Präsidentschaftswahl: Sensationelles Wahlergebnis in Polen

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PiS-Kandidat Andrzej Duda, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0

Polens Präsident Andrzej Duda, Foto: Piotr Drabik, CC-BY-2.0,

Der Wahlkampf war lau bis langweilig bei der Präsidentschaftswahl in Polen. Und sowieso schien der Ausgang lange vor dem Wahltag klar, Amtsinhaber Komorowski war der haushohe Favorit. Es blieb eigentlich nur die Frage, ob er es im ersten Wahlgang schaffen würde, oder die zweite Runde benötigen würde, so klar lag er vorn. Lagen Komorowskis Werte Anfang des Jahres noch bei 60%, begannen sie dann kontinuierlich zu sinken, lagen aber allen Meinungsumfragen zu Folge bei um die 40%. Kein Grund zur Unruhe also, alles im grünen Bereich. Dachte man bei der regierenden Bürgerplattform PO, aus deren Reihen Komorowski stammt. Doch erst der Wahltag ist Tag der Wahrheit, und an dem kam alles ganz anders.

Die Meinungsumfragen des Instituts IPSOS sorgten für kurze Sprachlosigkeit, man traute seinen Augen nicht am Sonntagabend, das hatte niemand erwartet: Amtsinhaber Bronislaw Komorowski verliert gegenüber dem Konkurrenten der Recht und Gerechtigkeit Andrzej Duda nach ersten Werten mit 32,6% gegen 34,5%. Die Auszählung der Stimmen dauert noch an und wird nicht vor dem späten Abend vollständig sein. In Polen wird von Hand ausgezählt nach dem Debakel mit der Software bei der vergangenen Kommunal- und Regionalwahl. Nach dem derzeitigen Stand der Auszählungen (12:00) erreicht Duda 34,4% und Komorowski 33,1% der Wählerstimmen. Eine weitere Überraschung ist der dritte Platz des Rockmusikers Pawel Kukiz mit 20,5%, der nun im zweiten Wahlgang das Zünglein an der Waage sein wird. Wen werden seine Wähler dann wählen und wird er seinen Anhang eine Empfehlung für Komorowski oder Duda erteilen? Am heutigen Montag verkündete Kukiz dem polnischen Rundfunk gegenüber, wenn er die zweite Runde nicht erreiche wie es aussehe, werde er sicherlich niemandem empfehlen, die Allmacht er PO zu stärken. Im Klartext bedeutet das; Wählt Komorowski nicht.

Alle weiteren Kandidaten erzielten fast bedeutungslose Ergebnisse. Selbst der ultrarechte EU-Politiker Janusz Kowin-Mikke, der als das „Dark Horse“ galt, und wenig einzuschätzen war, kam nur auf 3,5%. Magdalena Ogorek, eine Schauspielerin, erreichte für das Linksbündnis SLD lediglich 2,4% der abgegebenen Stimmen und erzielte mit weitem Abstand das schlechteste Wahlergebnis der Partei. Es wurde schon gelästert selbst Gleichberechtigungsgegner Korwin-Mikke habe mehr Stimmen bekommen als die SLD-Kandidatin. Adam Jarubas vom PO-Koalitionspartner Bauernpartei PSL kam nur auf 1,6%, der linksliberale Janusz Palikot erreichte den gleichen Wert.

Duda hatte sich im Wahlkampf wie ein Gegenentwurf zu seinem Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski gezeigt. Mit seinem staatsmännischen, honorigen Auftreten, das keine Ecken, Kanten oder Angriffsflächen bot, erschien die PiS plötzlich Bürgern wieder wählbar, die zwar kirchennah und wertkonservativ wählen wollten, aber nicht in die Zeiten der Kaczynski-Regierung zurück wollten. Dazu bot die PiS den „kleinen Leuten“ Wahlprogramme die ziehen, weil sie ein soziales, gerechtes Polen versprechen, und den Wohlstand unten ankommen lassen wollen.

Im Grunde ist dieser PiS-Erfolg zu guten Teilen auch den Fehlern der PO zu verdanken. Dialogscheu und blass, wie sich Komorowski zeigte, gab es kaum eine Schnittmenge mit den Fragen, Sorgen und Ängsten des Wahlvolks. Ansonsten ergab sich zwischen PO und PiS die schon übliche Teilung in Polen A und Polen B, die PiS wählten Bauern und Arbeiter auf im Osten und Süden, die PO Angestellte und Unternehmer im Westen und Norden.

Vergleicht man nun die PiS-Programmpunkte, mit denen des unabhängigen Rockmusikers Kukiz, gibt es zwischen den Programmpunkten zwischen PiS und Kukiz-Wählern sicher mehr Schnittpunkte als zwischen Kukiz-Anhängern und Komorowski. Kukiz hatte sich als der einsame Wolf präsentiert, der außerhalb der Polit-Eliten steht und auch mit den „verlogenen“ Massenmedien, vor allem dem Fernsehen nichts zu tun hat. Er bedient dabei die in Polen bei den Unzufriedenen im Lande noch immer vorhandene permanente Regimegegnerschaft egal gegen welche Regierung. Meist handelt es sich um die Menschen, bei denen der neue Wohlstand nicht angekommen ist, und daran sind „die da oben“ schuldig. Ein wenig verlogen muss das Ganze schon erscheinen, denn niemand in diesem Wahlkampf konnte besser mit den „Regime-Medien“ umgehen als Kukiz. Er hatte trotz der hohen Feiertage, die Komorowski eine automatisch hohe Medienpräsenz garantierte, die bessere Medienstrategie als der Präsident, der bei den Feiertagsauftritten seine Slogans in keiner Weise unters Volk bringen konnte. Sogar die Schweigefrist am Samstag unmittelbar vor der Wahl konnte Kukiz problemlos umschiffen. Er veranstaltete ein Konzert in Lublin, das natürlich von den „Regime-Medien“ übertragen wurde.

Es wird also nicht einfach und keinesfalls sicherer werden für Komorowskis Unterfangen im 2. Wahlgang in am 24. Mai glatt durchzukommen. Kukiz-Wähler sind zwar Protest- und Denkzettelwähler, aber ob sie nun automatisch zu Komorowski umschwenken bleibt äußerst zweifelhaft. Dazu kommt, dass die PiS bekannt ist für ihren hohen Mobilisierungsgrad, der auch den letzten Wähler an die Urne treibt. Bei einer Wahlbeteiligung von nur 48,8% im 1. Wahlgang gibt es hier jede Menge Mobilisierungsbedarf und jede Menge Überraschungspotential für den 2. Wahlgang: Alles ist möglich!

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Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".