Polen vor dem Wahlkampf –Komorowski und Medwedew in Smolensk

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KatynDie Pole zwischen denen sich der erbitterte Streit in Polen ein Jahr nach der Katastrophe von Smolensk bewegt, sehen von außen betrachtet wie absurdes Theater auf der einen Seite und der Versuch des rationalen Umgangs mit dem Geschehen vor einem Jahr auf der anderen Seite eines tiefen Grabens aus.

Es scheint wie ein Stück aus einer fernen, fremden und für auswärtige Betrachter absurden Welt, wenn man die Bewegungen rund um Jaroslaw Kaczynski betrachtet mit christlichen Fundamentalisten und Nationalkonservativen und ihrer maßlosen Überhöhung des Flugzeugabsturzes in eine Tragödie größten Ausmaßes in einer Welt von Feinden, zu der auch die eigene Regierung gehört, und die sich gegen die wahren Vertreter des polnischen Volkes verschworen hat, selbst Mordtheorien werden unterschwellig genährt. Das alles in einer völligen Verkennung der Tatsache, dass es nicht nur Nationalkonservative waren, die in Smolensk vor einem Jahr starben.

Die Partei Recht und Gerechtigkeit PiS von Jaroslaw Kaczynski versteht es ausgezeichnet mit den Emotionen vieler konservativer Polen zu spielen und diese immer wieder zu Aktionen zu mobilisieren, wie ein Zelt am Präsidentenpalast aufzustellen und den Platz im Zentrum der Macht mit Tausenden Grablichtern und Blumensträußen und betenden Menschen zu blockieren. Das ist medienwirksam und die Staatsgewalt kann unmöglich mit Gewalt dagegen vorgehen. So wird suggeriert, man sei die eigentliche Macht im Staate und  in der Lage, die verhasste Regierung jederzeit vorzuführen. So gehört der demonstrative Boykott staatlicher Gedenkveranstaltungen in die ausgeklügelte Strategie des Wahlkampfs für die im Herbst bevorstehende Parlamentswahl in Polen. Da halfen auch die Apelle der katholischen Kirche nicht, die sich am Jahrestag der Katastrophe am 10. April einen Tag der Einheit und Einkehr ohne laute Töne wünschte. Es ist nur so zu verstehen: Mit dem 10. April hat der Wahlkampf der PiS begonnen. In diesem Wahlkampf scheint Jaroslaw Kaczynski nach dem bewährten alten Muster vorzugehen und einen weiteren Versuch zu machen, Polen von allen Zukunftsdebatten fernzuhalten und das Land wiederum zur Geisel der Vergangenheit zu machen. Dafür spricht auch die kürzliche Aktion Menschen, die sich als Schlesier bezeichnen, aus der Gemeinschaft polnischer Bürger ausschließen zu wollen und zu einer Fünften Kolonne deutschen Hegemonialstrebens zu machen.

Die Unmöglichkeit mancher Polen, die Katastrophe einordnen zu können, zeigt sich auch an dem jüngst ausgebrochenen Streit um die Gedenktafel in Smolensk selbst. Dort hatten Angehörige der Smolensk-Opfer eine rein polnischsprachige Gedenktafel angebracht, auf der stand, die Verunglückten seien zu einer Veranstaltung unterwegs gewesen, bei der des „Völkermords in Katyn“ gedacht werden sollte. Diese Tafel wurde von russischer Seite zum Gedenkwochenende ausgetauscht. Über den Vorfall schreibt die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza, das sei letztlich unvermeidlich gewesen, denn es sei Tatsache, dass Katyn ein Massaker gewesen sei, aber rechtlich gesehen bei weitem kein Völkermord, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese Tafel musste also Moskau zu einer Reaktion provozieren. Es sei auch völlig klar, dass der russische Staatspräsident Dmitri Medwedew an einer Tafel mit einer solchen Inschrift keinen Kranz niederlegen wird. Das alles sei dem polnischen Außenministerium auch bekannt gewesen, doch habe man eine Entscheidung aus Angst vor Reaktionen in Polen aufgeschoben.

So konnten die beiden Präsidenten Komorowski und Medwedew sich am Montag den 11.April an den Gräbern von Katyn zum Gedenken treffen und gemeinsam Kränze niederlegen, was die Gazeta Wyborcza als ein gutes Zeichen wertet. Es sei das erste Mal, dass ein russisches Staatsoberhaupt persönlich an den Gedenkfeierlichkeiten zur Ehren der in Katyn ermordeten polnischen Offiziere teilnimmt. Medwedew habe gesagt, dass der Mord von Katyn von „den damaligen Machthabern der Sowjetunion“ begangen wurde. Das sei an sich nichts Neues, doch habe der russische Präsident den Mord von Katyn nicht relativiert, wie das früher Usus war. Das wertet die Gazeta Wyborcza als Fortschritt, und es sei an der Zeit, die Wunde von Katyn endlich zu schließen. Die konservative Rzeczpospolita sieht das ganz anders. Dort meint der Politologe Wlodzimierz Marciniak,  durch die Aktion wolle Russland die polnische Seite nur austesten um auszuloten, wie viel Schmerz und Erniedrigung die polnische Regierung bereit sei, im Namen der Versöhnung beider Länder zu ertragen. Die versöhnliche  Haltung Komorowskis  habe den Russen gezeigt, dass sie gegenüber Polen sehr weit gehen könnten, erklärt der Politologe.

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1611 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".