Polen auf dem Weg nach Kaczynski-Land?

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Jaroslaw Kaczynski, der starke Mann der PiS

Jaroslaw Kaczynski, der starke Mann der PiS, Foto: Pressematerial pis.org

Der Wolf hat keine Kreide gefressen, er hatte sich nur kurz einmal ein Schafspelzchen umgehängt, jetzt bleckt er wieder die Zähne. Gemeint ist Jaroslaw Kaczynski, der starke Mann des polnischen Wahlsiegers, der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit PiS. Rücksichten braucht er derzeit keine mehr zu nehmen, die absolute Mehrheit im Parlament macht das Leben leichter. Der Rechtsruck in Polen nimmt Gestalt an, der ungarische Rechtspopulist Viktor Orban droht zum neuen Vorbild polnischer Politik zu werden. Auch seine Fehler sollen nach Kaczynskis Vorstellungen gleich wiederholt werden.

Zum Beispiel die von Kaczynski mit großem Medienrauschen angekündigte Sondersteuer für die großen, fast ausschließlich multinationalen Supermarktketten. Betreffen wird diese zweiprozentige Extra-Steuer alle Verkaufsstellen mit einer Fläche von mehr als 250 m², sie soll möglichst schon Anfang 2016 eingeführt werden. Drei bis vier Milliarden Zloty soll die Sondersteuer in die polnischen Staatskassen spülen. Doch wird das so nicht aufgehen, denn mit Rückzügen einiger Ketten ist zu rechnen.

In Ungarn hat man diese Sonderabgabe mit der Erhebung einer Umsatzsteuer umgesetzt, prompt zogen sich zwei große belgische Ketten aus dem Land zurück. Dabei traf es zwei Ketten, die von Analysten ohnehin als weniger profitabel eingestuft wurden. Doch wird das weder in Ungarn noch in Deutschland zu einer Rolle rückwärts mit dem Ziel der Wiedereinführung des Tante-Emma-Ladens führen.

Zum Beispiel Biedronka, eine Kette, die von vielen polnischen Verbrauchern als die polnische Marke unter den Discountern angesehen wird. Das ist sie aber nicht, Biedronka ist mit den als 2.000 Märkte zwar die Nummer 1 unter den Discountern und Supermarktketten Polens, gehört aber einer portugiesischen Gruppe.

Kleinere Unternehmen mit weniger guter Kapitalausstattung können sich die bestehenden Marktimmobilien von Ketten, die sich womöglich aus Polen zurückziehen würden, schlicht nicht leisten. Die Folge würden Leerstände und/oder die Übernahme durch die anderen Ketten. Diese Art des Eingreifens in das Marktgeschehen führt eher zu einer Marktbereinigung und Konzentration der Supermärkte auf eine kleinere Zahl von Anbietern. Dem polnischen Verbraucher bringt das keine Vorteile, im Gegenteil, es werden unweigerlich Preiserhöhungen folgen. Und die Vorstellung, mit solchen versuchten Marktregulierungen die Zeit zurückdrehen zu können grenzt an Traumtänzerei.

Doch es gibt noch Ernsteres, denn nicht nur diese Vorlage stammt von Viktor Orban. Auch der Versuch der PiS, schon im nächsten Jahr die staatlichen Radio- und Fernseh-Sender in „Nationale Medien“ umzuwandeln spricht Bände. Gern möchte die PiS deshalb alle Chefsesseln mit PiS-treuen Kandidaten neu besetzen. Das polnische Politikmagazin Polityka nennt das eine „Medienreform im nationalen Geist“ – im Namen des Volkes natürlich. Tatsächlich kämen diese Medien dann Parteiorganen der PiS gleich, in denen öffentliche Debatten keinen Raum mehr hätten, liest man in der Polityka. Doch das ist immer noch längst nicht alles, denn auch an einer stärkeren PiS-Kontrolle über die Justiz und die Zentralbank bastelt man bereits.

Auch die Bildungsreform ist eine Herzensangelegenheit der PiS. Das Bildungssystem soll völlig umgemodelt werden, diesmal tatsächlich mit einer Rolle rückwärts. Es soll mit einigen Modifikationen das alte Bildungssystem wieder eingeführt werden: acht Jahre Grundschule plus vier bis fünf Jahre Oberschule sollen es dann wieder sein, die weit über siebentausend Gymnasien sollen so schnell wie möglich – am liebsten noch 2016 – wieder abgeschafft werden.

Ernst zu nehmen ist die Frage nach dem starken Mann selbst: Wird er nun oder wird er nicht? Diese Frage treibt derzeit das politische Polen um. War Beata Szydlo womöglich nur die Strohfrau und Kaczynski lässt sich mit seiner Mehrheit doch gleich zum Premierminister wählen? Doch letztlich würde das kaum Auswirkungen auf die neue Regierungspolitik haben. Es ist Kaczynski, der die Fäden in der Hand hält und auch Beata Szydlo könnte letztlich nur die dem Parteivorsitzenden genehme Politik durchsetzen und das bis in die letzte Kleinigkeit. Eine erstrebenswerte Position ist das Amt des polnischen Premiers derzeit also nicht.

Sorgen um Polen und die von dort zu erwartenden Positionen machen sich Deutschland und die EU – zu Recht. Wer auch immer als Außenminister oder Ministerpräsident amtieren wird: drin wird 100% Kaczynski sein. Sofern er sich nicht selbst an die Spitze der Regierung setzt, wird nur der Ton in Verhandlungen konzilianter sein, als mit ihm.

Der Grad der europäischen Besorgnis der EU zeigt sich schon an der harschen Äußerung von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem in der er drohte, diejenigen EU-Mitglieder, die sich Flüchtlingsquoten verweigern, würden künftig weniger Fördergelder der Union bekommen.

Tatsächlich wird Europa in den kommenden Jahren wieder seine Probleme mit einem PiS-Polen bekommen. Vom Hort der Stabilität und Konzilianz unter Donald Tusk wird es dem Polen der PiS kompromisslos um polnische Partikular-Interessen gehen. Das wird die EU in der heutigen schwierigen Lage ungleich härter treffen, als in der ersten PiS-Ära 2005-2007.

 

 

 

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".