Polen: PiS-Mann Duda Sieger der Präsidentenwahl

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PiS-Kandidat Andrzej Duda, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0

Polens Präsident Andrzej Duda, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0,

Die Überraschung ist perfekt in Polen: Andrzej Duda, der nationalkonservative PiS-Mann besiegt den amtierenden Präsidenten Bronislaw Komorowski bei der Präsidentenwahl. Schon die ersten Exit-Poll-Umfragen des Instituts Ipsos bescheinigten dem Herausforderer einen Sieg mit 52% der Stimmen, berichtete der Fernsehsender TVN24.pl. Der amtierende Präsident Bronislaw Komorowski kam demnach auf 48% der abgegebenen Stimmen.

Komorowski gratulierte seinem Gegner bereits und wünschte ihm eine erfolgreiche Präsidentschaft, weil er Polen Gutes wünsche erklärte er dem Fernsehsender gegenüber. Der Sieger Duda versprach, keine geschlossenen Präsidentschaft zu wollen, sondern für alle Polen da zu sein. Regierungschefin Ewa Kopacz gratulierte ebenfalls noch in der Wahlnacht und erklärte die Regierung werde sehr gut mit dem Präsidenten zusammenarbeiten. Ex-Präsident und Solidarnosc-Ikone Lech Walesa erklärte, er sein überzeugt gewesen, dass es so kommen würde, da er die Demokratien Polens und der Welt beobachte.

Andrzej Duda wird nun aus seiner Partei PiS austreten, auch die Verfassung Polens sieht einen parteilosen Präsidenten vor. Doch auch für die PiS wird es nicht einfacher mit diesem Sieg. Der nämlich wurde erst durch die weitgehende Abwesenheit und Zurückhaltung des so polarisierenden Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski möglich. Ohne das rechtspopulistische Gepoltere Kaczynskis hat sich die Partei für viele Polen nämlich plötzlich als wählbare Alternative gezeigt. Die Partei konnte sich in diesem insgesamt lahmenden Wahlkampf als die Partei der kleinen Leute, der sozialen Gerechtigkeit und der Sicherheit gezeigt. Das könnte wegweisend für die Parlamentswahlen im Herbst sein. Bleibt Jaroslaw Kaczynski als Altlast. Wenn es parteiintern gelingt ihn in die Schranken zu weisen, hat die PiS auch dann realistische Siegchancen. Dies umso mehr, als diese Wahlen zu einer zumindest zeitweiligen Marginalisierung von Parteien wie des kleinen Koalitionspartners von Ministerpräsidentin Kopacz und der Bürgerplattform PO, der Bauernpartei PSL. Auch das demokratische Linksbündnis SLD zeigte sich bei der Präsidentenwahl genauso bedeutungslos, wie die Partei um den linksliberalen Janusz Palikot. Gerade diese Partei würden nach den Wahlergebnissen des 1. Wahlgangs der Präsidentenwahl an der Fünfprozenthürde scheitern. Die PO hat nicht nur mit sich, einer durchdachten strategischen Wahlkampfführung und der Kommunikation eigener Erfolge zu tun, ihr gehen auch noch die möglichen Regierungspartner aus. Am Ende aller derzeitigen Gedankengebäude wäre ohne Kaczynski, der plötzlich zum Hindernis für die einzige Partei wurde, sogar eine große Koalition als nicht mehr völlig ausschließbar am Horizont aufschimmern. Es wird also in Polens Politik ein weiterhin spannendes Wahljahr, bei dem die Entwicklung zu einem Parteiensystem mit zwei großen Volksparteien weiter fortschreiten könnte.

Die Wahlbeteiligung lag im Landesdurchschnitt bei 56,1% gegenüber 48,96 % im ersten Wahlgang. Die scheinbar festgeklopfte Teilung in ein Polen A im Norden, Westen und Südwesten des Landes und ein Polen B im Osten und Südosten blieb erhalten. Doch: diesmal waren die Polen-B-Wähler das Zünglein an der Waage. Komorowski gewann neun der Woiwodschaften, Duda siegte in sieben Woiwodschaften. Doch war unter diesen sieben Woiwodschaften mit Masowien, die mit über 5 Millionen Einwohnern bei weitem bevölkerungsstärkste Woiwodschaft mit Warschau. Die aber gewann Duda mit 53,9% bei der landesweit höchsten Wahlbeteiligung von 62,7%. Komorowski erreichte dort nur 46,1%. In Vorkarpaten gewann Duda mit 69,2 %, in Kleinpolen mit 61,5 %, in Heiligkreuz mit 63,8%, in Podlachien mit 62,2%, Lublin mit 63,7%, Lodz mit 52,8% sowie Schlesien mit 50,8%. Wahlsiege mit über 60% konnte Komorowski nur in Oppeln mit 63,2% erreichen.(Stand 16:00, 25.5.2015).

Interessant war das Wahlverhalten im 2. Wahlgang. Es zeigte sich in den Nachwahl-Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos, dass die 20,8% Kukiz-Wähler des 1. Wahlgangs sich bei der zweiten Runde zu 59,4 % für Andrzej Duda entschieden. Nur 40,6% der Anhänger des Musikers wählten Komorowski.

Die Wahlkampfthemen, die Duda sich herausgepickt hatte, berührten die Polen weit mehr als das „Weiter so“ des Präsidenten, der sich gern staatsmännisch präsentierte als der Mann, der innerhalb Europas für Polend Sicherheit arbeitet. Dudas Themen waren volksnah, selbst ein gern als sperrig angesehenes Thema wie die Staatsfinanzen. Die aber berühren die Polen derzeit stark. Da geht es um das im Wahlvolk starke Verlangen nach Rücknahme des Rentenalters oder die Erhöhung des Steuerfreibetrags. Dazu nahm sich Duda eines Themas an, dass vielen Polen unter den Nägeln brennt. Die Schweizer Frankenaufwertung hatte in Polen zu Problemen geführt, da sowohl der Staat als auch viele polnische Verbraucher in den letzten Jahren günstige Frankenkredite aufgenommen haben und nun den monatlichen Abtrag nicht mehr stemmen können. Diesen „frankowiczow“ hat Duda Hilfe versprochen.

Der Politikwissenschaftler Prof. Roman Bäcker von der Nikolaus Kopernikus Universität in Torun kommentierte das Ergebnis der Regionalzeitung Gazeta Olsztynska gegenüber, dass Komorowski sich dem Themenkomplex von Duda gegenüber – also vor allem der Revision der Anhebung des Rentenalters – als hilflos zeigte. Es scheine ihm, dass die Phiklosophie an ihre Grenzen gelangt sei und dass es nötig sei, eine völlig neue Art Politik zu machen, aber nicht nur von der PO, sondern von der gesamten „alten“ politischen Klasse.

Die Wahlniederlage könnte sich im Herbst nicht nur als einmaliger strategischer Fehler erweisen, er könnte ein politisches Erdbeben im Herbst bei der Parlamentswahl hervorrufen. Jedenfalls dann, wenn es der PiS noch einmal mit einem Kandidaten, der so gar nicht an Kaczynski erinnert gelingt, die Bürger dort abzuholen, wo sie sind. So etwa, wie in deutschen Werbespots ergibt sich dann womöglich wieder ein „Der versteht mich“-Effekt.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".