Die russisch-polnische Untersuchungskommission MAK hat die Flugschreiber ausgewertet und erste Schlüsse gezogen. Die Leiterin der internationalen Ermittlungsgruppe Tatjana Anodina, vom mit der Untersuchung befassten russischen Luftfahrtkomitee IAC erläuterte die bisherigen Erkenntnisse auf einer Pressekonferenz am 19. Mai.
Wer war im Cockpit?
Die Auswertung von Blackbox und Voicerecorder hat ergeben, dass die Tür zum Cockpit in der Präsidentenmaschine offen stand. Warum das so war, sei weiterhin unklar, die Untersuchungen der Tonbänder ergaben aber, dass Stimmen von Personen zu hören waren, die nicht zur Flugzeugbesatzung gehörten. Eine dieser Stimmen habe man eindeutig identifizieren können. Um welche Person es sich handelte, wollte Anodina nicht mitteilen. Auch über die Zahl der Stimmen von Nicht-Crewmitgliedern und die Inhalte der Gespräche machte Tatjana Anodina keine Angaben. Das alles sei nun Aufgabe der polnischen Ermittler.
Edmund Klich, der Leiter der polnischen Ermittlergruppe im internationalen Team betonte, dass die Mitglieder der polnischen Untersuchungskommission jederzeit Zugang zu den Ergebnissen der Untersuchungen hatten, die Zusammenarbeit sei völlig reibungslos und sehr kollegial gewesen.
Kilch erklärte, die Stimmen der Nichtmitglieder der Besatzung haben sich nicht etwa zum Zeitpunkt des Absturzes im Cockpit aufgehalten, sondern 16 bis 20 Minuten davor. Er sehe daher nicht, dass diese Anwesenheit einen maßgeblichen Einfluss auf die Absturzursache gehabt habe. Eine letztendliche Klarheit gäbe es da aber noch nicht.
Die polnische Nachrichtenagentur PAP teilte inzwischen mit, die bekannte Stimme sei die von Luftwaffenchef Andrzej Blasik und berief sich dabei auf „Ermittlunsgkreise“. Nach dem Unglück waren immer wieder Vermutungen laut geworden, dass die Piloten unter Druck gesetzt worden waren, unter allen Umständen zu landen, möglicherweise von Präsident Kaczynski persönlich. Die Spekulationen der polnischen Medien schießen ins Kraut, mal glaubt man Protokollchef Mariusz Kazana als eine der Stimmen zu erkennen, andere bestreiten das.
Mitschuld der Piloten
Die Hinweise auf eine Mitschuld der Piloten verdichten sich weiter. Zwar sei die Crew nicht besonders erfahren gewesen, habe in Polen kein spezielles Krisentraining erhalten und sei auch erst kurz vor dem Unglücksflug zusammengestellt worden, doch es bleibt die Fehleinschätzung der Verhältnisse in Smolernsk. Zum Unglückszeitpunkt betrug die Sichtweite nur 400 Meter. Die Tonbänder belegen, dass der Fluglotse in Smolensk die Crew der Tupolew TU-154 zwei Mal gewarnt habe, eine Landung sei wegen des schlechten Wetters unmöglich. Auch habe die Crew Informationen über Ausweichflughäfen erhalten, betonte der russische Ermittler Alexej Morosow. Weiter habe die Besatzung einer gelandeten Jak 40 die polnische Präsidentenmaschine genauso gewarnt, wie der Flughafen Minsk.
So bleibt die Unglücksursache letztlich weiter unklar. Eindeutig ist der Untersuchungsstand im technischen Bereich. Die Kommission bestätigte, dass der Flughafen Smolensk voll funktionsfähig gewesen sei und dass es an Bord weder einen technischen Ausfall, eine Expolion oder einen Brand gegeben habe.
In der Maschine starben am 10. April neben dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Frau Maria weitere 94 Passagiere die zu Polens geistiger und politischer Elite zählten. Die Gruppe war unterwegs nach Katyn, wo sie der Opfer des Massakers von Katyn des Jahres 1940 gedenken wollten. Damals wurden dort 22.000 Polen ermordet.
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