Polens Regierungschef Tusk wird EU-Ratspräsident

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Geht nach Brüssel: Donald Tusk; Foto: Mateusz W?odarczyk - www.wlodarczykfoto.pl, CC-BY-SA-4.0

Polens Ministerpräsident Donald Tusk wird nach Brüssel wechseln und Herman van Rompuy am 1. Dezember im Amt des EU-Ratspräsident folgen. Seit sieben Jahren ist der 57jährige Donald Tusk nun Regierungschef in Polen, nun muss in Polen sowohl ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin im Amt des Ministerpräsidenten und im Amt des Parteivorsitzenden der regierenden Bürgerplattform PO gefunden werden. Derzeit beste Aussichten für den Premierposten werden der Parlamentspräsidentin und stellvertretenden Vorsitzenden der regierenden Bürgerplattform Ewa Kopacz eingeräumt.

Tusk erklärte auf einer Pressekonferenz, er wisse, dass sein Hauptjob als Vorsitzender der EU-Gipfel es sein werde, Kompromisse zwischen den Mitgliedsländern zu finden. Zur Ukraine-Krise bemerkte Tusk, es sei wichtig, nun eine mutige aber nicht radikale und vor allem effektive und zum Frieden führende Politik auszuarbeiten. Nach Analystenmeinung könne Tusks Wahl ehemaligen Ostblockländern, die sich vom Kreml bedroht fühlen, ein Gefühl des Halts und Schutzes durch die EU vermitteln, sei der doch bisher der vehementeste Befürworter von Sanktionen gegen Russland gewesen.

Donald Tusk äußerte Journalisten gegenüber, Europa können auch von Polens Erfahrungen im Erreichen von konstantem Wachstum bei gleichzeitige Wahrung der Fiskaldiziplin profitieren. Polen sei das einzige EU-Land, das in der globalen Finanzkrise eine Rezession habe vermeiden können.

Für Polen sei diese Wahl ein großer Erfolg äußerte Ewa Kopacz, und erklärte mit Blick auf die Opposition Tusks neues Amt sein kein Posten um polnische Interessen zu verfolgen. Es sei ein Amt um die Interessen aller Mitglieder auszugleichen. Staatspräsident Bronislaw Komorowski äußerte große Freude über die EU-Entscheidung. Das sei eine Anerkennung der Errungenschaften Polens nach der Wende und seiner heutigen Stellung in Europa, man solle sich darüber einfach freuen.

Zufrieden äußert sich der nationalkatholische Oppositionsführer und Vorsitzende der Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jaroslaw Kaczynski über den Weggang seines Erzrivalen, denn je weiter der von Polen weg sei, desto besser“, kommentierte er. Polens gesamte Politik der letzten Jahre lebte von der Gegnerschaft zwischen Tusk und Kaczynski, die als Überväter ihrer Partei fungierten.

Daheim in Polen sind nicht am Tag nach der Verkündung die Meinungen gespaltener als gestern. Am Tag nach der ersten Freude über die Auswahl der EU, schiebt sich das Thema „Was wird aus Polen nach Tusk“ in den Vordergrund, denn mit Tusks Weggang nach Brüssel geht eine politische Ära zu Ende.

Manche Medien zeigen zwar Freude, aber nicht über die hohe Ehre für einen polnischen Politiker. Die Blätter des nationalkatholischen Umfeld freuen sich zuvorderst über den Weggang des Erzfeinds. Einige Stimmen aus der Regierungspartei werden mit vorsichtig optimistischen Äußerungen zitiert, das könne der erstarrten Regierungspartei nur gut tun. Es könnte sogar der PiS Kaczynskis schaden, der dann der Lieblingsgegner abhandenkäme, meint Präsidentenberater Tomasz Nalecz Journalisten gegenüber. Das sieht Renata Grochal in der Gazeta Wyborcza ganz anders, und sieht – besonders so kurz vor der Wahl – in Tusks Weggang den großen Türöffner für Kaczynski.

Viele Blätter und Internetportale äußern zumindest verhaltenes Erstaunen über die Auswahl des polnischen Regierungschefs und fragen sich, warum ausgerechnet Tusk für diesen Job ausgewählt wurde. Der Job des EU-Ratspräsidenten bestehe in der Leitung von EU-Gipfeln, im Vermitteln zwischen den Mitgliedsländern und der Kompromissfindung. Und gerade da fragt man sich im Land nach der speziellen Eignung, denn Tusk hat ein großes Manko: Er spricht so gut wie kein Englisch. Wie das gehen solle in Zeiten großer Krisen wie in der Ukraine, mit allem Zeitdruck, wenn keinerlei persönliche Kommunikation möglich sei, sondern stets ein Dolmetscher dabei sein müsse fragt man sich.

Vor dem Wechsel nach Brüssel muss Tusk mit seiner Regierung zurücktreten. Das aber wird vermutlich bis nach den Kommunal- und Regionalwahlen hinausgeschoben werden und erst Mitte bis Ende November geschehen. Mit Blick auf die Parlamentswahl im nächsten Jahr ist es überlebenswichtig für die PO, bis dahin eine schlagkräftige einige neue Führung zu formieren. Bis zu Tusks Weggang bleibt also viel zu tun. Doch ob die Machtübergabe so ganz ohne Diadochenkämpfe abgeht, wie Tusk es wünscht, bleibt leicht zweifelhaft, denn als Politikerin ist Ewa Kopacz, die designierte Nachfolgerin im Amt des Regierungschefs nicht unumstritten.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".