Er hat es sich überlegt und wandert nicht aus, sondern klagt. Lech Walesa, Ex-Solidarnosc-Chef und späterer Präsident Polens hat den derzeitigen Präsidenten Lech Kaczynski wegen Verleumdung verklagt. Er klagt gegen Kaczynski auf Entschuldigung und ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Zloty. Kaczynski hatte in einem Fernsehinterview behauptet, Walesa sei zu Zeiten der kommunistischen Volksrepublik unter dem Decknamen Bolek Informant des polnischen Geheimdienstes SB gewesen zu sein. Zwei Historiker hatten im vorigen Jahr in einem Buch Dokumente veröffentlicht, die belegen sollten, dass Walesa Bolek gewesen sei und damit Informant des damaligen kommunistischen Geheimdienstes (Das Polen Magazin berichtete hier). Walesa selbst hatte keine Gelegenheit bekommen, die Echtheit der Dokumente zu überprüfen. Über Walesas Vergangenheit war im vorigen Jahr eine heftige öffentliche Debatte entbrannt. Nun hofft Walesas Rechtsanwalt, im Laufe des Verfahrens eine Akteneinsicht erzwingen zu können.
Seit Dienstag, dem 24. November 2009 wird nun vor dem Warscheuer Bezirksgericht über die Vergangenheit des Solidarnosc-Gründers gestritten – ohne Anwesenheit der beiden Kontrahenten. Kaczynskis Anwalt Rafal Klos forderte zu Verhandlungsbeginn eine Abweisung der Klage. Er argumentierte, das Gericht sei nicht zuständig, das sei im Falle der Beteiligung des Staatspräsidenten nur ein Staatstribunal. Walesas Anwalt hingegen sieht das Gericht durchaus als zuständig an, denn die Klage habe nichts mit den Amtspflichten des Präsidenten zu tun. Das Gericht vertagte sich und wird bis zum 18. Dezember über den Antrag der Partei Kaczynski entscheiden.