Die lang angekündigte große Umbildung des polnischen Kabinetts ist vollzogen. Sieben neue Mitglieder hat die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk nun. Und dies sind die Veränderungen:
- Umweltminister Marcin Korolec: Obwohl er zur Zeit noch den UN-Klimagipfel in Warschau leitet, wurde Korolec entlassen, soll aber Polens Klima-Beauftragter. Ersetzt wurde er durch den Wirtschaftsfachmann und Schiefergas-Fracking-Befürworter Maciej Grabowski.
- Sportministerin Joanna Mucha wird vom Danziger Andrzej Biernat ersetzt, der zuvor Vizechef der PO-Fraktion und Vizevorsitzender des Parlaments-Ausschusses für Sport und Touristik war.
- Bildungsministerin Krystyna Szumilas stolperte über die umstrittene Früheinschulung und wird durch die Soziologin Joanna Kluzik-Rostkowska ersetzt, die im Kabinett Kaczynski einst Sozialministerin war.
- Die Ministerin für Wissenschaft und Hochschulwesen Barbara Kudrycka wird von der bisherigen EU-Abgeordneten Lena Kolarska-Bobinska abgelöst.
- Minister für Administration und Digitalisierung Michal Boni wird ersetzt durch den Europaparlamentarier Rafal Trzaskowski.
- Finanzminister Jacek Rostowski war wegen seiner Rentenreform und unpopulärer Sparmaßnahmen der meistumstrittene Minister im Kabinet, wurde zum Sündenbockt und wird von Mateusz Szczurek ersetzt, einem 38-jährigen Quereinsteiger mit einschlägigen Kenntnissen, der in England studiert hat und seine Doktorarbeit über Länder in finanziellen Krisen schrieb. Bisher war Szczurek in leitender Funktion bei der Bank ING tätig.
Die Ministerin für Regionalentwicklung Elzbieta Bienkowska war Das Kabinettsmitglied der bisherigen Regierung Tusk, die am wenigsten in der Kritik stand. Ihre bisheriger Verantwortungsbereich Regionalentwicklung geht nun in dem neu geschaffenen Ministerium für Infrastruktur und Transport auf, das sie übernimmt. Bienkowska übernimmt auch den Posten des Vizepremiers von Janusz Piechocinski (PSL), der als Ausfall galt. Infrastrukturminister Slawomir Nowak hatte in der vorigen Woche entnervt durch die Affäre um eine teure Uhr, die er als Bestechung angenommen haben soll, seinen Posten geräumt.
Polens Medien reagieren mit gemischten Kommentaren auf die große Kabinettsumbildung, bei der sieben von 17 Ministern ausgetauscht worden. So lieast man in der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita, dass der Regierungsumbau keinen Einfluss auf das Machtmodell in der regierenden Bürgerplattform PO von Donald Tusk habe, denn die Änderungen habe der Parteivorsitzende und Premier Polens im Stile eines absoluten Herrschers ohne partei- und koalitionsinterne Konsultationen entschieden. Das zeigt, dass der Kontrollfreak Donald Tusk weiterhin die alleinige Macht beanspruche. An diesem Wochenende findet der PO-Parteitag statt, bei dem Tusk seine dritte Regierungserklärung – in Polen Expose genannt – vor, auf die Reaktionen kann man gespannt sein, denn gänzlich offen sei noch die Frage, welche Idee hinter dem Kabinetssneuanfang stehe.
Kritisch sieht die liberale Gazeta Wyborcza die neuerliche, diesmal „große“ Kabinettsumbildung und meint es sei vielleicht besser, wenn Donald Tusk einmal auf ständige Ankündigung und Durchführung von Kabinettsumbildungen verzichten würde, und sich stattdessen mehr der Effektivität im Regieren widmen würde. Vielleicht sollte er sich auch mehr Gedanken um das Ersetzen seines PR-Experten machen, der ihm zu ständigen Kabinettsumbildungen rät.