Präsidentenwahl Polen: Laue Fernsehdebatte sieht Komorowski als Sieger

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Komorowski bei der Fernsehdebatte

Komorowski bei der Fernsehdebatte,

Die erste Fernsehdebatte zur polnischen Präsidentenwahl vom 27. Juni wurde von den Zuschauern zwar als Langweiler empfunden, sah aber mit Bronislaw Komorowski, dem Kandidaten der regierenden liberalen Bürgerplattform PO und Sejmmarschall immerhin einen deutlichen Sieger.

Die von mehreren Sendern mit Riesenaufwand als großes Duell der beiden Spitzenkandidaten der polnischen Präsidentenwahl 2010 propagierte Sendung war keine Fernsehdebatte im eigentlichen Sinn, bei der die beiden Kandidaten Bronislaw Komorowski und Jaroslaw Kaczynski, von der oppositionellen PiS, der Zwillingsbruder des am 10. April beim Flugzeugabsturz in Smolensk, miteinander diskutiert hätten.

Das Fernsehduell, das keines war, kann eher als Fragestunde bezeichnet werden. Ausschließlich Journalisten stellten die jeweils zehn Fragen aus den drei Bereichen Soziales, Wirtschaft und Außenpolitik, die Kandidaten selbst diskutierten nicht miteinander.

Afghanistan als Hauptthema

Wie im Wahlkampf der polnischen Präsidentschaftswahl war auch in der Diskussion das polnische Engagement in Afghanistan Hauptthema des Fernsehduells. Dabei sprach sich Komorowski für ein baldiges Ende des Afghanistan-Einsatzes und einen Abzug bis 2012 aus. Er sagte, dieser Einsatz verschlinge rund 20 Prozent derjenigen Mittel, die man für die Modernisierung der polnischen Armee benötige. Es sei an der Zeit, dass Polen sich von der Politik der Kaczynski-Regierung in den Jahren 2006/2007 verabschiede. Er haben einige tausend polnische Soldaten in eine Region geschickt, in der es keine nationalen polnischen Interessen gibt, warf Komorowski Kaczynski vor.

Kaczynski, der seinen Bruder im Amt des polnischen Präsidenten beerben will,  sprach sich gegen einen Abzug der derzeit 2500 polnischen Soldaten aus Afghanistan ab. Das Ziel der polnischen Außenpolitik müsse man immer im Auge behalten, argumentierte Kaczynski, das aber sei, dass Polen als große europäische Nation behandelt wird. Eine minimalistische Politik wie Komorowski sie wolle, würde nicht zu diesem Ziel führen.

Russland und der lange Schatten des Flugzeugabsturzes von Smolensk

Jaroslaw Kaczynski ohne Schelte für Russland ist eigentlich kaum denkbar und so war es auch in der Fernsehdebatte. Die Fortschritte in der Untersuchung des Flugzeugabsturzes vom 10. April seien minimal, die ganze Untersuchung trete auf der Stelle und das sei noch eine dezente Art das zu umschreiben, wetterte Kaczynski. Man sei in einer Situation, in der Zweifel aufkämen, denn Russland enthalte Polen entscheidende Unterlagen über die Absturzursache vor. Er forderte zum wiederholten Mal, Polen die Federführung bei der Untersuchung zu übergeben. Diese Untersuchung sei eine Frage der Ehre für die polnische Nation, denn dies sei die größte Katastrophe Polens seit 1945 gewesen.

Die im Vergleich mit anderen europäischen Ländern positive wirtschaftliche Lage Polens versuchten sich beide Präsidentschaftskandidaten an die Fahnen zu heften. Komorowski sah dafür die kluge Politik der Regierung Tusk verantwortlich, Kaczynski die Einkommensteuersenkung seiner Regierung.

Mehr Imagewerbung als Konkretes

Wenig Konkretes war von den beiden Kandidaten für den 2. Wahlgang der polnischen Präsidentenwahl zu hören, beide Protagonisten verloren sich in Gemeinplätzen. Insgesamt trat Komorowski im Fernsehduell aktiver und kämpferischer auf, als bisher gewohnt, galt er doch bisher als wenig charismatisch. Kaczynski hingegen blieb sehr diszipliniert seiner Wahlkampfstrategie treu und gab sich auch hier kompromissbereit und fast versöhnlich. Vor allem im Komplex Außenpolitik zeigte sich jedoch die Begrenztheit der Politik von Kaczynski und seiner Partei, die Polens Eingebunden in internationale Strukturen immer noch nicht so recht berücksichtigen mag. Noch immer zählt für ihn nur Polen, man erinnert sich natürlich auch in Polen, wie viel Ungeschick er in fast allen Verhandlungen an den Tag legte. Deutlich wurde das am Thema der Probleme der polnischen Minderheit in Weißrussland, die Kaczynski gern als Menschenrechtsverletzungen zum Tagesordnungspunkt von Regierungsverhandlungen mit Russland machen würde. Komorowski hält das für absurd und eine unerhörte politische Idee, ungefähr so, als wenn die Weißrussen polnische Angelegenheiten in Moskau oder Berlin diskutieren wollten.

Die Ergebnisse einer Umfrage (GfK Polonia), die Polens konservative Tageszeitung Rzeczpospolita ermitteln ließ, zeigten Komorowski mit 52% als Sieger des Fernsehduells, 28% sahen Kaczynski vorn, 15% sahen keinen Sieger.

Das sonntägliche Fernsehduell fand 5 Millionen Zuschauer trotz der gleichzeitig laufenden Fußballübertragung des Matches Argentinien-Mexiko. Eine weitere Fernsehdebatte soll es morgen geben mit eher sinkenden Einschaltquoten, denn auf anderen Kanälen läuft die Fußballweltmeisterschaft und die meisten Polen meinen, eine Debatte reiche. Die Bürgerplattform hat ein Ziel für die zweite Debatte zur polnischen Präsidentenwahl ausgegeben: Man wolle Kaczynski provozieren, damit Wähler sich an die IV.Republik und seine Regierungszeit erinnert fühlen und zur Wahl gehen, um eine Fortsetzung zu verhindern.

Videos von der Debatte am 27.06.2010:

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".