Die polnischen Medien sind vernarrt in Umfragen. So folgte nun im Dezember fast unvermeidlich eine Umfrage zur Einführung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 durch General Wojciech Jaruzelski, den damaligen Ministerpräsidenten und späteren Staatsratsvorsitzenden sowie Präsidenten Polens. In der Folge wurden Tausende Oppositionelle inhaftiert, besonders die Solidarnosc-Führer. Jaruzelski argumentiert bis heute, er habe mit der Verhängung des Kriegsrechts einen Einmarsch der Sowjetunion und der Warschauer-Pakt-Truppen verhindert.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass noch immer viele Polen das Kriegsrecht als das kleinere der damals zur Wahl stehenden Übel betrachtet. Gemäß einer Umfrage des Instituts TNS Pentor urteilen 41 Prozent der befragten Polen, dass Jaruzelski damals tatsächlich eine sowjetische Besetzung Polens verhindert habe, 33 Prozent sahen das nicht so, a9 Prozent hatte keine Meinung. Die Diskussion über die Bewertung des Kriegsrechts in Polen ist noch längst nicht abgeschlossen, zumal die polnische Stasi-Behörde IPN vor einem Jahr Unterlagen veröffentlichte, die zu beweisen scheinen, dass Jaruzelski die Sowjetunion um Hilfe für den Ernstfall gebeten hatte.
Aktuelle geworden war das Thema nicht nur wegen des 29. Jahrestages, sondern auch wegen der Einladung, die Präsident Bronislaw Komorowski zur Teilnahme an einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates an alle seine noch lebenden Amtsvorgänger und die Regierungschefs ausgesprochen hatte, unter ihnen auch Jaruzelski. Thema waren vor dem Staatsbesuch des russischen Präsidenten Medwedew die polnisch-russischen Beziehungen.Komorowski betrachtete das als Akt der Aussöhnung der Polen, Vergebung sei jetzt wichtig begründete er seinen Schritt. Die Einladung hatte Wellen geschlagen, die Front der Kritik ging auch kreuz und quer durch Komorowskis eigene Partei, die regierende Bürgerplattform PO. Die Begründung, Jaruzelski genieße hohen Respekt in Moskau und seine Einladung sei ein wichtiges diplomatisches Signal vor dem Medwedew-Besuch, zoh nicht überall. So fragte sich der PO-Abgeordnete Jan Rulewski worin den Jaruzelski aktuelle Expertenschaft was die Moskauer Regierung beträfe, bestehen sollten.
