Das rechte Doppel: Steinbach und Sarrazin sind eines Geistes Kind

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Erika Steinbach Vorsitzende des BdV

Erika Steinbach Vorsitzende des BdV,

Über der Causa Sarrazin mit ihrem totalen Medienhype ging im öffentlichen Bewußtsein fast unter, dass der Zentralrat der Juden seinen Vertreter Stephan J. Kramer aus dem Beirat der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung vorläufig abberufen hat. Kramer, Generalsekretär des Zentralrates der Juden kritisierte, es habe nach Bekanntwerden der Äußerungen der vom BdV in den Stiftungsbeirat entsandten Vertreter Hartmut Saenger und Arnold Tölg sei zwar eine öffentliche Debatte in Gang gekommen, es habe aber keine nennenswerte Bewegung oder gar ein Zurückziehen der umstrittenen Beiratsmitglieder gegeben.  Der Schritt des Zentralrats der Juden ist  nur der vorläufig letzte in einer langen Kette von Rücktritten aus dem Stiftungsbeirat. Kulturstaatsminister Neumann bedauerte diese Entscheidung, hofft aber, dass der Zentralrat der Juden wieder mitarbeiten werde, wenn er von der inhaltlichen Qualität einer Konzeption für die Dokumentationsstätte überzeugt werden könne.

Und nun plötzlich verbinden sich diese beiden umstrittenen Angelegenheiten Vertriebenenstiftung und die Thesen des Bundesbankers Thilo Sarrazin unheilvoll miteinander. In der Vorstandssitzung der Unions-Bundestagfraktion gerieten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach, die auch Präsidentin des Bundes der Vertriebenen ist, schwer aneinander. Steinbach kanzelte Merkel ab, der Umgang der Parteiführung mit Thilo Sarrazin und dessen Migrationsthesen sei „grottenübel“ gewesen, auch seien ihr Sarrazins Thesen zur Genetik „völlig egal“, sie könne nicht akzeptieren, dass Sarrazin mundtot gemacht werde.

Angela Merkel stand zu ihrer Kritik an Sarrazin, besonders hätten sie die Theorien aus dem Bereich Vererbung mit dem „jüdischen Erbgut“ verärgert. Die Kanzlerin wird von der Süddeutschen Zeitung mit: „Da war’s bei mir aus. Schluss, Aus, Ende“ zitiert.

Doch das waren nicht alle Anmerkungen von Erika Steinbach auf dieser Fraktionsvorstandssitzung. Zuvor war sie mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann wegen der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung aneinander. Es ging um die beiden zuletzt auch vom Zentralrat der Juden als untragbar eingeschätzten BdV-Vertreter im Stiftungsbeirat, deren Äußerungen Neumann kritisierte (Das Polen Magazin berichtete in einem Artikel mit Links zu den Originalzitaten).

Steinbach antwortete, Tölg und Sänger seien schließlich CDU-Mitglieder, weshalb man die Pflicht habe, sich ohne Wenn und Aber hinter sie zu stellen. Neumann konterte wie die Süddeutsche Zeitung berichtet damit, es sei seit Konrad Adenauer Staatsräson der Bundesrepublik, den verbrecherischen Angriffskrieg Hitler-Deutschlands nicht in Frage zu stellen. Dies sei nebenbei bemerkt auch die Grundlage der demokratischen Politik in Nachkriegs-Deutschland. Äußerungen, Nazi-Deutschland sei von den Briten in den Krieg getrieben oder von Polen provoziert worden, seien unter gar keinen Umständen akzeptabel.

Steinbach nahm jedoch Saenger und Tögl weiter in Schutz und antworte laut „Die Welt“ in den Beifall für Neumann hinein mit „Ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat.“

Volker Kauder als CDU-Fraktionschef beendete die Debatte mit der Zurechtweisung an Erika Steinbach, er sei selbst Kind von Vertriebenen und habe das Leid erlebt, den Polen aber eine Mitverantwortung am Zweiten Weltkrieg zu geben, gehe definitiv zu weit.

Mit diesen Äußerungen stelle sich Steinbach außerhalb des demokratischen Konsenses der Republik, kommentierte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann. Er forderte die CDU auf, sich von Erika Steinbach, zu distanzieren.

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff schüttelte den Kopf. Es müsse einfach klar sein, dass es hier nicht um einfache Meinungsverschiedenheit gehe, sondern um Geschichtsklitterung. Eine solche Meinung habe weder in der Fraktion noch in der Partei Platz, erklärte Schockehoff der Nachrichtenagentur Reuters. Der Hinweis auf die Mobilmachung Polens isei absurd, als ob dadurch der Einmarsch Polens ins Deutsche Reich bevorgestanden habe Jeder wisse, dass dies Unsinn sei und Hitler diesen Krieg lange vorbereitet habe.

