Polen: Die Katastrophe von Smolensk – 5 Jahre danach

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Die Katastrophe von Smolensk, 10.4.2010 - Foto: Bartosz Staszewski , CC BY-SA 2.5

Die Katastrophe von Smolensk, 10.4.2010,

Zum fünften Mal jährt sich heute der Absturz der polnischen Präsidentenmaschine, bei dem in Smolensk neben dem polnischen Präsidentenpaar 94 weitere Mitglieder polnischen Eliten beim Versuch der Piloten im Nebel von Smolensk zu landen in den Tod stürzten. Die polnische Delegation war unterwegs zu einer Gedenkfeier für die 22.000 polnischen Gefangenen und Offiziere, die vor 75 Jahren in den Wäldern von Katyn ermordet wurden. Diese Katastrophe veränderte Polen und vertiefte nach einer kurzen Phase kollektiver Schockstarre und Trauer die Teilung der polnischen Gesellschaft. Neue Feindbilder wurden aufgebaut, die Gräben wurden tiefer. Auf der einen Seite stehen die Kaczynski-Anhänger und nationalistische Kreise, mit ihren absurden Verschwörungs- und Attentatstheorien, die im Absturz einen gemeinsamen Mordanschlag vom russischen Präsidenten Putin und dem damaligen polnischen Premier Donald Tusk. Auf der anderen Seite steht die liberale Mehrheit der Polen, die sich an Untersuchungsergebnissen orientieren.

Bericht der Warschauer Militärstaatsanwaltschaft

Der kürzlich veröffentlichte 200 Seiten starke Bericht der Militärstaatsanwaltschaft zur Absturzursache ist eindeutig: Die Hauptschuld am Absturz der polnischen Präsidentenmaschine tragen die beiden Piloten. Doch auch zwei russischen Fluglotsen wirft die Militärstaatsanwaltschaft zumindest eine Mitschuld vor.

Ireneusz Szelag, der Chef der untersuchenden Warschauer Militärstaatsanwaltschaft stellte fest, dass der technische Zustand des Flugzeugs keinen Einfluss auf das tragische Geschehen in Smolensk hatte. Die polnischen Piloten trugen im Flugzeug bei allen möglichen Einflussnahmen von außen die alleinige Verantwortung. Sie hätten trotz des Drucks durch Luftwaffenkommandeur General Blasik und anderer cockpitfremder Personen bei dem dichten Nebel und den beschränkten technischen Möglichkeiten des Flugplatzes in Smolensk nicht hätten landen dürfen. Irgendwelche Anzeichen für einen Anschlag auf das Flugzeug habe man nicht gefunden. Damit bestätigte Szelag in wesentlichen Teilen die Untersuchungsergebnisse, zu denen schon die internationale Luftverkehrskommission MAK in Moskau gekommen war.

Eine Mitschuld beim Absturz der polnischen Tupolev sieht Szelag allerdings bei den beiden russischen Fluglotsen, die nach Meinung der Militärstaatsanwaltschaft den Flugplatz hätten schließen und die Landung verbieten müssen. Doch auch die Fluglotsen standen unter Druck und wollten nicht für einen Affront dem polnischen Präsidenten gegenüber verantwortlich sein. So gaben sie den polnischen Piloten die Erlaubnis für einen Sinkflug bis auf 100 m Höhe. Offenbar gingen sie davon aus, dass die polnischen Piloten auch dann keine Bodensicht hätten, und den Flieger wieder hochziehen würden, wie sie es hätten tun müssen. Doch das taten sie nicht und ließen die Maschine auch als die Lotsen lautstark Warnrufe ins Mikrophon schrien weiter sinken und folgten auch der Anweisung des automatischen Borwarnsystems nicht, die Maschine hochzuziehen. Als sie offenbar den Boden sahen, war es zu spät zum Hochreißen. Die Maschine berührte einen Baum, die Birke riss durch die Wucht des Aufpralles Teile der linken Tragfläche ab und die Maschine stürzte ab.

Szelag will nun ein Rechtshilfegesuch an Russland stellen und die beiden russischen Fluglotsen vernehmen lassen. Doch in Moskau winkte man bereits ab, die polnischen Piloten träfe die Alleinschuld, da sie den Anweisungen der Fluglotsen keine Folge geleistet hätten, und den Sinkflug ohne Genehmigung weitergeführt hätten.

Neue Tonbandmitschnitte der Cockpitgespräche veröffentlicht

Wenige Tage nach der Warschauer Pressekonferenz, bei der Ireneusz Szelag, der Chef der den Absturz untersuchenden Warschauer Militärstaatsanwaltschaft seinen 200-seitigen Raport vorgestellt hatte, geschah es: Der polnische Radiosender RMF FM stellte am Dienstag den 7. April eine neue Abschrift der Cockpitgespräche vor, die unmittelbar vor dem Absturz stattgefunden hatten. Die den Abschriften zugrunde liegenden Aufnahmen waren mit modernsten technischen Mitteln aufbereitet worden, und machten wesentlich mehr Details deutlich. Das Pikante daran: Der Chef der Warschauer Militärstaatsanwaltschaft Ireneusz Szelag hatte von der Existenz dieser Abschriften nichts mitgeteilt.

Das sorgte zunächst für Aufregung und ein Rauschen im polnischen Medienwald, doch zu wesentlichen neuen Erkenntnissen führt die Auswertung dieser genaueren Abschrift nicht. Klar belegt ist dort aber, dass kurze Zeit vor dem Absturz mit Luftwaffenkommandeur Andrzej Blasik und Mariusz Kazana, der Protokollchef des polnischen Präsidenten im Cockpit waren und dass auch noch andere Personen das Cockpit besucht hatten, die dort normalerweise nichts zu suchen hatten. Auch sie dürften Druck auf die Piloten ausgeübt haben, doch zu landen. Die Aufnahmen lassen den Schluss zu, dass Blasik bis zum Aufschlag der Maschine im Cockpit war und die Piloten zur Landung antrieb.

Der komplette Text der Cockpitgespräche ist beim Internetportal www.poranny.pl zu finden. Dort kann die Abschrift als PDF-Dokument unter diesem Link heruntergeladen werden.

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1605 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".