Noch immer scheint der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien im Bund der Vertriebenen (BdV) Rudi Pawelka historische Wahrheiten über den Zweiten Weltkrieg sowie Ursache und Wirkung nicht so recht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Noch immer wird zuweilen übersehen, dass die deutschen Vertriebenen die letzten des Zweiten Weltkriegs waren und Flucht und Vertreibung eine Spur aus Zerstörung, Tod und Gewalt sowie ein Vernichtungskrieg voraus gingen, die von Deutschen über die Nachbarländer im Osten gebracht wurden. Rudi Pawelka übersieht daher offenbar, dass Deutsche zwar ihre Nachbarn um Verzeihung und Versöhnung bitten können, dies aber nicht fordern dürfen.
Auch in Polen bestreitet heute kein vernünftiger Mensch, dass die Vertreibung wie jede ethnische Säuberung, die nicht auf persönlicher Schuld beruht ein Unrecht ist, auch in Polen wird auch unter Historikern heute von Vertreibung (wypedzenie) geredet und nicht von Umsiedlung.
Rudi Pawelka aber forderte beim Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover man habe sich vielfach entschuldigt und forderte von Tschechien und Polen eine Entschuldigung und eine Entschädigung für die Vertreibung der Deutschen. „Wir machen einseitig Versöhnung, das bringt auf Dauer nichts,“ erklärte Pawelka. Der Schlesier-Funktionär sah an Positivem im deutsch-polnischen Verhältnis lediglich „erste Schritte zu einer echten Versöhnung, man bemerke auch, dass Polen den Nachbarschaftsvertrag umzusetzen beginnt.“
Ferner kritisierte Pawelka Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich zwar 2002 als Oppositionspolitikerin für eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter eingesetzt, handle aber nicht.
Als moralischen Tiefpunkt deutscher Außenpolitik bezeichnete Pawelka kritisierte in seiner Rede weiterhin die deutsche Außenpolitik. Deren absoluter Tiefpunkt sei die Kranzniederlegung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der 2011 in Königsberg einen Kranz für gefallene Sowjet-Soldaten niederlegte. Für einen Kranz für Frauen und Kinder, die von diesen Soldaten ermordet worden seien, hingegen nicht.
Nach Ansicht von Pawelka braucht eine echte Versöhnung die Anerkennung der Vertreibung, die im Gegensatz an den Terror des NS-Regimes, der in Deutschland allgegenwärtig sei, verblasse die Erinnerung an die Vertreibung.
Rudi Pawelkas Stellvertreter Christian Kuznik meinte das Land bedürfe einer Heilung von Leid und Unrecht, doch das sei bisher nicht geschehen. Man verzichte nicht auf ein Heimatrecht, auch sei die Vertreibung nicht mit dem Krieg zu begründen, sie sei auch weder die Schuld der Deutschen und der Vertriebenen selbst.
Die skandalösen Äußerungen wurden bereits am Freitag als Redemanuskript bekannt. Deshalb hatten Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) und Landtagspräsident Bernd Busemann ihre Teilnahme am Schlesier-Treffen wegen der antipolnischen Inhalte abgesagt. Busemann erklärte, die geplante Rede Pawelkas diene nicht der deutsch-polnischen Versöhnung. Michael Pietsch, der Präsident der Schlesischen Landesvertretung, trat aus Protest gegen Pawekas Rede zurück.
Rudi Pawelka gehört zu den Rückwärtsgewandten unter den Vertriebenenfunktionären, die geschichtliche Wahrheiten gern im eigenen Sinn „interpretieren“. Wegen antipolnischer Tendenzen
und Vorwürfen wegen der mangelnden Abgrenzung Rechtsextremisten gegenüber standen sowohl der BdV mit seiner Vorsitzenden Erika Steinbach, als auch gerade die Landsmannschaft Schlesien, und Rudi Pawelka immer wieder in der Kritik.
Der Landsmannschaft Schlesien gehören nach Verbandsangaben rund 70.000 Schlesier an. Das Deutschlandtreffen der Schlesier findet mit Tausenden Teilnehmern alle zwei Jahre in Hannover statt, da Niedersachsen Partnerland der Schlesier ist. Auch vor zwei Jahren musste sich Pawelka Rechtsaußen-Vorwürfe anhören. Damals bezichtigte er Polen der Beteiligung am Holocaust, weshalb der damalige Ministerpräsident David McAllister (CDU) den Saal verließ.
Rudi Pawelka erklärte inzwischen, er könne nicht sehen, was an seiner Rede zu beanstanden sei und bezeichnete es als eine Lüge, Schlesien als wiedergewonnenes polnisches Gebiet zu bezeichnen. Dies aber war eine Formulierung, die in Polen nur zur Zeit der Volksrepublik benutzt wurde, also seit nunmehr fast zweieinhalb Jahrzehnten nicht mehr, was der 1940 in Breslau geborene Rudi Pawelka aber bisher offenbar nicht bemerkt hat. Besonders Pawelka fiel immer wieder durch antipolnische Bemerkungen und Einwürfe auf, auch von 2001 bis 2005 in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender der Preußischen Treuhand.