Präsidentenwahl Polen: Zweite Fernsehdebatte ohne Sieger – Linke SLD taktiert

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Fernsehdebatte vor polnischer Präsidentenwahl

Fernsehdebatte Polen,

Gestern um 20:00 Uhr lief im polnischen Fernsehen die letzte Debatte der beiden Kandidaten für die polnische Präsidentenwahl Bronislaw Komorowski von der Bürgerplattform PO und Jaroslaw Kaczynski von der Recht und Gerechtigkeit PiS vor dem entscheidenden 2. Wahlgang am Sonntag, den 4. Juli. Kaczynski erschien besser vorbereitet auf diese Form der nicht direkten Auseinandersetzung, die als Beantwortung von Journalisten-Fragen ablief, und kam besser an als bei der ersten Debatte. Dazu war die Auseinandersetzung wesentlich lebhafter und damit auch für die Zuschauer interessanter. Sahen nicht nur die Fernsehzuschauer, sondern auch die Experten Komorowski als klaren Sieger der ersten Fernsehdebatte am vergangenen Sonntag, ist die Einschätzung diesmal nicht so eindeutig, denn Kaczynski nutze seine zweite Chance.

Meinungsumfragen und Zahlen

Das Meinungsforschungsinstitut GfK Polonia ermittelte für die rechte Tageszeitung „Rzeczpospolita“ folgendes Umfrageergebnis: 41% hielten Komorowski für den Sieger der zweiten Debatte, 37% Kaczynski, 18% sahen ein Unentschieden. Nach der ersten Debatte hatte GfK Polonia Komorowski noch mit 52% vorn gesehen. Die Tageszeitung „Polska“ sieht einen Sieg Kaczynskis sowie in der Summe ein Unentschieden und titelt Remis bei den Debatten, Kaczynski gut vorbereitet, Komorowski überrascht (Remis w debatach: Kaczy?ski dobrze przygotowany, Komorowski zaskoczony). Doch nach Expertenmeinung wird die Debatte  keinen großen Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. Die Umfragen nach den Debatten allerdings zeigt wie fortlaufende Tendenz, dass der Abstand zwischen den beiden Kandidaten für die Präsidentenwahl in Polen immer geringer wird.

Inhalte der zweiten Fernsehdebatte im polnischen Fernsehen

Die Debatte war wie das erste Fernsehduell in die großen Themenblöcke Soziales, Außenpolitik sowie Sicherheit und Wirtschaft untergliedert. Es dominierten die sozialen Themen wie die Reform des Gesundheits- und des Bildungssystems. Beide Kandidaten wollten sich keine Blöße geben und wollen am Steuerprivileg für Landwirte festhalten, um gerade bei der Landbevölkerung unentschlossene Wähler für sich zu gewinnen.

Zweiter großer Themenbereich war der Afghanistan-Einsatz von 2500 polnischen Soldaten. Hier überraschte Kaczynski. Hatte er noch beim ersten Fernsehduell am vergangenen Sonntag einen Abzug des polnischen Kontingents abgelehnt. Gestern sagte er: „Wir müssen von dort abziehen, über diese Frage besteht kein Zweifel“, und deutete einen vagen Abzugstermin in fünf Jahren an. Den von Komorowski für den Fall seiner Wahl versprochenen Abzugstermin 2012 hält Kaczynski für zu früh. Der sichtlich überraschte Komorowski begründete das mit der Feststellung: „Wir sind seit neun Jahren in Afghanistan. Wenn man noch zwei Jahre dort ist, reicht das bei weitem“.

Der nationalkonservative Kandidat Kaczynski ließ sich zwar kaum aus der Ruhe bringen, war aber offensiver und selbstsicherer als in der ersten Debatte. Auch lief die ausgemachte Strategie Komorowskis an die unbeliebte IV. Republik der Regierungszeit Kaczynskis zu erinnern weitgehend ins Leere.
Jaroslaw Kaczynski nannte seinen Gegner einen unselbstständigen Politiker, der von Ministerpräsident Donald Tusk abhänge. Komorowski sei ein Liberaler, der alles privatisieren wolle.
Was der Überraschungscoup Komorowskis am Ende der Debatte sein sollte, konterte Kaczynski bravourös. Als  Kaczynski ein Exemplar der Verfassung überreichte und Kaczynski bat und es dann bei einer Auktion für die Flutopfer zu versteigern. Kaczynski konterte mit einem charmanten Augenaufschlag und bat Komorowski um einen Kuli, denn solch eine Forderung nach Einheit unterschreibe er sofort.

Wichtiger als das Fernsehduell: Die Rolle der Linken

Mindestens so wichtig wie die beiden Fernsehdebatten dürfte für den Ausgang der Stichwahl am kommenden Sonntag das Verhalten der Linken sein. Der Kandidat des Linksbündnisses SLD Gregorz Napieralski war beim ersten Wahlgang mit gut 13% der Stimmen auf dem dritten Platz gelandet. Wohin seine Stimmen wandern und ob es überhaupt gelingt, diese Wähler an die Urnen zu bekommen dürfte für den Wahlausgang mitentscheidend sein.
Viele SLD-Spitzenpolitiker hatten schon kurz nach der ersten Wahlrunde angekündigt für Komorowski stimmen zu wollen. Unter den Befürwortern einer Wahl Komorowskis aus der SLD befinden sich auch  Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski und der EU-Parlamentarier Wojciech Olejniczak.
Die Strategen bei der SLD haben sich nun die denkbaren Alternativen einer Präsidentschaft Komorowskis oder Kaczynskis angesehen, genau die Programme analysiert und sind mit dem SLD-Präsidentschaftskandidaten Grzegorz Napieralskli zu dem gemeinsamen Schluss gekommen, keine Empfehlung für den 2. Wahlgang auszusprechen, sondern die eigenen Wähler nur zu bitten, an der Wahl teilzunehmen.

Das lässt für die SLD künftig mehr Möglichkeiten offen, als eine Festlegung, hat man in der SLD ausgetüftelt. Zwar hatte es eine zarte Annäherung an die PO gegeben mit einem Schielen auf die Parlamentswahl im nächsten Jahr, nach der man möglicherweise zum Koalitionspartner der PO avancieren könnte, wenn deren bisheriger Partner PSL den Einzug ins Parlament nicht schaffen würde. Jedoch ließe eine Präsidentschaft Kaczynskis ein sofortiges Mitspielen der SLD auf dem Parkett der Entscheidungen zu. Die PO würde die SLD brauchen, um Gesetze durchzubringen, für die ein Präsidentenveto überstimmt werden müsste. Das würde der SLD sofortige Einflussnahme sichern. Sie könnte sich so als dritte politische Kraft mit e4inem klareren Profil etablieren und könnte dann nach der Parlamentswahl mit einem ganz anderen Pfund wuchern, als wenn man sich ohne Not jetzt der PO andienen würde. Ähnlich lauten auch die Kommentare auf Napieralskis Entscheidung in der polnischen Presse von der Gazta Wyborcza bis hin zur Rzeczpospolita.

Die zweite Fernsehdebatte zur polnischen Präsidentschaftswahl 2010:

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".