Der Fall Steinbach und die Polen bei Anne Will

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Der deutsch-polnische Streit um Erika Steinbach hält unvermindert an und lag wie ein grauer Schatten über dem Matthiae-Mahl in Hamburg, bei dem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der polnische Premier Donald Tusk am 27. Februar trafen. Donald Tusk drückte die Hoffnung Polens auf eine „versöhnliche Lösung“ aus.

Zwar ist das Thema Steinbach mittlerweile auch in den deutschen Nachrichtensendungen präsent, doch den großen Schub in die Öffentlichkeit brachte dies: Der Fall Steinbach fand den Weg ins deutsche Fernsehen zur Hauptsendezeit. Bei Anne Will, also in einer der angesehensten Talkshows der Branche, wurde über Erika Steinbach und das deutsch-polnische Verhältnis diskutiert. Eine Antwort auf die Frage, ob  Erika Steinbach auf ihren Sitz im Stiftungsrat des „Zentrums gegen Vertreibungen“ verzichten soll, um in Polen die Wogen zu glätten, gab es auch bei Anne Will nicht.

Erika Steinbach selbst hatte den Weg zu Anne Will nicht gefunden, obwohl sie eingeladen war, so wurde es ein Gespräche über Erika Steinbach, statt mit der Vertriebenenpräsidentin. An der Diskussion nahmen der Historiker Arnulf Baring, der Fernsehjournalist und gebürtige Ostpreuße Wolf von Lojewski, der Rudi Pawelka, die Grünen-Politikerin Renate Künast, der Schauspieler und Entertainer Steffen Möller, der seit 15 Jahren in Polen lebt  sowie der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach teil.

Steffen Möller, Schauspieler und bekanntester Deutsche in Polen, zeigte sich verwundert darüber, dass niemand auf die Idee gekommen war, einen Polen zur Diskussion einzuladen, worauf Anne Will entgegnete, die Stiftung sei eine deutsche Einrichtung und die Besetzung des Stiftungsrats daher ein rein innerdeutsches Problem. Auf Anne Wills Frage, warum die Polen durch drehen antwortete Steffen Möller, das komme daher, weil Erika Steinbach wie eine Symbolfigur sei, die „alle offenen und geheimen Ängste vor den Deutschen“ aktivieren würden. Projektionsfläche nannte Arnulf Baring dieses Phänomen.

Dabei müsse man in den Reaktionen der Polen durchaus zwischen den Generationen unterscheiden, meinte Möller. Die junge Generation, geprägt von der Nachwendezeit in Polen, wundert sich über die emotionsgeladene Diskussion. Auch Möller sieht diese Generation für überaus offen und EU-freundlich und der Zukunft zugewandt.

Doch insgesamt zeigt die Umfrage der Redaktion von Anne Will ein Bild wie vor Jahren: fragt man in Deutschland nach Erika Steinbach, hat man noch immer gute Aussichten auf eine Antwort wie „Erika wer?“, während in Polen jeder Straßenpassant das Bild von Steinbach sofort erkennt. Das zeigt wie präsent das Thema nicht nur in den polnischen Medien, sondern auch in der polnischen Gesellschaft ist.

Wie wenig man in Deutschland die polnischen Empfindlichkeiten einzuordnen und zu verstehen weiß, zeigten die im Prinzip zwar richtigen Bemerkungen von Bosbach und Baring, die meinten, es in der Debatte mit unbegründeter polnischer Hysterie zu tun zu haben. Doch berücksichtigen sie in keiner Weise, dass die Polen, zu den ersten Vertriebenen der Zweiten Weltkrieges gehörten. Es waren polnische Familien, die aus Wohnungen vertrieben wurden, in die dann Familien von Besatzungsbeamten und Besatzungssoldaten wie die von Erika Steinbach einzogen. Noch im Jahr 1939 wurden Hunderttausende Polen auf diese Art zu Vertriebenen, ein in Deutschland gern überblättertes Kapitel der deutsch-polnischen Geschichte.

Solche Einsichten und die Überlegung wer hier wem Entschädigung schuldet sind Rudi Pawelka, den Arnulf Baring „eine Randfigur“ nannte und Entschädigungsforderungen ein „Hirngespinst“, völlig fremd. Der Vorsitzende der Schlesischen Landsmannschaft, eines Organs des Bundes der Vertriebenen, hatte als Vorsitzender der „Preußischen Treuhand“ versucht Polen mit einem Wust von Klagen von Flüchtlingen und Vertriebenen auf Entschädigung zu überziehen, ein Tun, von dem sich auh Erika Steinbach geflissentlich distanziert hat. Freundlich, aber in der Sache unnachgiebig hartnäckig rang Anne Will ihm die Erkenntnis ab, dass das NS-Regime verbrecherisch gewesen sei. Einsicht allerdings folgte dem bei Pawelka nicht, der die Bemerkung „Man kann ein Verbrechen nicht mit einem anderen entschuldigen.“ folgen ließ.

„Sie muss es nicht tun, aber wahrscheinlich wird sie es tun“, antwortete Wolf von Lojewski abschließend auf die Frage, ob Erika Steinbach auf den Sitz im Stiftungsrat verzichten sollte. Da könnte er Recht behalten, denn der Druck des politischen Berlins wird zunehmen, wenn der Preis für ihre Nominierung eine Zerrüttung des deutsch-polnischen Verhältnisses ist.

So bleibt die Erkenntnis, wie fragil das deutsch-polnische Verhältnis noch immer ist und wie emotionsgeladen alles Themen diskutiert werden, die mit der leidvollen Vergangenheit zu tun haben. So lange wird nicht lernen die Empfindlichkeiten zu respektieren und entsprechend sensibel im Umgang mit solchen Themen handeln,, werden wir in der Diskussion um die Vergangenheit verhaftet bleiben. Dabei hat die Jugend beider Länder nicht nur recht, sondern auch ein Recht darauf, dass wir beginnen die Zukunft zu gestalten.

Das sah auch Arnulf Baring so, der darauf hinwies, dass es wichtiger wäre darüber zu diskutieren, wie man Deutschland und Polen durch die Wirtschaftskrise kriegen könnte, statt über die Vergangenheit zu debattieren.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

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Hier finden Sie unsere Umfrage zur Steinbach-Debatte

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Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".