Nun sind das Europaparlament und EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek ins Visier der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit geraten. Die Welle des innerpolnischen Streits um die Bewertung des Flugzeugabsturzes von Smolensk, bei dem am 10. April 2010 der damalige polnische Präsident Lech Kaczynski und mit ihm 95 Angehörige der militärischen und politischen Elite Polens starben.
Eine Foto-Ausstellung im Brüsseler Parlamentsgebäude, die vom polnischen EU-Parlamentspräsidenten Jerzy Buzek am Dienstag eröffnet wurde, soll an die Ereignisse vor einem Jahr erinnern. Die Initiative zur Ausstellung ging von PiS-Abgeordneten aus. Die Verantwortlichen des EU-Parlaments entschieden nun aber, einige Bildunterschriften unter den Fotos mit Klebeband abzudecken, die als allzu kontrovers erschienen.
Eben dies ist nun eingetreten: Professor Ryszard Legutko, der die Ausstellung organisierte, spricht von einem Skandal, und Ko-Organisator Ryszard Czarnecki (beide PiS) fordert überhaupt internationale Unterstützung. Schließlich kamen bei dem Unfall Militärs ums Leben, und Polen ist NATO-Mitglied.
Die Organisatoren der Ausstellung um Professor Ryszard Legutko und Ryszard Czarnecki wandten sich deshalb mit einem Protestbrief gegen die Entscheidung, prominente PiS-Politiker zeigten sich empört, Parteisprecher Adam Hofman nannte das Geschehen einen Skandal, denn die Ausstellung erfülle schließlich eine wichtige Aufgabe, nämlich die Verteidigung der „polnischen Marke“ gegen die „russische Propaganda“, die versuche statt der Wahrheit ihre Version der Smolensk-Katastrophe zu forcieren. Diese Ausstellung und die Bildunterschriften seien ein Versuch gewesen, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Polnische Politiker außerhalb des nationalkonservativen Lagers zeigten Verständnis für die Entscheidung der Parlamentsverantwortlichen. Der Europa-Abgeordnete und ehemalige PiS-Politiker Michal Kaminski nannte die Ausstellung einen blamablen Export, die ihn nur in der Überzeugung bestärke, dass die PiS die Smolensk-Katastrophe für ihre politischen Ziele ausnutze.
Die kontroversen Bildunterschriften nannten Lech Kaczynski den beliebtesten polnischen Politiker, der nach Ansicht vieler Polen der herausragendste polnische Politiker seit dem 2. Weltkrieg gewesen, andere warfen den Russen vor, gezielt Wrackteile der Unglücksmaschine zerstört und die Arbeit der polnischen Ermittler behindert zu haben und Leichen der Passagiere ungeschützt im Freien liegen gelassen zu haben. Obendrein würde die Katastrophe von Smolensk von vielen Polen „das zweite Katyn“ genannt. Bei beiden Ereignissen seien Angehörige der polnischen Elite ums Leben gekommen, und alle seien in Russland gestorben.
Die für die Genehmigung der Ausstellung verantwortliche Breslauer Europaabgeordnete Lidia Geringer de Oedenberg (SLD Bündnis der demokratischen Linken) erklärte der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza, dass sie persönlich gegen die Abdeckung der Bildunterschriften gewesen sei, weil dies zu Zensurvorwürfen führen könne.
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