Polens Müll-Revolution hat am 1. Juli begonnen

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Getrennter Müll bald auch in Polen, Foto: Kchamp S. Müller CC-BY-2.5

Ist das neue Abfallentsorgungsgesetz in Polen nun eine Müllrevolution, oder droht dem Land nun das Abfallchaos? Darüber diskutieren die verunsicherten Polen derzeit.

Das neue Müllgesetz soll die Polen durch Einsparungsanreize zur Mülltrennung motivieren. Niemand muss, aber jeder kann den Müll ein Gartenabfälle, Glas, Papier, Plastik und Restmüll trennen. Entscheidet sich ein Haushalt nun fürs Mülltrennen, sind bis zu mehr als 30% Einsparungen drin, wobei die Kosten von Gemeinde sehr unterschiedlich sind. Genauso variieren die Bemessungsgrundlage und orientieren sich mal an der Abwassergrundlage, mal an der Wohnfläche und mal an der Personenzahl im Haushalt. Trennungswillige Hausbesitzer müssen nun der zuständigen Gemeinde eine Erklärung zukommen lassen, dass man den Müll nun trennen wolle.

Unübersichtlich wird es in Mietshäusern oder bei Eigentumswohnungen, also bei der Mehrzahl der Polen. In solche Häusern mit mehreren Parteien muss nun entweder der Hausbesitzer oder die Hausverwaltung die einzelnen Haushalte befragen, ob sie den Müll trennen wollen und dann eine entsprechende Erklärung abgeben.

Endgültig schwierig wird es, wenn die Mieter sich nicht einige sind. Dann bleibt entweder die Möglichkeit so zu tun als ob und eine Erklärung abzugeben, dass der Müll getrennt werden soll – in der Hoffnung darauf, dass die Kontrollmechanismen so schnell nicht greifen werden – und eine kollektive empfindliche Bestrafung der Hausgemeinschaft riskieren. Genau darin sehen alle Oppositionsparteien eine inakzeptable Kollektivhaftung, die nationalkonservative PiS sieht darin gar eine „kollektive Geiselhaft“, Doch das ist nur eine Schwäche des neuen Gesetzes.

Zwar klingt das Gesetz so vernünftig, schließlich ist Polen der Zukunft zugewandt und nun ist der Abfall dran, der nun getrennt wird. Grüne Tonne, blaue Tonne, graue Tonne, gelbe Tonne und los geht es? So einfach ist es dann doch nicht, denn das, was dafür bisher völlig fehlte, ist eine entsprechende Infrastruktur.

Nur zwei Jahre Zeit hatten die Gemeinden und Woiwodschaften seit der Verabschiedung des Müllgesetzes im Jahr 2011, um die Abfallentsorgung völlig neu zu regeln inklusive Installation einer modernen Recyclingtechnik. Vieles war bis zum Stichtag privat organisiert, mit wenigen kleinen Müllverbrennungsanlagen und Mülldeponien, einige Städte hatten auch eine kommunale Müllabfuhr aufgebaut. Zum Vergleich: In Deutschland werden für Recycling und Müllentsorgung oft private Unternehmen wie der Containerdienst Landau beauftragt.

Bisher hat Polen eine Recyclingquote von gerade mal fünf Prozent, seit dem EU-Beitritt von 2004 ist klar, dass sich das ändern muss. Die Woiwodschaftsmarschälle mussten Müllregionen einteilen und moderne Müllverarbeitungsanlagen errichten lassen, was eine Ausschreibung voraussetzte. Doch nicht nur der Bau, auch Betrieb und Abfuhr des Mülls erforderten Ausschreibungsverfahren, dazu kamen Organisatorisches, und der Bau der Anlagen – ziemlich viel für zwei Jahre, und für viele Kommunen nicht zu leisten.

Zum Beispiel Warschau. Schon lange vor dem Stichtag war klar, dass die polnische Hauptstadt eine Sonderregelung mit Übergangsfristen brauchte. Die Ausschreibung für einen zentralen Müllentsorgungsbetrieb scheiterte nach einer erfolgreichen Klage der unterlegenen Bieter-Firmen. Als Übergangslösung wurde nun beschlossen, mit allen Müllentsorgern zusammenzuarbeiten, die gültige Verträge mit Hauseigentümern haben. Außerdem ist klar, dass Warschau bisher über keine adäquate Recyclinganlage verfügt. Rund 750.000 Tonnen beträgt das jährliche Volumen an Abfall in der polnischen Hauptstadt. Nur fünf Prozent davon kann die Warschauer Müllverbrennungsanlage beseitigen. Der riesige Rest landet auf Deponien – auch auf illegalen. In Warschau wird so bis 2014 eine Übergangslösung gelten, um wenigstens zustände wie in Neapel zu verhindern.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".