Am Montag den 26.März reiste Bundespräsident Joachim Gauck mit seiner Lebenspartnerin Daniela Schadt zum Antrittsbesuch nach Warschau. Dort war das Präsidentenpaar vom polnischen Päsidenten Bronislaw Komorowski und seiner Frau Anna zum Abendessen eingeladen.
Erstmals konnten zwei Präsidenten beider Länder auf ein Stück gemeinsame Lebenserfahrung zurückblicken, den Kampf um die Freiheit in Zeiten, als die Menschen in ihren beiden Ländern in Diktaturen lebten. Beide kämpften um die Befreiung von sozialistischen Regimen, Komorowski wurde mehrfach inhaftiert. Beide sind also kampferprobt gegen gleiche Regime und vertreten die Freiheit als höchsten Wert. Das macht die Verständigung leicht, die Stimmung zwischen beiden Präsidenten zeigte sich als freundschaftlich, ja herzlich. Die gemeinsame Erfahrung soll nun das Fundament für die künftige Zusammenarbeit beider Länder sein, auch in der EU. Beide Präsidenten wollen nicht nur Schirmherren des deutsch-polnischen Jugendwerks sein, sondern aktiv werden, und sich möglichst oft mit Jugendlichen beider Länder treffen, ob an der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, in der Begegnungsstätte Kreisau/Krzyzowa oder vielleicht auch einmal bei einem Rockkonzert.
Am Dienstagmorgen gaben die beiden Präsidenten eine gemeinsame Pressekonferenz im Präsidentenpalast. Zunächst stellte Gauck klar, dass er nicht erst überzeugt werden musste, nach Polen zu kommen,oder dass es sich um politisches Kalkül handele. Polen sei seine erste Wahl gewesen, die Wahl seines Herzens. Polen sei für ihn das europäische Land der Freiheit, in dem er sich immer wohlfühlen werde, betonte der Bundespräsident. Dazu könnten die Deutschen viel von den Polen lernen, fügte Gauck hinzu.
In der polnischen Presse war schon im Vorfeld der Reise breit über Joachim Gauck berichtet und seinen Wunsch, die erste Auslandsreise nach Polen zu machen. So lobte die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza Gaucks Bewunderung die Polen und zitierte ihn mit den Worten:“Ich bewundere die Entschlossenheit und den Mut, mit dem die Menschen in Danzig, Nowa Huta und im ganzen Land für Freiheit und Bürgerrechte gekämpft haben.“ Das Vorbild der Polen sei Ermutigung für die Menschen in der DDR gewesen, dass die Freiheit tatsächlich zu erreichen ist.
Joachim Gauck stellte den Wandel in den Beziehungen auch daran fest, dass beide Präsidenten sich um Gegenwart und Zukunft beider Länder unterhalten hätten und nicht mehr wie es noch vor Kurzem gewesen wäre, fast nur über die Vergangenheit. Man habe mehr die jüngste Geschichte bemüht mit den gemeinsamen Erfahrungen und Werte im Kampf gegen die sozialistischen Regime. Gauck lobte auch, wie Polen darauf aufbaue, und sich bemühe, die östlichen Nachbarn an die EU heranzuführen.
Überrascht stellte man in Warschau fest, dass Joachim Gauck sich sehr gut in der polnischen Geschichte auskennt, die Frage der deutschen Schuld und der Aufarbeitung dieser unseligen Geschichte ist ihm wichtig. Der Bundespräsident erzählte freimütig von seinen ersten Kinderjahren bei Danzig, als sein Vater dort als Soldat stationiert war. Dass dieser Teil seiner Biografie, sehr der von Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach ähnelt, Gauck aber offenbar so völlig andere Schlüsse gezogen hat, erwähnte der Bundespräsident nicht. Die Tatsache an sich wurde aber in Polens Medien aber erwähnt.
Zum Abschluss gab es noch ein Überraschungsgeschenk für den Bundespräsidenten von seinem Amtskollegen: Das berühmte Solidarnosc-Plakat, mit dem die Solidarnosc Wahlwerbung für die ersten halbfreien Wahlen nach der Wende machte (siehe Video). Darauf zu sehen ist Gary Cooper, wie er in High Noon zum Duelle schreitet. Gauck bemerkte spontan, dieses Plakat hänge schon in seiner Wohnung, als Erinnerung an die Zeit, als gerade dieses Plakat die Opposition in der DDR bestärkte, dass Freiheit erreichbar sei. Aber er freue sich sehr über das Geschenk. Nun könne er eines der beiden Plakate im Schloss Bellevue aufhängen.
Später traf sich Joachim Gauck mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk und der polnischen Parlamentspräsidentin Ewa Kopacz. Konkrete Ergebnisse hatte niemand von diesem Besuch des Bundespräsidenten erwartet, doch bewertet man die symbolische Geste als sehr positiv. Sie mache deutlich, dass auch in Zeiten der Eurokrise Deutschland ein Stück weiter nach Osten gerückt ist und die gute Nachbarschaft mit Polen als wichtiges Element eigener Politik betrachte, liest man in Kommentaren. So sagte der Chef der Batory- Stiftung, Aleksander Smolar im polnischen Rundfunk:“Der Präsident will sowohl die Deutschen als auch die Polen daran erinnern, wie wichtig die beidseitigen Beziehungen sind, und wie groß die Sympathie zu Deutschland auf der polnischen Seite ist.“
Weitere Informationen:
Text des Interviews von Joachim Gauck mit der polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ anlässlich des Antrittsbesuchs in Polen.
Quelle: Bundespräsidialamt