Soweit der neueste Skandal um Sarrazin, Steinbach und den Vertriebenenverband. Ein mindestens so großer Skandal ist, dass ein Verband über die Sicht auf die Geschichte dieses Landes und über sein Verhältnis zu unseren Nachbarn federführend bestimmen will und dies teilweise auch tut, der durch nichts dafür legitimiert ist. Er wird wie selbstverständlich ohne jegliches Hinterfragen als Vertretung von 12 Millionen deutschen Flüchtlingen, Vertriebenen und deren Abkömmlingen angesehen. Die Mitgliederzahlen belegen, dass der BdV nicht als irgendwie legitimierte Vertretung dieser Bevölkerungsgruppe angesehen werden kann, sondern eher für eine Minderheit am rechten Rand des politischen Spektrums. Da wird im Namen einer nicht eben kleinen Bevölkerungsgruppe Politik außerhalb der demokratisch durch Wahlen legitimierten Strukturen Politik gemacht, da werden durch die extremen politischen Positionen des BdV „die“ Flüchtlinge und Vertriebenen in die rechte Ecke gedrängt.

Der BdV selbst behauptet, zwei Millionen Mitglieder zu haben, nach einer Recherche der Nachrichtenagentur ddp sind es nur etwa 550.000, der Deutschlandfunk gar behauptet, der Vertriebenenverband vertrete nur 100.000 zahlende Mitglieder.

Der Historiker Erich Später von der Heinrich-Böll-Stiftung sieht am Festhalten an der Mitgliederzahl von 2 Millionen den Versuch die Öffentlichkeit vor allem aus finanziellen Gründen für dumm zu verkaufen, erhielt der Verband jährlich doch allein 16 Millionen Euro aus Bundesmitteln überwiesen, davon eine Million für die Bundesgeschäftsstelle. Dazu kommen weitere Mittel aus Ländern und Kommunen. Insgesamt schätzt Später die jährliche Förderungssumme aus staatlichen Zuwendungen auf rund 20 Millionen Euro – das alles ohne jeglichen Beleg der Mitgliederzahlen. Die Zahl der aktiven BdV-Mitglieder schätzt Erich Später auf maximal 25.000.

Was die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung betrifft, gibt es inzwischen einen konzeptionellen Gegenentwurf.

HistorikerInnen aus der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission, unterstützt von HistorikerInnen aus der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission, – also jene Gremien, die seit Jahrzehnten im internationalen Dialog die Vergangenheit Deutschlands und seiner östlichen Nachbarstaaten aufarbeiten, – haben ein Konzept erarbeitet.

Dieses wird heute in Berlin vorgestellt und von Adam Krzeminski (Journalist und Publizist, Polityka, Warschau), Prof. Dr. Michael Wildt (HU Berlin) und Prof. Dr. Reinhard Rürup (TU Berlin) kommentiert.

Das Konzept zeigt, dass es möglich ist, eine Ausstellung zu realisieren, welche die Vertreibung der Deutschen und anderer Gruppen während des Zweiten Weltkrieges und danach darstellt und dabei, wie vom Stiftungsgesetz vorgegeben, einen Versöhnungs- und Aufklärungsauftrag erfüllt.

Ab dem heutigen Nachmittag steht das Konzeptpapier zum Download unter www.dt-ds-historikerkommission.de bereit.

Auf dem Portal www.hsozkult.de wurde ein Online-Diskussionsforum eingerichtet. Dort können Sie ab heute Abend den erarbeiteten Konzeptentwurf einsehen sowie erste Kommentare von der Präsentation in Berlin.

Eine Diskussion über die konzeptionellen Vorschläge wird im Rahmen einer Sondersektion auf dem 48. Deutschen Historikertag in Berlin stattfinden:

Titel der Veranstaltung: Vertreibungen ausstellen. Aber wie? – Konzeptionelle Überlegungen zur „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“

Termin: Mittwoch, 29.09.2010 von 15.15 bis 18 Uhr

Ort: (wird noch bekannt gegeben)

Podium:

– K. Erik Franzen, Collegium Carolinum, München

– Manfred Kittel, Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

– Claudia Kraft, Universität Erfurt

– Marita Krauss, Universität Augsburg

– Martin Schulze Wessel, LMU München

– Robert Traba, Institut für Politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Berlin

– Yfaat Weiss, The Hebrew University Jerusalem (angefragt)

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".