Polen: „Im Namen des…“ – Ein Film bricht Tabus

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Berlinale: Polnischer Film gerwinnt Teddy Award; Foto: Wikimedia Commons, Maharepa

„W imie …“, zu deutsch „Im Namen von …“ ist ein Film der polnischen Regissuerin Malgorzata Szumowska und erlebte als Wettbewerbsbeitrag bei der 63. Berlinale seine Premiere. Dabei packt die Regisseurin ein Thema an, das beileibe nicht nur im katholischen Polen an Tabus kratzt, Konservative aufschreckt und schon bevor der Fima in polnische Kinos kommt, zu Proteststürmen führt.

Szumanoskas filmischer Tabubruch hat zwar keinen der begehrten Bären gewinnen können, wurde aber mit dem diesjährigen Teddy Awat´rd ausgezeichnet. Mit diesem Preis werden bei der Belinale Filme ausgezeichnet, die Homosexualität und Transgender zum Thema haben.

Den Themenkomplex Homosexualität unter Priestern, Zölibat, Missbrauch und katholische Kirche verarbeitet Szumowska in ihrem Film zu einer Geschichte über die Möglichkeiten der Selbstfindung und inneren Selbstbefreiung trotz des gesellschaftlichen Sprengsatzes und des Totschweigens durch die Kirche.

Der Film spielt in der tiefsten Provinz, dort wo Polen B ist, Rückständigkeit, konservatives Denken und der Einfluss von Radio Marija sowie der Gedankenwelt der nationalkatholischen Oppositionspartei PiS die Menschen prägt.

Wohlgemerkt, dieser Film hat nichts von einem Pamphlet, ist weder Kampfprodukt noch generell kirchenfeindlich. Das katholische Umfeld, in dem die Schauspieler agieren ist Milieu nicht Kampfbühne und zeigt Menschen, die in ihrer Einsamkeit, an ihren inneren Konflikten und den Konflikten mit ihrer Umwelt leiden.

So sieht auch die Regisseurin Suzmowska nach eigenem Bekunden ihren Film, den sie über das Verlangen nach Liebe den Menschen an sich und die Einsamkeit des Priesters im Zölibat  drehen wollte, denn gerade diese Einsamkeit sieht Malgoska Szumowska als schrecklich und alles verdunkelnd an.

Der Film wirft den Betrachter mitten hinein in ein abgeschiedenes polnisches Dorf, in eine Gruppe schwer erziehbarer Jungen aus zerrütteten Familien, die gewalttätig sind und sich in pubertären Hahnenkämpfen ständig selbst beweisen müssen,sich untereinander messen und bestehende Rangordnungen in Frage stellen. Pater Adam, grandios gespielt von Andrzej Cjyra, ist charismatisch, betreut diese Gruppe und kommt gut mit den jungen Desperados klar. Adam ist zwar Priester aus Leidenschaft und Berufung, doch diente ihm der Zölibat auch als Fluchtburg, denn er weiß, dass er schwul ist und hat Angst vor der Unbeherrschbarkeit seiner sexuellen Neigungen, und Angst, sie zu leben. So hat er sich in innerer Ruhe- und Rastlosigkeit immer tiefer in die Provinz versetzen lassen.

Mit unbestechbarem Blick zeigt die Kamera sich dem Offensichtlichen immer in beeindruckenden Bildern den einen Jungen, den mit dem besonderen Blick, den, in dessen Augen Adam die gleiche Sehnsucht wie in sich erblickt. Adam erkennt, dass er diesen Jungen liebt und diese Liebe ist einem katholischen Priester gleich doppelt verboten.

Der charismatische Adam war ein beliebter Priester im Dorf, denn er packt zu, kommt als ehrlicher Mensch rüber und erklärt Gott als den freien Punkt in jedem Menschen. Immer tiefer verstrickt sich Adam seelisch in das Gestrüpp von Bigotterie, Heuchelei, Vertuschung und Selbstverleugnung, immer stärker wir die Sehnsucht. Seiner Sehnsucht versucht er auf langen Läufen davon zu joggen, auch Ewa, die ihm immer eindeutigere Avancen macht.

Adam erkennt die Verzweiflung der schwulen Jungen in der Gruppe. Die heile Dorfwelt bricht auseinander, als sich einer der Jungen das Leben nimmt. Gerüchte kommen auf, von Missbrauch ist die Rede. Das Dorf sucht einen Sündenbock und findet ihn in Adam, den die Dorfbewohner für mitschuldig halten. Adam, der zwei schwule Jungen beim Sex beobachtet, wird als „Schwuchtel“ beschimpft.  Immer mehr zerbricht Adams Schutzwall gegen seine homosexuelle Identität und das nicht gelebte Leben, immer größer seine Nähe zu Gott, aber auch die Entfernung zur Kirche.

Am stärksten ist der Film in den Bereichen, in denen die Kamera die Protagonisten einfach nur beobachtet, distanziert und unpoetisch. Dort wo er poetisch sein will, ist die Bildhaftigkeit mit Symbolismen zuweilen etwas überfrachtet, was der Film gar nicht gebraucht hätte. Doch dies ist die einzige Mini-Kritik, ein Herumkritteln auf hohem Niveau an einem sehr sehenswerten Film, bei dem die Regisseurin ihre Sympathie für ihre Protagonistin deutlich zeigt.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".