Walesa will auswandern

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Er könnte zum großen Spielverderber werden und als Solidarnosc-Gründer der großen Jubelfeier zum 20. Jahrestag des Endes der kommunistischen Diktatur fernbleiben. Wenn Lech Walesa, Solidarnosc-Gründer, Friedensnobelpreisträger und erster Staatspräsident des freien Nachwendepolen dem großen Fest fernbleibt, wäre das eine Katastrophe für Polen, denn Walesa ist das Symbol dieser Zeit.

Eine Provinzposse? Keineswegs. Es geht um das tiefe Zerwürfnis zwischen den Flügeln der ehemaligen Solidarnosc-Bewegung, persönliche Racheakten und nicht aufgearbeitete Untaten der kommunistischen Ära. Zur Zeit der Solidarnosc-Gründung und im antikommunistischen Untergrund der folgenden Kriegsrechtszeit arbeiteten die Kaczynski-Brüder und Lech Walesa eng zusammen. Auch zum Beginn der Präsidentschaft im Jahr 1990, als Walesa den Zwillingsbrüdern Lech und Jaroslaw Kaczynski hohe Ämter verschaffte herrschte noch eitler Sonnenschein. Wenig später jedoch kam es jedoch zum Bruch. Die Kaczynskis warfen und werfen Walesa und der Regierung von Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki vor, mit ihrer „Politik des dicken Schlussstriches“ unter die kommunistische Vergangenheit eine Abrechnung mit dem Regime der Volksrepublik verhindert zu haben. Daraus erwuchs eine erbitterte Feindschaft, die von den Kaczynskis gehegt und gepflegt wurde, jedes nur denkbare Instrument wurde genutzt.

Eines dieser Instrumente ist das Institut des Nationalen Gedenkens IPN, die polnische Variante der deutschen Birthler-Behörde. Aus den dortigen Unterlegen glaubte man Lech Walesa nachweisen zu können, er habe als SB-Agent „Bolek“ mit dem kommunistischen Geheimdienst zusammen gearbeitet und Arbeitskollegen der Danziger Werft denunziert zu haben. Diese Vorwürfe wurden bereits vor einem Jahr von Piotr Gontarczyk und Slawomir Cenckiewicz in einer IPN-Publikation veröffentlicht, ohne dass die Autoren jemals mit Walesa gesprochen hätten.
Walesa hatte zuvor längst eingeräumt, nach einer von mehreren Festnahmen als Antikommunist bei der kommunistischen Geheimpolizei  SB, der polnischen Stasi-Variante ein Papier unterschrieben zu haben. Doch mit der Geheimpolizei zusammengearbeitet habe er nie und er sei auch nicht „Bolek“ gewesen. Von diesem Vorwurf hatte ihn im Jahr 2000 ein Gericht Walesa von dem freigesprochen. Bereits 2004 war Walesa vom IPN der Status eines „Verfolgten des kommunistischen Regimes“ zugesprochen worden.
Doch die Zeiten änderten sich, die Zusammensetzung des IPN ebenfalls, denn dort haben heute Parteigänger der Kaczynskis das Sagen. Demonstrativ verlieh Präsident Lech Kaczynski dem IPN-Leiter Janusz Kurtyka und 21 seiner Mitarbeiter hohe Auszeichnungen unter anderm dafür, dass sie sich mutig eines „Unantastbaren“ angenommen hätten.

Nun glaubt das IPN, auch im Privatlebens Walesas fündig geworden zu sein: ein uneheliches Kind und eine Rolle als jugendlicher Rüpel glaubt man aus den Akten belegen zu können, sogar ins Weihwasser seiner Heimatkirche soll der jugendliche Walesa gepinkelt haben. Die Vorwürfe wurden kürzlich in einer Diplomarbeit von Pawel Zyzak, einem Mitarbeiter  des IPN publiziert.

Lech Walesa reagierte empört und bezeichnete die Vorwürfe als Lügen. In seinem Blog nannte Walesa die Vorwürfe von Zyzak „widerliche, barbarische und erfundene Verleumdungen“. Neben der Boykottdrohungen der Jubiläumsfeiern kündigte er an, alle Auszeichnungen zurück zu geben, einschließlich des Friedensnobelpreises, falls IPN-Direktor Kurtyka nicht zurücktrete. Wenn das alles aber nichts nütze bliebe im nur noch die Auswanderung drohte Walesa. Beifall erhält er – zum ersten Mal – von der politischen Linken Polens. Sein Nachfolger im Präsidentenamt Aleksander Kwasniewski Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski nannte das IPN „Institut der Nationalen Lüge“. Das Institut missbrauche Geheimdienst-Dokumente für innenpolitische Scharmützel und solle geschlossen werden.

Der Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen gegen Walesa ist schwer nachprüfbar. Anders als es bei der deutschen Stasi-Behörde wäre, erhält nicht einmal Lech Walesa selbst Einblick in alle seine eigenen Akten beim IPN. Er konnte bisher nur einen Teil dieser Unterlagen prüfen, die aber enthielten nicht die strittigen Punkte.  Ein offizieller oder inoffizieller Mitarbeiter des ehemaligen Geheimdienstes SB habe kein Recht auf Einblick in den Teil der Urkunden, die er selbst geschaffen hatte – ein merkwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit.

Premierminister Donald Tusk hofft, dass der Ex-Präsident sich bie zur Feier wieder beruhige und nannte Walesa einen „nationalen Schatz“ und will mit seiner  Bürgerplattform PO nun per Gesetzesänderung den Einfluss der Politik auf das IPN beschränken. Außerdem drohte der Premier an, dem IPN die Gelder zu kürzen.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

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Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".