Wahlkampf: Polen nach den TV-Debatten

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Polens Ministerpräsidentin Ewa Kopacz, Foto: Jaroslaw Roland Kruk / Wikipedia, licence: CC-BY-SA-3.0

Polens Ministerpräsidentin Ewa Kopacz, Foto: Jaroslaw Roland Kruk / Wikipedia, CC-BY-SA-3.0,

In Polen geht der Wahlkampf auf die Zielgerade, am Sonntag ist Wahltag. Höhepunkte waren die beiden TV-Duelle, die zu Wochenbeginn vom Fernsehsender TVP übertragen wurden. Am Montag standen sich dabei zunächst die beiden Spitzenkandidatinnen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz von der regierenden Bürgerplattform PO und Beata Szydlo von der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit PiS gegenüber. Zunächst beantworteten Szydlo und Kopacz Fragen aus den drei Themenbereichen: Politik und funktionierender Staat, Außenpolitik, EU und Verteidigung sowie Wirtschaft und Gesellschaft. Danach hatten beide Kandidatinnen zwei Minuten Zeit einen eigenen Vortrag zu halten, um Wähler für sich zu gewinnen.

Ministerpräsidentin Kopacz gegen Herausforderin Szydlo

Wie bei solchen Debatten üblich, sahen sich am Ende die Lager beider Kandidatinnen als Sieger der Debatte. Doch eigentlich hat weder die Amtsinhaberin, noch die Herausforderin, etwas ganz Konkretes gesagt. Wie das Politmagazin Polityka kommentierte, sei es ziemlich egal, wer da was gesagt habe, denn die Polen würden einfach den Wechsel wollen, Sachargumente würden das kaum noch ändern können.

Zwar trumpfte Beata Szydlo mit ihren beiden Kern-Wahlversprechen für ihre ersten hundert Tage als Ministerpräsidentin auf, der komplett freien Gesundheitsfürsorge für alle Polen ab einem Alter von 75 Jahren sowie der Zahlung von 500 PLN für jedes Kind. Ewa Kopacz konterte mit einem neuen Steuersystem, das dazu führen soll, dass in Polen niemand mehr der Arbeit wegen emigrieren muss. Beide zeigten allerdings nicht auf, wie das bezahlbar sein soll.

Ewa Kopacz betonte, ihre Gegenkandidatin habe in der zu Ende gehenden Legislaturperiode dreimal gegen Frauenrechte abgestimmt. Szydlo hingegen forderte ein starkes, sicheres Polen, das eine bedeutendere Rolle auf dem internationalen Parkett spielt und auch mit Russland in Harmonie lebt.

Ein bisschen mehr Leben kam in die Debatte beim Thea Polen und die EU. Kopacz betonte , dass es kein Polen ohne Solidarität innerhalb der EU gäbe. Mit ihr würde Polen so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie es dem Land möglich sein. Polen könne nur so eine starke Position innerhalb der EU halten, die auch Dank des Ratspräsidenten Donald Tusk erreicht worden sei.

Szydlo hingegen sieht Polens Stellung innerhalb der EU als eher schwach an. Deutschland und Frankreich würden für ihre Rechte in der EU kämpfen und die Gemeinschaft dominieren. Mit ihr würde Polen endlich anfangen, für seine eigenen Rechte genauso unbeugsam einzutreten.

Nicht untypisch für die Argumentationsweise der PiS war auch die Frage nach dem Wirtschaftswachstum. Mit stolzem Pathos erklärte Szydlo, unter der PiS-Regierung 2005-2007 sei das Wirtschaftswachstum in Polen so hoch, wie niemals danach gewesen. Das ist zwar richtig, kann aber in keiner Weise mit den heutigen Bedingungen verglichen werden, denn damals kurz nach dem EU-Beitritt erfolgte ein gewaltiger Wachstumsschub durch das nun mögliche Anzapfen der EU-Straukturfonds. Nicht hingegen erwähnte sie, dass Polen noch immer einer der EU-Wirtschaftsmotoren ist.

Ewa Kopacz wagte sich dafür mit dem Versprechen weit vor, dass in Polen junge Leute bald gensaso viel verdienen werden, wie ihre Altersgenossen im Westen un dnicht mehr auswandern müssten.

