Teufelswerk: Der Hitler-Stalin-Pakt

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hitlerstalinPolens starker Mann Jozef Pilsudski, für den ein starker Staat in diesen Zeiten wichtiger war, als die Demokratie versuchte bis zu seinem Tod 1935 die polnischen Grenzen durch ein Geflecht von Verträgen abzusichern. 1932 wurde ein Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion geschlossen, 1934 mit Deutschland. Außenminister Jozef Beck bemühte sich fortan, zwischen Deutschland und der Sowjetunion eine Balance zu finden, aber sowohl ihm als auch Pilsudski war klar, dass über kurz oder lang der deutsch-sowjetische Interessengegensatz aufbrechen würde und Polen in seiner Mittellage Gefahr lief, zwischen den Großmächten zerquetscht zu werden.

Hitlers Forderungen und Anschuldigungen Polen gegenüber nahmen an Maßlosigkeit zu. Nach dem Anschluss Österreichs, der Zerschlagung der Tschechoslowakei unter Bruch des Münchner Abkommens und der Kündigung des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrag im April 1939 durch Hitler standen Danzig und der Korridor nach Ostpreußen auf der Tagesordnung. Dazu wurde klar, dass die Appeasement-Politik gescheitert war. In Großbritannien änderte sich die Stimmung. Die Opposition in der konservativen Partei unter Führung Winston Churchills forderte das Ende der Zugeständnisse gegenüber dem Deutschen Reich.

Ein klares Signal sollte die  englisch-französische Garantieerklärung für die Unabhängigkeit Polens vom 31. März 1939 sein, in der beide Mächte zusicherten, im Falle eines Angriffes auf Polen ebenfalls anzugreifen. Damit sollte eine Expansion Deutschlands in Richtung Osten verhindert werden, die das europäische Machtgefüge gesprengt hätte. Vereinbarung hätte spätestens 15 Tage nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen eine französische Offensive an der deutschen Westgrenze erfolgen müssen.

Hitler hoffte, mit dem Pakt die Westmächte von einem Eingreifen abzuhalten. Doch Großbritannien schien nun Ernst zu machen und schloss am 25. August mit Polen einen noch weiter gehenden Beistandspakt.

Nach dem Ende der Tschechoslowakei setzte sich zwar die Erkenntnis durch, dass man im östlichen Mitteleuropa ohne die Einbindung der Sowjetunion Hitler nicht würde im Zaum halten können, nun suchten sowohl Deutschland, als auch die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich nach einer Absicherung. Die Verhandlungen zwischen Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion prägte das gegenseitige Misstrauen. Chamberlain hielt die Schlagkraft der Roten Armee für unbedeutend, Stalin traute er nicht weiter als bis zur Tür. Frankreichs Rolle war abwartender, hatte man In Paris ja bereits den mit der Sowjetunion 1935 abgeschlossenen Beistandspakt.

Die Sowjetunion wiederum traute dem Westen nicht. Stalin glaubte, dass die Westmächte im Ernstfall auch zu ihren Verpflichtungen stehen würden. Am 15. und 16. April 1939 führten der sowjetische Außenminister Maxim Litwinow und der britische Botschafter in Moskau Gespräche über „die Schaffung einer gemeinsamen Front zwischen Großbritannien, Frankreich und der UdSSR. Die Verhandlungen waren mühsam und mussten immer wieder zu Abstimmungen mit den einzelnen Regierungen unterbrochen werden. Niemand war letztlich bereit im Notfall der Sowjetunion Souveränitätsrechte abzutreten.

