Polens Kultur-Prominenz protestiert gegen rechtsextremen Fernsehchef

Polnisch lernen

 
Ich empfehle Ihnen den Polnisch lernen von sprachenlernen24:
"Lernen Sie Polnisch wesentlich schneller als mit herkömmlichen Lernmethoden!"

Polens Kultur-Prominenz versucht das Land wachzurütteln und hat Anfang April mit einem Offenen Brief in der renommierten Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ dazu aufgerufen, den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender TVP am 3. Mai, dem polnischen Nationalfeiertag, zu boykottieren. Damit wollen Polens Intellektuelle gegen den Chef von TVP Piotr Farfal protestieren.

Der erst 31jährige Jurist Piotr Farfal hat eine einschlägige rechtsradikale Vergangenheit vorzuweisen. Vom Aktivisten der Skinheadszene über die Mitgliedschaft bei der rechtsextremen Allpolnischen Jugend und bei der neonazistischen Nationalen Wiedergeburt Polen (NOP), für deren Postille „Szczerbiec“ (Das Schwert) er mehrere Artikel schrieb und kam er schließlich zur LPR. Auch für das Neonazi-Blatt „Front“ schrieb Farfal solch Pamphlete wie „Das wahre Antlitz des Juden“ und markige Texte wie „Wir tolerieren keine Feiglinge, Verräter, Juden“. Er sei zwar nach wie vor national gesinnt, aber kein Faschist oder Rassist, kommentierte Farfal die Vorwürfe des Neo-Nazitums. Dennoch, gemäß des Urteils eines Warschauer Gerichtes vom Mai 2008 muss sich Farfal die Bezeichnung „Ex-Neonazi“ gefallen lassen.

Diesen Mann an der Spitze des polnischen Staatsfernsehens zu sehen, das mit 36% Marktanteilen immer noch der führende Sender des Landes ist, betrachtet Polens kulturelle Elite als Skandal. Ein gutes Dutzend der bekanntesten Kulturschaffenden Polens unterzeichneten den Brief von Krzysztof Krauze, darunter  Andrzej Wajda, der es als skandlös ansieht, an der Spitze des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einen „ehemaligenNeonazi“ zu sehen. Marek Edelmann, der Anführer des Aufstandes im Warschauer Ghettos schrieb dazu in der Gazeta Wyborcza ein demokratischer Staat könne in öffentlichen Funktionen niemanden tolerieren, der Rassismus und Antisemitismus gepredigt habe, den Nazismus lobte und diese Ansichten nie öffentlich widerrufen habe. Weitere prominente Unterzeichner des Briefes sind Agnieszka Holland, Jan Klata, Kazimierz Kutz, Andrzej Seweryn.

Farfal brachte nach seinem Amtsantritt im Dezember 2008 die Mehrheit des Aufsichtsrates hinter sich, hievte mehrere Sympathisanten der rechtsextremen Partei Liga Polnischer Familien LPR in Führungspositionen setzte den seit 2007 im Amt befindlichen Intendanten und Kaczynski-Parteigänger Andrzej Urbanski ab und nahm den Posten selbst ein. Ein Gerichtsverfahren verließ er als Sieger, sein Vorgehen war rechtens und entsprach dem geltenden Mediengesetz.

Zwei Schuldige macht man in Polen für die Lage bei TVP aus: erstens das Mediengesetz, das die Situation erst möglich machte und zweitens die Fernsehpolitik der Kaczynski-Regierung erst möglich machte. Mit diesem Instrument gelang es den damaligen Koalitionsparteien PiS,  LPR und der radikalen Bauernpartei Samoobronna ab 2006 den Rundfunkrat und den Aufsichtsrat mehr und mehr mit Parteigängern zu besetzen, und Hunderte von missliebigen Mitarbeitern zu entlassen. Im Aufsichtsrat haben nun die Vertreter der beiden kleinen Parteien die Mehrheit und konnten so Urbanski stürzen.

Nicht nur innerhalb Polens kam es zu Reaktionen gegen Farfal, der deutsch-französische Sende Arte beendete bereits im Februar die Zusammenarbeit, da man nicht die Werte von TVP-Chef Farfal zu teilen.

Der Schwarze Peter liegt nun bei der regierenden Bürgerliche Plattform (PO) unter Ministerpräsident Donald Tusk. Dort versucht man seit Amtsantritt den Parteien-Einfluss auf das Staatsfernsehen zu mindern, kann sich jedoch mit der linken Opposition nicht auf ein neues Mediengesetz einigen.

(c) Brigitte Jäger-Dabek

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".