Hintergrund: Polen und die BdV-Präsidentin Erika Steinbach

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Erika Steinbach, das deutsche trojanische PferdKeiner der Präsidenten des deutschen Bundes der Vertriebenen hatte es je leicht in Polen, galt doch der BdV dort über Jahrzehnte als Speerspitze des Revanchismus. Außerdem vertrat der BdV eine Bevölkerungsgruppe, die es nach der polnischen Staatsdoktrin von den „wiedergewonnenen Gebieten“ gar nicht gab: das Wort Vertreibung (wypedzenie) kam in der polnischen Sprachregelung nicht vor, der politisch korrekte Terminus hieß Aussiedelung (wysedlenie), der zumindest ein gewisses Maß an Freiwilligkeit suggeriert. Der BdV galt  in Polen stets als Speerspitze der Ostlandritter, der Deutsche zu Opfern machen wollte.

Nach der Wende 1989 trauten die Polen ihren Augen kaum, als sich überall in den ehemaligen deutschen Ostgebieten Vereine der deutschen Bevölkerungsreste bildeten und man jetzt erst das ganze Ausmaß ahnte, denn bis dahin wurde das eigen Deutschsein oft vor den Nachbarn verschwiegen. Da hatte solch ein Verein in Masuren im Nu selbst in einer Kleinstadt über 1000 Mitglieder, in Schlesien gab es teils sogar noch immer deutsche Mehrheiten in einzelnen Dörfern.

Überregionale Strukturen wurden gegründet, die deutsche Minderheit in Polen organisierte sich. Dabei halfen die Organe der Landsmannschaften des BdV, auch mit finanziellen Mitteln. Patenschaften bildeten sich, oft unter Einbeziehung des alten Heimatkreisverbandes der Flüchtlinge und Vertriebenen. Polnische Gemeinderäte und Bürgermeister lernten oft die Zusammenarbeit mit vertriebenen Alteinwohner schätzen. Vor Ort wurde die Aussöhnung längst gelebt. Auf der großen politischen Bühne stellte sich das alles viel schwieriger dar.

Der Bund der Vertriebenen und seine nicht immer der geschichtlichen Wahrheit angemessen reagierenden Vorsitzenden blieben anders als die Heimwehtouristen und engagierten Heimatvertriebenen und Flüchtlinge in ihren alten Heimatorten als ausgesprochene Hassfiguren in Polen. Doch das erklärt noch nicht die Abneigung, die Erika Steinbach als aktueller BdV-Vorsitzender  in Polen entgegenkommt.

Erika Steinbach, die seit 1998 Präsidentin des BdV und seit 2000 Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen ist, wird in Polen vorgeworfen, die Geschichte umdeuten und damit die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg relativieren zu wollen. Sie bestand stets auf eine Wahrung der Rückkehr- und Eigentumsrechte der Vertriebenen und versuchte das Thema mit der EU-Osterweiterung zu koppeln.

Geboren wurde die umstrittene Vertriebenenpräsidentin am 25.7.1943 in Rumia/Rahmel in Westpreußen und kam 1945 nach Schleswig-Holstein, ab 1959 lebte die Familie in Hanau, wo ihr Vater herstammte. Die Politikerin ist seit 1974 CDU-Mitglied und seit 1990 Bundestagsabgeordnete der Christdemokraten, seit 2000 ist sie auch Mitglied des CDU-Bundesvorstandes.