Gleichzeitig sondierten die Sowjetunion und Deutschland die Möglichkeiten einer Übereinkunft.
Am 3. Mai wurde der bisherige Außenminister Litwinow abgelöst. Litwinow entsprach als Jude exakt dem jüdisch-bolschewistischen Klischee der Nazis und wurde als Verhandlungspartner abgelehnt. Die Ernennung  des Vorsitzenden des Rats der Volkskommissare und damit Ministerpräsidenten Wjatscheslaw Molotow auch zum Außenminister, ließ Berlin aufhorchen, signalisierte das doch einen weitreichenden Kurswechsel.
Am 11.April 1939 begannen in Moskau die Verhandlungen auf militärischer Ebene zwischen
Admiral Drax, General Doumenc und Marschall Woroschilow, doch auch diese Verhandlungen gerieten schnell ins Stocken.
Die Sowjets machten folgendes Angebot:  eine Million Soldaten, 5000 Geschütze schwerer Artillerie, 9500 Panzer und 5500 Kampfflugzeuge und Bomber sollten die polnische Westgrenze gegen einen Angriff Deutschlands schützen. Dazu allerdings hätte es eines sowjetischen Durchmarschrechts durch Polen bedurft, doch die polnische Regierung verweigerte ihre Zustimmung. Die sowjetische Forderung, Polen auch ohne eine deutsche Aggression jederzeit und ohne Vorankündigung betreten zu dürfen, erschien Warschau inakzeptabel. Daraufhin wurden die Verhandlungen am 21. August vorerst vertagt, am 27. August wurden sie nach dem Abschluss des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts endgültig abgebrochen.

Seit Molotow Außenkommissar geworden war, zielte seine Politik klar auf eine Vereinbarung mit Deutschland – natürlich auf Kosten Polens. Die sowjetische Regierung begann zweigleisig zu fahren und verhandelte gleichzeitig mit den Westmächten und dem Deutschen Reich.  Es zeigte sich schnell, dass die Schnittmenge der deutschen und sowjetischen Interessen zu diesem Zeitpunkt weit größer sein. Auf beiden Seiten wurde nicht lange gefackelt und die Verhandlungen kamen rasch voran. Mitte Juni 1939 machte der bulgarische Botschafter Parvan Dragonoff  das, wovon er von der Sowjets ausersehen worden war. Er gab eine Erklärung weiter, die der sowjetische Botschaftsrat in Berlin Georgi Astachow ihm gegenüber gemacht hatte. Der Wortlaut dieser Erklärung war: „Wenn Deutschland die Erklärung abgibt, die Sowjetunion nicht angreifen zu wollen, oder mit ihr einen Nichtangriffspakt abschließt, so wird die Sowjetunion wohl von dem Vertragsabschluss mit England absehen.“

Die deutsche Diplomatie reagierte umgehend. Am 26. Juli 1939 erklärte der deutsche Legationsrat Karl Schnurre dem besagten sowjetischen Botschaftsrat Astachow unumwunden, die Deutschen seien bereit eine entsprechende Vereinbarung zu unterzeichnen. Nachdem die Details besprochen waren, überbrachte der deutsche Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg am 17. August Außenminister Molotow eine Note, in der die Deutschen ihre Bereitschaft zu einem Nichtangriffspakt erklärten, zu dem ein vertrauliches Sonderprotokoll bezüglich der Festlegung der gegenseitigen Interessensphären gehören sollte.

Am 23. August brachte Joachim von Ribbentrop das fertig ausformulierte Vertragswerk mit nach Moskau. Inzwischen wurde das letzte Hindernis aus dem Weg geräumt und in Windeseile am 19. August der deutsch-sowjetische Wirtschaftsvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag war für das Deutsche Reich lebenswichtig im Falle eines Krieges sicherte er doch gegen einen Kreditrahmen von 200 Millionen Reichsmark dem Reich dringend benötigte Rohstoff- und Nahrungslieferungen im Wert von 180 Millionen Reichsmark zu.

Die Unterschrift war kaum trocken, da kabelte Molotow nach Berlin, die sowjetische Regierung sei nun bereit, Außenminister Ribbentrop am 26. und 27. August zur Ratifizierung eines Nichtangriffspaktes in Moskau zu begrüßen. Nun hatte Hitler es eilig und ließt Botschafter Schulenburg Molotow am 21. August eine Eilbotschaft Hitlers an Stalin überbringen, Ribbentrop könne sich bereits in den nächsten beiden Tagen zur Ratifizierung nach Moskau auf den Weg machen. Stalin erklärte sich mit dem  23. August einverstanden. Unterzeichnet wurde der zehn Jahre gültige deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt am 24. August 1939 durch Ribbentrop und Molotow, datiert war er aber auf den 23.August.

