Polen: Regierungspartei in der Dauerkrise

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Polens Ministerpräsident Donald Tusk (PO), Foto: Boston9, CC-BY-SA-3.0

Die Regierungspartei Bürgerplattform (PO) von Polens Ministerpräsident Donald Tusk kommt einfach nicht ins ruhiges Fahrwasser, die Dauerkrise nimmt existenzbedrohende Züge an. Nicht nur dass der Ex-Justizminister Jaroslaw Gowin Parrtei und Fraktion nach der verlorenen Wahl zum Parteivorsitzenden verließ, nun folgten ihm auch noch der Abgeordnete John Godson und Jacek Zalek. Alle drei Abgeordnete des polnischen Parlaments werden zum konservativen Flügel der PO gezählt, als deren Führer Jaroslaw Gowin gilt.

Damit ist die Mehrheit der Regierungskoalition aus Bürgerplattform PO und Bauernpartei PSL auf 232 von 460 Abgeordnete, also nur mehr eine Stimme geschrumpft. Und auch die ist keineswegs sicher, denn bei den derzeitigen Flügel- und Grabenkämpfen in der PO ist mit weiteren Austritten zu rechnen. Das Gespenst Neuwahlen drohen also am polnischen Himmel. Und für die PO kommt diese Aussicht tatsächlich einer Drohung gleich, da sie bei Wahlen derzeit keine Chance hätte, an der Macht zu bleiben.

Das Ansehen der Regierung nämlich ist beim Volk an einem neuen dramatischen Tiefpunkt angelangt und der freie Fall erscheint derzeit nicht auffangbar.  Binnen einer Woche sanken die Umfragewerte der PO von bis dahin schon mauen 24% auf nun katastrophale 20 % (Meinungsforschungsinstitut Homo Homini für die Tageszeitung Rzeczpospolita), die nationalkonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit PiS liegt hingegen bei 31%. Diese relative Stabilität der PiS zeigt nach Expertenmeinung vor allem, dass sich die enttäuschten PO-Wähler derzeit mangels Alternativen keiner anderen Partei zuwenden, sondern ins Lager der Nichtwähler wechseln. Eine baldige Neuwahl könnte durch diesen „Wahlstreik“ und eine exorbitant niedrige Wahlbeteiligung die demokratische Legitimation einer neuen Regierung in Frage stellen. So sieht auch Ex-Präsident Walesa das derzeitige Problem, berichtet die Tageszeitung Gazeta Wyborcza: Das Problem der Polen sei der Mangel an wirklichen Alternativen, das Angebot im Parteiensektor sei dürftig. Ihm gefalle die Bürgerplattform auch nicht, aber er sehe keine andere Wahl erklärte die Solidarnosc-Ikone.

Was das Wahlvolk von der großen Regierungspartei PO hält, konnte man von Donnerstag bis zum Wochenende auf Polens Straßen sehen. Zehntausende beteiligten sich an Protestdemonstrationen gegen die Sparpolitik der Regierung, die Änderungen im Arbeitsrecht, den Renteneintritt mit 67 und die zunehmende soziale Schieflage im Land. Am Samstag blockierten hunderttausend polnische Gewerkschafter und Wutbürger die Warschauer Innenstadt, legten den öffentlichen Nahverkehr lahm und hielten Mahnwachen vor dem Gesundheits-, Arbeits- und Wirtschaftsministerium.

Vielen Polen sprach Jaroslaw Gowin bei seinem Abschied aus der PO aus dem Herzen, als er den Zustand des Staates so skizzierte: Die Bürger hätten geglaubt, die Regierung würde mehr Autobahnen bauen, alles was sie bekamen waren jedoch teurere Autobahnen. Auch hätten die Polen geglaubt, eine PO-Regierung würde die Steuern senken, was sie bekommen sind jedoch Steuererhöhungen. In Polen warte man auch noch auf die Reform der Reform im Schulwesen, alles was die Bürger erhalten haben, war jedoch immer schlechtere Schulen. Auch hatte die Bevölkerung mehr – vor allem unbefristete – Arbeitsplätze für junge Menschen erwartet, doch tatsächlich nimmt die Arbeitslosigkeit für die junge Generation dramatische Züge an, die nur durch anhaltende Auswandererströme zugekleistert werden.

Es bedarf derzeit also gar nicht der politischen Herbstoffensive der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ von Tusks Erzfeind  Jaroslaw Kaczynski, denn die Regierungspartei PO sorgt schon selbst für einen heißen politischen Herbst in Polen. Dazu wird die Gründung einer neuen Partei von Jaroslaw Gowin erwartet, die auch Politiker aus der PiS anziehen könnte und zu einer neuen konservativen Basis im Land werden könnte. Przemyslaw Wipler von der PiS könnte der neue Partner von Gowin heißen, liest man im Wochenblatt „Uwazam Ze“.

 

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".