Abtreibungsverbot: Schwarzer Montag treibt Polens Frauen auf die Straßen

Polnisch lernen

 
Ich empfehle Ihnen den Polnisch lernen von sprachenlernen24:
"Lernen Sie Polnisch wesentlich schneller als mit herkömmlichen Lernmethoden!"

#schwarzer Montag, Symbol des Protests gegen das Abtreibungsgesetz, Foto: © CyprianMarmijan

#schwarzer Montag, Symbol des Protests gegen das Abtreibungsgesetz, Foto: © CyprianMarmijan

Genug ist genug – Polens Frauen ist der Geduldsfaden gerissen. Zehntausende von ihnen gingen am „Czarny Poniedzalek“, dem schwarzen Montag auf die Straße und protestierten ganz in Schwarz gekleidet landesweit auch in abgelegenen Kreisstädten gegen das neue Abtreibungsgesetzt. Es ist nicht irgendein Abtreibungsgesetz, das vom Parlament in erster Lesung mit der Mehrheit der PiS verabschiedet worden ist. Polens neues Abtreibungsrecht ist das rigideste in ganz Europa und lässt eine Abtreibung nur bei Gefahr für das Leben der Mutter in engen Grenzen zu. Barmherzigkeit soll nicht einmal bei vergewaltigten Minderjährigen walten, auch halbe Kinder werden in Zukunft ein durch eine Vergewaltigung gezeugtes Kind austragen müssen. Das Gesetz erzeugt eine völlige Schieflage im polnischen Rechtssystem und auch im Rechtsempfinden vieler Polen, denn die nach einer Frau, die nach einer Vergewaltigung schwanger wurde und abtreibt, würde mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft, weit mehr als der Vergewaltiger zu erwarten hat.

Das hat nichts mehr mit christlichen Glauben zu tun, Liebe für den Nächsten sieht anders aus, dieses Gesetz ist schlicht ein frauenfeindliches Unterdrückungsmittel, meint die 34jährige Agnieszka B. aus Nordostpolen. Sie wisse, wo von sie rede, erklärt die Lehrerin. Als 14jähriges Mädchen sei sie von einem Verwandten vergewaltigt worden, doch ihre Eltern hätten gewusst, dass Gott Barmherzigkeit sei und alles Menschenmögliche getan, ihr zu helfen. Noch gestern habe ihre Mutter ihr erzählt, dass sie mit ihr sogar nach Holland gefahren wären, wenn sich kein polnischer Arzt für einen Schwangerschaftsabbruch gefunden hätte. Angst habe sie keine, sie trägt wie einige weitere Frauen eine Tafel um den Hals auf der steht „Ich habe abgetrieben“. Dennoch bittet Sie, Ihren Namen und Wohnort nicht zu nennen, denn das hier könne sie den Job als Lehrerin in Gafahr bringen, erklärt sie. Auf die Frage, warum sie dennoch mitdemonstriert habe, erklärt sie „ich will nicht, dass meine beiden Töchter in so einem Land leben müssen, in dem Frauen entmündigt werden. Was für ein Frauenbild wird denn da transportiert? Die Frau als Gebärmaschine? Wir sind ja schon so weit, dass sogar der freie Zugang zu Verhütungsmitteln beschränkt ist. Was haben wir, außer solchen Protesten“ äußert Agnieszka B. ihre Verzweiflung unter den Mörder-Mörder-Rufen von Gegendemonstranten. Doch eines mache ihr Mut, erklärt die Lehrerin: dass so viele ebenfalls in Schwarz gekleidete Männer mitdemonstriert hätten.

Die Parole vieler Demonstrantinnen „Moje Cialo nalezy do mnie – Mein Körper gehört mir“ liegt erwartungsgemäß so gar nicht auf der Linie des polnischen Episkopats. Waclaw Depo, der Erzbischof von Tschenstochau sieht in der Abtreibungsdebatte eine „neue Schlacht des Kulturkampfes“. Dabei müssten heidnischen Gefahren und die atheistischen Absichten aufgedeckt und bekämpft werden. Die Kirche verteidige das Leben, denn das habe den größten Wert so Depo bei seiner „Messe zum Schutz des Lebens“ am Montag. In Lodz predigte Erzbischof Marek Jedraszewski am Montag, die Demonstranten wollten das „Evangelium des Lebens“ durch das „Evangelium des Todes“ ersetzen.

Einziges Zugeständnis des Episkopats: Polens Bischöfe lehnen eine Bestrafung von Frauen ab, die abgetrieben haben.

Viele der gegen das Abtrteibungsgesetz protestierenden Frauen sind im Staatsdienst beschäftigt, besonders häufig in Schulen und Hochschulen. Deshalb blieben landesweit in über 60 Städten Schulen und Behörden geschlossen, dazu zahlreiche Läden. So gilt dieser schwarze Montag als eine der bisher größten und wichtigsten Demonstrationen der Opposition gegen die PiS-Regierung.

In der Wochenzeitschrift Polityka liest man, dass an diesem Tage etwas zerbrochen ist, was nicht wieder zusammengefügt werden kann. Es werde Zeit, dass man mit den Frauen endlich reden und handele. Andernfalls werden sie es allein regeln.

Polens Frauen haben sich zu Wort gemeldet. Sie werden sich nicht wieder auf die hintersten Kirchenbänke zurückziehen und sich still ins seufzende Gebet zurückziehen. Die bisher in Schockstarre verharrende polnische Linke zumindest haben sie mit ihrer Aktion bereits ein wenig Leben eingehaucht.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1605 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".