Der Inhalt des Vertrages besagte Folgendes:
Die Partner verpflichteten sich, einander nicht anzugreifen Im Falle eines Krieges eines der Vertragspartners mit einem Drittstaat sicherte man sich gegenseitig Neutralität zu.
In einem geheimen Zusatzprotokoll teilten die Vertragspartner Nordost- und Südosteuropas für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung in Interessensphären auf. Das geheime Zusatzprotokoll war so geheim, dass es in der Sowjetunion bis 1989 verschwiegen wurde. Erst als Michail Gorbatschow einen Untersuchungsausschuss einsetzte, wurde das Dokument veröffentlicht. Am 24. Dezember 1989 stimmte die Mehrheit des Volksdeputiertenkongress der UdSSR durch ein Mehrheitsvotum dafür den Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt und seine Zusatzprotokolle für nichtig.

Das geheime Zusatzprotokoll umfasste vier Punkte:
1.    Die baltischen Staaten ohne Litauen und Finnland sollten in der sowjetischen Interessensphäre liegen.
2.    Die Grenze der Interessensphäre in Polen sollte längs der Flüsse Weichsel, Narew und San verlaufen. Die beiden Vertragspartner beschlossen, dass die Frage ob ein unabhängiger polnischer Staat weiterhin erwünscht wäre, sollte erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung geklärt werden.
3.    Die Reichsregierung bekundet ihr Desinteresse  an Bessarabien, also Moldawien und der Ukraine, die zur sowjetischen Interessensphäre geschlagen werden.
4.    Von beiden Signatarmächten sollte dieses Zusatzprotokoll als streng geheim behandelt werden.

Am 28.September 1939 als die Kämpfe in Polen endeten, wurde der „Grenz- und Freundschaftsvertrag“ zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion geschlossen, wieder mit einem  geheimen Teil mit drei Zusatzprotokollen. In diesem wurde die Festlegung der Interessensphären in Polen zugunsten des Deutschen Reiches korrigiert, die Woiwodschaft Lublin und Teile der Woiwodschaft Warschau wurden nun der deutschen Interessensphäre zugeordnet, Litauen der sowjetischen. Der genaue Grenzverlauf wurde von Ribbentrop und Stalin auf einer Karte bestätigt.

Der Hitler-Stalin Pakt löste in Paris und London Betroffenheit aus, machte er doch einen baldigen Kriegsfall mehr als wahrscheinlich. Doch wollte man gegenüber Deutschland Entschlossenheit zeigen und unterzeichnete am 25. August 1939 den Britisch-Polnischer-Beistandspakt.

Für die Sowjetunion brachte dieser Teufelspakt einen Zeitgewinn, denn man war sich dort der Tatsache bewusst, dass in nicht allzu langer Zeit man selbst das Ziel eines deutschen Angriffs sein würde. Außerdem konnte man sich einige Teil des alten Zarenreiches, die man im Friedensvertrag nach dem Ersten Weltkrieg verloren hatte wieder vereinnahmen.

Für das Deutsche Reich war mit dem Vertrag die befürchtete Einkreisung abgewehrt und man konnte auf sowjetische Ressourcen zurückgreifen. Außerdem war Hitler der Verwirklichung seines Lebensraum-Traums einen Schritt näher gekommen und Deutsche Truppen standen nun direkt an der sowjetischen Grenze, was einen späteren Angriff auf die Sowjetunion erleichtern würde.

Die Hoffnung der Polen, bei Frankreich und England durch enge Militärbündnisse Garantien für den Fortbestand des Landes zu erhalten, erfüllten sich später nur auf dem Papier durch die Kriegserklärungen an das Deutsche Reich, zu Hilfe eilten die Alliierten dem bedrängten Polen nicht.
So besiegelte der Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 Polens Schicksal. Die Aufteilung Polens längs der Flüsse Narew, Weichsel und San zwischen Hitler und Stalin war beschlossene Sache.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

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Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".