Polen: Die Wiederauferstehung der Zivilgesellschaft

Polnisch lernen

 
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Jaroslaw Kaczynski, PiS Vorsitzender und der eigentlich Regierende, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0

Jaroslaw Kaczynski, PiS Vorsitzender und der eigentlich Regierende, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0

Nach der ersten Schockstarre und dem haushohen Sieg der nationalkatholischen Partei Recht und Geredchtigkeit PiS von Jaroslaw Kaczynski und dem Versuch Polen im Hauruck-Verfahren zu einem autoritären Staat umzugestalten, beginnt sich die Opposition zu organisieren.

Es war das Wochenende der Demonstrationen, fiel doch der 13.Dezember als 34. Jahrestag der Erklärung des Kriegsrechts in Polen durch den damaligen Machthaber General Wojciech Jaruzelski.

Doch zum ersten Mal seit dem Oktober gab es Gegenwind: Schon am Samstag hatten sich in Warschau rund 50.000 Regierungsgegner zu einer Demonstration unter dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Demokratie“ gegen das „Schleifen der Demonkratie“ versammelt. Dazu aufgerufen hatte das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (Komitet Obrony Demokracji, KOD).

Komitee-Gründer Mateusz Kijowski erklärte den Medien gegenüber, das KOD sei eine Spontangründung und habe das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter KOR aus der Zeit des Solidarnosc-Kampfes zum Vorbild. Die zivilgesellschaftliche Gruppierung werde von fast allen Oppositionsparteien unterstützt und wolle der PiS den Slogan „Mehrheit bedeutet nicht Diktatur“ entgegenhalten.

Es gibt sie also doch, die Opposition in Polen und dazu eine große Menge von Bürgern, die der Meinung, die Mehrheit zu haben bedeute keinen Freibrief für die Abschaffung demokratisch-rechtstaatlicher Strukturen, einer unabhängigen Justiz und von Medien, in denen die Freiheit der Presse, der Rede und Meinung herrscht. Viele Polen zeigen sich entsetzt über den PiS-Eilmarsch in die Autokratie, in der nicht eine Regierung, sondern ein Parteivorsitzender die Geschicke des Landes allein bestimmt.

Am Sonntag fand mit 20.000 Teilnehmern die von der PiS kurzerhand umfunktionierte Gedenkveranstaltung zum 34. Jahrestag der Ausrufung des Kriegsrechts statt, die obwohl unter dem Motto „Freiheit und Solidarität“ stehend, eigentlich eine Veranstaltung zur Diffamierung Andersdenkender war. Bei der Abschlusskundgebung holte Kaczynski pikanterweise vor dem Sitz des Verfassungsgerichts zum verbalen Rundumschlag aus.

Dem polnischen Verfassungsgericht warf er vor, ihn und seine Partei an der Umsetzung seiner Wahlversprechen zu hindern. Dazu decke das Tribunal einen gigantischen Machtmissbrauch, der Dutzende Milliarden von Zloty verschwende. Er witterte im Hintergrund ein Verschwörung aller Ex-Kommunisten und deren Kumpanen. Und genau diese Bande werde er zerschlagen. Er beschwor das schon bekannte Feindbild „wer nicht gegen uns ist, ist ein Volksverräter“. Wer nicht PiS-Anhänger ist, kann nur Feind und Anhänger böser Mächte sein. Seine Gegner verspottete Kaczynski und bescheinigte ihnen, ganz Polen lache über sie. Dazu bezeichnete er sie als Kommunisten und Diebe, Verräter und die schlimmste Sorte der Polen überhaupt – schließlich steht er für „das wahre Polen“.

Die Affäre um das Verfassungsgericht mit seinen insgesamt 15 Richtern hatte mit der Ernennung von fünf neuen Richtern begonnen durch die PO-Regierung. Doch nur bei drei der fünf Richter war die Amtszeit abgelaufen war . Auch das war letztlich schon rechtlich nicht wasserdicht. Der neue Präsident Andrzej Duda hätte die fünf Richter nun vereidigen müssen. Doch die PiS wollte im Verfassungsgericht lieber eigene Leute wissen. Um die Ernennung der fünf Richter rückgängig zu machen, peitschte die Regierung Szydlo flugs ein neues Gesetz durchs Parlament. Die zehn anderen Verfassungsrichter erklärten das neue Gesetz jedoch für ungültig. Präsident Duda zeigte sich unbeeindruckt und vereidigte die PiS-genehmen Richter. Das aber sein ein Verfassungsbruch bescheinigte ihm sein eigener Doktorvater Prof. Jan Zimmermann.

Bezeichnend aber ist, dass diese Massendemonstrationen – Demonstrationen gab es auch in anderen Städten als in Warschau – nicht von den Oppositionsparteien, sondern von zivilgesellschaftlichen Strukturen initiert wurden.  Doch auch in den  Umfragen in Polen wendet sich das Blatt, selbst PiS-Wählern geht der Abbau der Demokratie zu weit. Zwischen 47 und 55% der Befragten zeigen sich besorgt über die Politik der PiS.

Besorgt zeigen sich auch Polens Ex-Präsidenten und viele Oppositionspolitiker. Ex-Präsident und Solidarnosc-Ikone Lech Walesa warnte im Fernsehen vor einer Eskalation, die zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen könne, so tief gespalten sei Polen. Er schlug ein Referendum vor, das die Selbstauflösung des Sejms und den Rücktritt des Präsiedenten verlange

 

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".