Seligsprechung im Rekordtempo für Johannes Paul II.

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Zu Lebzeiten wurde Papst Johannes Paul II. der „Eilige Vater“ genannt, dem wird er noch sechs Jahre nach seinem Tod gerecht, denn selbst die Seligsprechung am 1. Mai auf dem Petersplatz in Rom wurde im Rekordtempo erreicht. Damit schlug er selbst Mutter Teresa um 15 Tage und ist nun Rekordhalter in Sachen Seligsprechung.

 

Normalerweise kann kirchenrechtlich das Verfahren der Seligsprechung erst fünf Jahre nach dem Tod des Betroffenen eingeleitet werden. Im Fall von Johannes Paul II. machte sein Nachfolger Papst Benedikt XVI. eine Ausnahme und eröffnete das Verfahren bereits nach drei Monaten. Nötig für die Seligsprechung war ein von der zuständigen Medizinerkommission bestätigtes Wunder, das Johannes Paul II. an einer französischen Nonne bewirkt haben soll, die durch seine Fürsprache von Ihrer Parkinson-Krankheit geheilt worden sein soll.

 

Der gestrige 1. Mai war ein sonniger Frühlingstag, an dem sich allein auf dem Petersplatz über 100.000 Pilger eingefunden hatten. Tausende weiterer Besucher fanden keinen Platz auf dem Petersplatz und verfolgten die Feierlichkeiten aus der Ferne.

 

Zwar dominierten auf dem Petersplatz eindeutig die weiß-roten Fahnen der polnischen Pilger. Doch trotz der Aufrufs des Warschauer Erzbischofs Kazimierz Nycz an die Landsleute, doch bitte nach Rom zu pilgern, waren es mit geschätzten 80.000 wohl weit weniger polnische Pilger als eigentlich erwartet. Das lag auch an den hohen Preisen für Bus, Zug- oder Bahnanreisen nach Rom. Zwar waren einige Tausend Polen auch auf alten Pilgerrouten zu Fuß nach Rom gegangen, doch hat auch im katholischen Polen nicht jeder mehrere Wochen Zeit. Auch in Polen wurde dieser Tag mit unzähligen Veranstaltungen begangen, die aber gleichfalls nicht überlaufen waren.

 

Zwar ist Johannes Paul II. unter jungen Leuten in Polen noch immer ein großes Vorbild. Eine kürzlich im Auftrag der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza durchgeführte Umfrage ergab, dass der verstorbene polnische Papst noch immer für 47% der Jugendlichen Vorbild ist, doch beginnt sich die Sichtweise zu wandeln. Nicht mehr so sehr als Vorbild im Glauben wird der polnische Papst gesehen, in erster Linie gilt Karol Wojtyla heute in seiner Heimat vielen als großer Pole, der den größten Einfluss auf den Fall des Eisernen Vorhangs hatte und ohne den Solidarnosc nicht denkbar ist. Das hohe Ansehen zeigt sich auch darin, dass in Polen inzwischen 1150 Schulen, 7 Universitäten, 500 Denkmäler und unzählige Straßen sowie Plätze nach ihm benannt wurden.

 

Die Seligsprechung des verstorbenen polnischen Papstes erlaubt nun die Verehrung in den Kirchen bestimmter Regionen. Er kann daher nun in seinem Heimatland auch in den Kirchen ähnlich wie ein Heiliger verehrt werden. Für eine Heiligsprechung von Karol Wojtyla ist eine weitere mehrjährige Wartefrist vorgesehen, innerhalb derer der nun selig Gesprochene ein weiteres Wunder bewirken muss.

 

Diese rasche Seligsprechung trifft nicht überall auf Akzeptanz. Zum einen sind Päpste keine Menschen wie Mutter Teresa, die ein Leben in Güte für ihre Mitmenschen führen. Päpste sind auch Politiker, treffen Entscheidungen, die mal Kompromisse sind, mal die Barmherzigkeit dem Erhalt und der Einheit der Kirche unterordnen, zumal bei einem so langen Pontifikat, wie dem Johannes Pauls II. Auch bei Karol Wojtyla gab es diese Ambivalenzen, da gab es das fast kompromisslose Eintreten für die Menschenrechte und die wichtige Rolle bei dem Ende des Eisernen Vorhangs, andererseits aber das Imstichlassen des süd- und mittelamerikanischen Klerus im Kampf gegen Militär-Diktaturen und das Schweigen über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1611 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".