Im Bundestag positionierte sich Erika Steinbach als Gallionsfigur des konservativen Parteiflügels. Was man ihr in Polen vor allem vorwarf ist, dass sie 1990 gegen den deutsch-polnischen Grenzvertrag stimmte, was sie so begründete: „Man kann nicht für einen Vertrag stimmen, der einen Teil unserer Heimat abtrennt. Auch stimmte Steinbach 1997 gegen die deutsch-tschechische Aussöhnungserklärung.
Kurz nach Steinbachs Wahl zur BdV-Präsidenten 1998 fand die rennommierte polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita“ heraus, dass Erika Steinbach nicht etwa aus einer alteingesessenen westpreußischen Familie stammte (Das damals zu zwei Fünfteln deutsch besiedelte Westpreußen wurde bei der 1. Teilung Polens 1772 Preußen zugeschlagen). Ihr Vater wurde erst 1941 als Luftwaffenfeldwebel und Besatzungssoldat nach Rumia versetzt, ihre Mutter, die aus Bremen stammt, kam 1943 dorthin. In diesem vor dem Krieg polnischen Gebiet wurde Erika Steinbach geboren. So wurde ihr vorgeworfen, keine Heimatvertriebene zu sein. Dem entgegnete sie, man müsse kein Wal sein, um sich für Wale einzusetzen.

Unter Erika Steinbach kam es zu einer Annäherung des Vertriebenverbandes an die SPD, Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach 2000 sogar vor BdV-Deligierten. Im Sommer 2000 gründete Erika Steinbach zusammen mit dem SPD-Politiker Peter Glotz – selbst Vertriebener- eine Stiftung, die zum Ziel haben sollte ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Berlin zu errichten, dass nicht ausschließlich über deutsche, sondern auch über Vertriebene anderer Nationen berichten sollte.

Diese Initiative Erika Steinbachs löste eine der größten geschichtspolitischen Diskussionen in der Bundesrepublik aus. Zunehmend wendeten sich sowohl deutsche als auch polnische Intellektuelle gegen den Sitz Berlin (von Berlin ging der 2. Weltkrieg aus) und gegen die federführende Beteiligung des BdV. Zwar bestritt Steinbach immer wieder die nationale Ausrichtung des Zentrums und betonte die internationalen Aspekte. Dennoch gipfelte die Diskussion in Polen in dem Titelbild der Ausgabe 38/2003 des Wochenmagazins Wprost, dass Erika Steinbach in SS-Uniform auf Kanzler Schröder reitend zeigt und mit dem Titel „Das deutsche trojanische Pferd“ aufmachte.

Vor allem ihre verbalen Fehlgriffe brachten die Polen immer wieder in Rage. So wies sie polnische Kritik an der Ausstellung „Erzwungene Wege“ in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel mit der Bemerkung zurück, „viele Polen empfinden alles, was ihnen nicht lupenreinen Opferstatus garantiert, als nicht richtig“,  das habe bereits die Debatte um die Pogrome in Jedwabne deutlich gemacht, aber so fände das Land nicht aus der reinen Opferecke hinaus.

An anderer Stelle äußerte sie zur polnischen Kritik am geplanten Zentrum gegen Vertreibungen dass Deutschland auch nicht nach polnische Gedenkstätten fragen würden. „Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals Deutschland gefragt wurde, am Gedenkort des Warschauer Aufstands beteiligt gewesen zu sein,“ sagte Steinbach dem Deutschlandfunk.

Solche Äußerungen wurden in Polen als zynisch wahrgenommen, ohne jede Berücksichtigung der Ursache für Flucht und Vertreibung. Polen habe schließlich nicht darum gebeten überfallen zu werden und einem Jahre währenden Martyrium und unvorstellbarer Gewalt ausgesetzt zu werden an dessen Ende Millionen polnischer Menschen den Tod gefunden hatten, hörte man immer wieder in Polen.

Mangelnde Detailkenntnisse der deutsch-polnischen Geschichte mit Tendenzen zu einer Relativierung deutscher Schuld, unbedachte Äußerungen, die in keiner Weise das erfahrene Leid der Polen berücksichtigen und ihre Dauerangst vor einem Zurückdrehen der Geschichte, das sie wieder in eine politische Lage zwischen russischem Hammer und deutschem Amboss bringt trug Erika Steinbach den Ruf ein, eine Dampframme im fragilen deutsch-polnischen Verhältnis zu sein.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

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Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".