Die große Diskussionsrunde

Am Dienstag dann kam es zur Diskussionsrunde von acht Spitzenkandidaten. Neben Beata Szydlo und Ewa Kopacz nahmen Barbara Nowacka von der Vereinigten Linken, Wirtschaftsminister Janusz Piechocinski von der Bauernpartei (PSL), der rechte Populist Janusz Kowin-Mikke von der Partei KORWIN, Ex Rock-Star und Neupolitiker Pawel Kukiz vom Ruch Kukiza (Kukiz-Bewegung), Adrian Zandberg von der neuen sozialdemokratischen Partei Razem (Gemeinsam) und Ryszard Petru von der wirtschftsliberalen Partei Nowoczesna Ryszarda Petru (Ryszard Petrus Moderne) teil.

Wichtige Themen in dieser Debatte sollten die Renten und das Renteneintrittsalter, die Wirtschaft und Staatsfinanzen Polens sein. Dazu wurden allen Kandidaten Fragen gestellt, für deren Beantwortung sie je eine Minute Zeit hatten.

Das große, die Emotionen hochkochende Thema aber wurde die Flüchtlingsfrage. Premierministerin Kopacz argumentierte, ihre Regierung habe bei den Verhandlungen einen Sieg errungen. Polen müsse nun keine festen EU-Quoten einfach akzeptieren und habe das Recht, zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten zu unterscheiden.

Beata Szydlo sieht kein Argument für die Aufnahme von Immigranten und argwöhnt, dass die EU-Lösung schlicht falsch sei und das Polen das Recht haben müsse sich zu fürchten, da man ja auch noch immer nicht wisse, wozu man sich da im Endeffekt verpflichten würde. Stattdessen sollte Polen humanitäre Hilfe aussenden.

Pawel Kukiz vertrat das Standardargument der Populisten und meinte pauschal es sei schwer, diese Menschen Flüchtlinge zu nennen, sie seien Wanderarbeiter. Wenn die Regierung der Ansicht sei, dass Polen es sich leisten könne, sie zu akzeptieren, bedeute dies, dass Polen die Durchführung der Politik Deutschlands übernehme.

Janusz Korwin-Mikke stellte fest, dass diejenigen, die kommen werden, junge Männer seien, die  aus reinem Eigennutz nach Deutschland gehen wollten.

Der wirtschaftsliberale Adrian Zandberg und Barbara Nowacka von der Vereinten Linken allerdings nahmen eine dezidiert andere Haltung ein. Zandberg erklärte,  wenn jemand voller Stolz sage, dass er Flüchtlingen nicht helfe, dann wisse er nicht, welche Art von Moral diese Person dazu führe. Es sei widerlich, dass bestimmte Leute politisches Kapital aus der Begrenzung der Zahl der Flüchtlinge schlagen wollten. Nowacka sagte, dass Polen Europäer sein, und in Solidarität handeln sollten – Polen sollte so viele Menschen wie möglich aufnehmen, fügte sie an.

Zusammenfassungen, unhaltbare Wahlversprechen und starke Worte

Ministerpräsident Kopacz gönnte sich in ihrer Zusammenfassung einen Seitenhieb auf ihre Hauptrivalin von der PiS und meinte, dass man in Polen noch einen demokratischen Staat und keine religiöse Republik habe. Sie fügte an, dass unter ihrer Regierung Polen bald so wohlhabend wie der Westen sein würde. Janusz Piechocinski, Wirtschaftsminister von der mitregierenden Bauernpartei PSL sagte, seine Partei sei modern und sähe, dass die Öffnung der Märkte eine wirklich positive Veränderung bringe.

Beata Szydlo bezichtigte die Regierungspartei der leeren Versprechungen und sagte, Polen habe den Willen zum Wechsel, wie ja auch die Wahl des PiS-Kandidaten Andrzej Duda in der Präsidentschaftswahl vom Mai belege.

Der wirtschaftsliberale Ryszard Petru behauptete, dass seine Partei die einzige sei, die Impulse für einen Wandel gäbe, und sagte, seine Partei und er könnten Polen für das gleiche Geld besser verwalten.

Barbara Nowacka erklärte, die Wahl sei für die Bürgerplattform verloren, und nun gäbe es endlich eine Chance, um den Stillstand in den beiden führenden Parteien zu brechen. Adrian Zandberg kritisierte vor allem das Vorhaben der Stimmabgabe für „das kleinere Übel“, denn es gäbe ja Alternativen

Pawel Kukiz hingegen nannte die Debatte eine „Farce“ und sagte, die Polen würden sich vor allem wünschen, dass die etablierten Parteien endlich aufhörten, sie zu bestehlen. Korwin-Mikke verspottete die Debatte als „Fest der Verheißungen“.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".