine ein, die übrigen Hafenteile kamen zur gemeinsamen Hafenverwaltung von Danzig und Gdingen. Nach der ersten großen Deportationswelle und Ansiedlung von deutschstämmigen Einwanderern hatte Gdingen 1940 nur noch 90.000 Einwohner. Vor ellem für die „Nutzung“ als Arbeitssklaven eröffnete die SS 1940 das Konzentrationslager Gotenhafen als Außenlager des Stammlagers Stutthof.

Am 29. März 1945 endete die deutsche Besetzung, das Gros der Stadtbevölkerung hatte aus Besatzern und ihren Familien sowie „volksdeutschen“ Zuwanderern bestanden, die überwiegend geflohen waren.

Gdynia wurde wieder polnisch. Es dauerte die zerstörte Stadt und die schwerbeschädigten Hafenanlagen wieder aufzubauen. Heute gehört Gdynia mit seinen gut 250.000 Einwohnern zur Dreistadt (Trojmiasto) Danzig (Gdansk), Gdingen und Zoppot (Sopot). Gdynia ist wieder ein bedeutender Hafen und Werftstandort Polens, vor allem nach der Wende nimmt auch die touristische Bedeutung auch Dank des maritimen Flairs immer weiter zu. Zentrum ist der Skwer Kosciuszki direkt am Wasser mit seinen parkähnlichen Anlagen, Verkaufsständen und dem Museumshafen mit dem alten Großsegler „Dar Pomorza“.

Ein neues Zentrum für Gdynia

Das neue Zentrum wird im Hafengebiet entstehen. Kernstück wird das Gelände der Molo Rybackie (Fischereimole) sein. Auf der 22 Hektar großen Mole werden Handels- und Dienstleistungseinrichtungen sowie Wohngebäude entstehen, den nördlichen Teil sollen Lofts dominieren.

Südlich der Fischereimole befinden sich die Seatowers, das mit 143 Metern höchste Wohngebäude Polens. In dessen direkter Umgebung wird im kommenden Jahr der Bau des Wohn-, Handels- und Dienstleistungskomplexes Waterfront Gdynia beginnen. Der Investor SwedeCenter, der zur Inter Ikea Group gehört, lässt hier unter anderem ein neues Marriott-Hotel sowie den neuen polnischen Sitz der Nordea Bank errichten. Nördlich an das Gelände der Fischereimole schließt die Nauta-Werft an. Auch dieses Gelände soll ab 2013 weitestgehend umgestaltet werden.

Ein Teil des Areals wird für die Reparaturwerft erhalten bleiben, daneben sollen hier in erster Linie Wohnbauten und touristische Flächen mit einem Hotel sowie einem neuen Bootsanleger entstehen. Darüber hinaus sind auch hier neue Dienstleistungs- und Handelsflächen vorgesehen. Bereits begonnen hat der Ausbau des Pommerschen Wissenschafts- und Technologieparks südlich des Stadtzentrums. Auf dem sechs Hektar großen Gelände eines ehemaligen Trolleybus- Depots entstehen zusätzliche wissenschaftliche und Wirtschaftseinrichtungen.

Am nördlichen Stadtrand soll der ehemalige Militärflughafen Gdynia-Kosakowo in den kommenden Jahren als zweiter ziviler Airport für das Ballungsgebiet der Trójmiasto (Dreistadt) ausgebaut werden. Derzeit laufen die Ausschreibungen für den Bau der neuen Start- und Landebahn sowie des Passagierterminals. Besucher können sich ab Anfang 2013 in einer Infobox an der ul. Swietojanska über die Bauprojekte informieren. Sie wird aus 65 Containern errichtet, die miteinander zu einer zweigeschossigen Ausstellungsfläche verbunden werden. Von der 22 Meter hohen Aussichtsplattform werden die Gäste einen guten Blick auf die meisten Investitionen haben.

Weitere Informationen:

www.gdyniainfobox.pl

Entwicklungsstrategie von Gdynia 2003-2013

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".