Regionalspezialität Posener Martinshörnchen, Foto: Radomil, GFDL
Am 11. November feiert die großpolnische Handelsmetropole Poznan gleich zweimal. Zum einen ist dieser Tag der polnische Nationalfeiertag, an dem die Nation Ihre wiedererstandene Unabhängigkeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs feiert. Doch auch der Helige Martin wird mit einem eigenen Festumzug geehrt.
Der Martinsumzug
Die Straße ul. sw. Marcina in der polnischen Metropole Poznan (Posen) huldigt nämlich am 11. November ihrem Namensgeber, dem Heiligen Martin mit einem großen Fest. Jongleure und Musiker bevölkern an diesem Tag die breite Geschäftsstraße und viele bunt kostümierte Menschen beteiligen sich an dem großen Umzug, den St. Martin hoch zu Ross anführt. Vor dem heute als Kunstzentrum genutzten kaiserlichen Schloss wird ihm symbolisch der Stadtschlüssel überreicht.
Jahr für Jahr zieht das Fest am Martinstag mehr Besucher aus dem In- und Ausland an. Von 11 Uhr an gibt es in der ul. sw. Marcina und in zahlreichen Höfen entlang der Straße Musik und Kleinkunst. Ab 14 Uhr zieht der Heilige Martin mit seinem Gefolge durch die Straße, anschließend finden Konzerte vor dem Schloss statt. Höhepunkt ist der Auftritt der Brass-Band Rebel Babel, die Solisten und Orchester aus mehreren Ländern Europas vereint. Mit einem Feuerwerk um 21 Uhr endet das Straßenfest.
Die Martinshörnchen
Nicht fehlen dürfen an dem Tag die Posener St.-Martinshörnchen, eine regionale Spezialität. Schon seit mehr als 150 Jahren kennt man die Rogale Swietomarcinskie genannten, gehaltvollen Hörnchen, die als geschützte Produkte nur von ausgewählten Bäckern und Konditoren in Posen und Umgebung produziert werden dürfen. EU-weit gehört dieses Martinshörnchen zu den polnischen Produkten mit geschützter Herkunftsbezeichnung.
Posen hat dem Wahrzeichen der Stadt sogar ein eigenes kleines Museum gewidmet, in dem die Herstellung der Hörnchen aus Plunderteig, Weißmohn und vielen anderen Zutaten demonstriert wird, wobei Mitmachen ausdrücklich erwünscht ist.
Posener Martinshörnchen dürfen nur nur von Bäckern aus Posen und einigen Regionen der Woiwodschaft Großpolen, aber nur von denjenigen (ca. 100) die hierfür ein Zertifikat haben. Jährlich werden in Poznan und Umgebung rund 500 Tonnen Martinshörnchen produziert, das sind etwa 2.500.000 Stück. Allein am Martinstag werden mehr als eine Million der kalorienreichen Hörnchen verzehrt, fast die Hälfte der gesamten Jahresproduktion.
Geschichte des Posener Martinshörnchens
Der Name der Straße ul. sw. Marcina hängt eng mit der Pfarrkirche St. Martin zusammen, die am Martinstag Ihren Kirchweihtag hat. Der Heilige Martin von Tours – ein römischer Soldat – kam eines Tages mit seiner Einheit nach Amiens. Am Stadttor sah er einen zerlumpten Bettler, mit dem er Mitleid hatte. Spontan nahm er sein Schwert und teilte seinen Mantel, der alles war, was er selbst besaß. Eine Hälfte gab er dem Bettler, damit der sich wärmen konnte. In Posen wurde diese Begebenheit am Martinstag alljährlich nachgespielt.
Erste Zeitungsanzeigen belegen die Produktion von Martinshörnchen schon seit 1852. Im November des Jahres 1891 hielt der Priester Jan Lewicki eine aufrüttelnde Predigt zur Barmherzigkeit, in dem er die Gemeinde aufforderte, die Bedürftigen nicht zu vergessen. Das inspirierte den Posener Bäcker Jozef Melzer, viele Bleche mit speziellen, nahrhaften Hörnchen zu backen und sie an die Armen zu verteilen. So wurde das Martinshörnchen zum festen Bestandteil der Regionalkultur Posens und Großpolens.