Washington Post: Polen erhielt Millionen für CIA-Gefängnisse

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Stare Kiejkuty, der in Masurens Wäldern versteckte Ort mit der Geheimdiensttradition; Foto: Brigitte Jäger-Dabek

Stare Kiejkuty, in Masurens Wäldern verstecktes CIA-Gefängnis,

Trotz der dramatischen Ereignisse in der Ukraine beschäftigt ein Bericht der Washington Post vom 23. Januar Polen. In dem Artikel heißt es, für das Geheimgefängnis der CIA in Stare Kiejkuty (Masuren) sollen 15 Mio USD gezahlt worden sein.

Die Geschichte liest sich wie ein Krimi. An einem kalten Wintertag Anfang 2003 seien zwei CIA-Mitarbeiter in der Warschauer US-Botschaft angekommen und hätten dort Kartons in einen Transporter geladen. Die Kartons waren randvoll mit Geldbündeln im Wert von 15 Mio USD, die im Diplomatengepäck aus Deutschland gekommen waren. Mit den Kartons fuhren die CIA-Beamten quer durch Warschau, bis sie beim polnischen Geheimdienst Agencja Wywiadu angekommen waren. Dort trafen sie den Vizechef Oberst Andrzej Derlatka und zwei seiner Mitarbeiter, die das Geld annahmen. Damit war eine Vereinbarung erfüllt, die dem CIA den Gebrauch eines abgeschiedenen Trainingsgeländes des polnischen Geheimdienstes erlaubte. Das befand sich in Stary Kiejkuty zwar in der Abgeschiedenheit masurischer Wälder, jedoch nahe genug am Flugplatz Szymany, denn der amerikanische Geheimdienst plante dort Verhöre mit Gefangenen durchzuführen, die der Al Quaida-Mitarbeit verdächtigt wurden.

Die auf dem Gelände von Stare Keijkuty befindliche Villa wurde der Vereinbarung gemäß genutzt und ausgebaut, da die Unterkünfte als zu klein erschienen. Dazu soll das Gelände mit Überwachungskameras im Wert von 300.000 USD gesichert worden sein. Auch ein auf dem Gelände befindlicher Schuppen soll benutzt und umgebaut worden sein. Unter anderem wurde ein Fitnessraum für koopertaionswillige Gefangene erichtet. Polnische Geheimdienstler hatten keinen Zutritt mehr mit Ausnahme des Speisesaals. Die Millionenzahlung soll hauptsächlich für diese Umbauten erfolgt sein.

Die polnischen Geheimdienstler erhielten das Geld und der CIA hatte einen sicheren Ort für seine verdeckte Operation. Dies hatten ehemalige CIA-Mitarbeiter der Washington Post gegenüber unter Zusicherung der Anonymität erklärt.

Und so ging es damals weiter: Die von den Amerikanern gefassten Terror-Verdächtigen Abu Zubaida, Abd ar-Rahim an-Nashiri wurden am 5.12.2002 nach Masuren geflogen und in das Camp mit dem Codenamen „Quartz“ verbracht. Im März 2003 wurde Khalid Sheikh Mohammed ebenfalls dorthin verbracht. Die Vernehmungen begannen – harte Vernehmungen, wie der interne Code für Folter lautete, darunter Waterboarding (simuliertes Ertrinken), Schlafentzug und simulierte Exekutionen. Diese Praktiken nannte US-Präsident Obama selbst 2009 Folter. Internen CIA-Berichten zufolge hatten diese Praktiken „dramatisch positive Ergebnisse“ gezeigt.

Doch bleib die CIA mit ihren verdeckten Operationen nicht lange in Polen aktiv, da man ständig fürchtete, von Al Qaida entdeckt zu werden. So wurde Stare Kiejkuty im September 2003 wieder verlassen. Einige der Insassen von Stare Kiejkuty wurden nach Marokko verbracht, andere nach Kabul, vierzehn hochkarätige Häftlinge seien nach Guantanamo gekommen, hieß es.

Die Washington Post berichtete bereits 2005 von CIA-Geheimgefängnissen im östlichen Europa und Human Rights Watch fand und verifizierte die Standorte in Polen, Rumänien und Litauen. Erst 2009 beendete Präsident Obama das verdeckte Vernehmungsprogramm. In Polen eröffnete die Staatsanwaltschaft in Sachen CIA-Gefängnisse in Polen ein Ermittlungsverfahren. Die zuständige Krakauer Staatsanwaltschaft ließ durch einen Sprecher mitteilen, der Artikel werde für die laufenden Ermittlungen ausgewertet.

Hauptsächlich unter Druck gerieten in Polen die Angehörigen der damaligen Regierung unter Ministerpräsident Jerzy Miller (SLD, Bündnis der demokratischen Linken), da es kaum denkbar erschien, das keine Regierungsstelle die Aktion nicht abgesegnet hatte. Jerzy Miller kommentierte den Artikel inzwischen damit, dass er nichts von diesen Geldern wisse. Zuvor hatte Miller stets die Existenz eines geheimen CIA-Gefängnisses in Masuren.

Doch könnte dieser Bericht der Washington Post nur die Spitze des Eisbergs sein, argwöhnen auch viele Journalisten in Polen. Auch der Europäische Menschengerichtshof in Straßburg ist inzwischn mit der Angelegenheit befasst. Dort sind Klagen von vermutlichen Insassen des polnischen CIA-Geheimgefängnisses anhängig. Weil dazu der amerikanische Geheimdienst CIA so undicht wie ein Sieb ist, könnte die unheilige Allianz und Konspiration des Schweigens doch noch aufgebrochen werden.

Fast jeder, der in Polens politische Szene Rang und Namen hat, sah sich zu einem Kommentar veranlasst, genauso beschäftigte die Angelegenheit die Online-Medien. „Geld im Karton? Das passiert doch nur in einer Bananenrepublik“ zitiert die Tageszeitung Gazeta Wyborcza Senator Jozef Pinor von der regierenden Bürgerplattform PO. Das sei eine Beleidigung Polens, fügte er an.

Außenminister Radek Sikorski (PO) lehnte weitere Kommentare ab und Bemerkte nur, die Informationen seien Pressespekulationen. Der Europa-Abgeordnete Protasiewicz ebenfalls von der PO sagte dem Fernsehsender TVN24, man könne von Polen nicht wie von einer Bananenrepublik reden, Polen habe schließlich am Kampf gegen den Terrorismus teilgenommen. Und wenn es stimme, sei es zumindest in Ordnung wenn die USA für Umbauten gezahlt hätten. Im Übrigen aber sei es eine Sache Verdächtige festzusetzen und eine ganz andere, sie zu foltern.

Viele Stimmen empören sich, dass man nicht sich auf der Seite des Guten wähnen dürfe und solche Methoden anwenden dürfe um das Böse besiegen zu wollen. Stanislaw Koziej, der Chef des Nationalen Sicherheitsrates in Polen zeigt sich verblüfft über die Art der Geldüberbringung im Pappkarton. Aber man müsse offizielle Stellungnahmen der USA abwarten, sagte er im polnischen Rundfunk. Wenn jedoch die Amerikaner etwas Unrechtmäßiges in Polen getan hätten, sei das zu missbilligen. Auch lasse dies einen tiefen Schatten auf die amerikanisch-polnischen Beziehungen fallen.

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".