Den Plan eines schnellen Beitritts zur gemeinsamen europäischen Währung müsse man revidieren, sagte Vizepremier und Wirtschaftsminister Waldemar Pawlak der Zeitung Dziennik/Gazeta Prawa. Die Eurozone erinnere derzeit an einen löchrigen Schirm, ein schwacher Schild, der vor den Wirbeln des Weltmarkts schützen soll. Man müsse nun eine gründliche Abwägung von Plus und Minus eines Beitritts Polens zu Eurozone vornehmen.
Zwar hatte sich die Warschauer Börse zum Ende der vergangenen Woche etwas beruhigt und das scheinbar endlose Ansteigen des Kurses des Schweizer Frankens erschien abgebremst, doch versetzen die Turbulenzen der europäischen Finanzmärkte auch Polen zunehmend in Besorgnis. Tomasz Wroblewski kommentiert das im Dziennik und meinte, momentan müssten alle EU-Staaten für die Fehler der Griechen, Portugiesen und Spanien draufzahlen, ganz egal, wie sie selbst gewirtschaftet hätten. Der Publizist zitiert Milton Friedmann, der dazu gemahnt hatte, dieser Rettungsschirm werde nicht einmal einen größeren Regenschauer überstehen.
Der Autor warnt eindringlich, so wie die EU jetzt strukturiert sei, werde es immer wieder zu solchen Krisen wie der momentanen Börsentalfahrt kommen, denn es fehle eine gemeinsame Finanzstruktur mit einheitlichem Steuersystem. Im Augenblick hält es Wroblewski vor allem für wichtig, für die eigene Währung mit Finanzreformen einen Schutzschild zu bauen und sich nicht ebenfalls völlig vom guten Willen und vernünftigen Handeln anderer Regierungen abhängig zu machen.
Allgemein herrscht in Polen erstmals große Skepsis, die europäische Schuldenkrise zwingt das europabegeisterte Polen zum Nachdenken. Bei den jüngsten Meinungsumfragen haben erstmals die Euro-Skeptiker die Nase vorn.
Gerade sei Polen dabei zwar nicht für alle, aber doch für viele ein bescheidenes Wohlleben zu ermöglichen. Dafür habe man sich eingeschränkt und harte Sparmaßnahmen ertragen. Nun will man nicht für das hemmungslose Schuldenmachen Griechenlands, Italiens oder Portugals zur Kasse gebeten werden. Das ist der Tenor, den man derzeit bei Diskussionen in Polen hört. Dazu erinnern sich die Polen noch gut an den „Teuro-Effekt“, den es ja angeblich in Deutschland nie gegeben hat und fürchten sich vor einer nochmaligen Teuerungswelle bei einer Euro-Einführung.
Hatte Premier Donald Tusk bei seiner Amtsübernahme nach der gewonnenen Parlamentswahl 2007 sich noch festgelegt, den polnischen Zloty spätestens 2012 gegen den Euro einzutauschen, sieht er das in der heute so veränderten Situation ganz anders. Er werde sich ganz bestimmt nicht noch einmal auf ein fixes Datum festlegen, oder gar festnageln lassen, erklärte er in jüngster Zeit mehrmals. Doch das könnte Vorwahlgeplänkel sein. Mit einer raschen Euroeinführung könnte derzeit beim Wahlvolk niemand punkten. Die Crux ist, dass ausgerechnet das Wirtschaftswunderland Polen, das derzeit tatsächlich einer der wenigen verbliebenen Wachstumsmotoren der EU ist, bei den wirklich wichtigen EU-Entscheidungen zur Schuldenkrise keine Stimme hat und auch nicht gehört wird. Daher drängen sowohl Wirtschaftsexperten als auch Politikwissenschaftler auf eine Beitritt Polens zur Währungsunion, denn nur so könne man Einfluss nehmen. Alle Experten sind sich einig darin, dass auf Dauer die Vorteile für Polen die Risiken überwiegen würden.
Derzeit jedenfalls sind keine Anstalten zu erkennen, dass Polen sich auf eine schnelle Euroeinführung vorbereitet. Dazu nämlich wären einige Kriterien zu erfüllen. Weitere harte Sparmaßnahmen müssten eingeleitet werden, um unter die Drei-Prozent-Hürde bei der Neuverschuldung gemäß Maastricht-Vertrag zu kommen Erst dann käme Polen für zwei Jahre in den Euro-Warteraum. In dieser Zeit wäre der der Wechselkurs des Zloty wäre in dieser Spanne fest an den Euro gekoppelt. Als Beitrittstermin käme daher überhaupt frühestens 2015 infrage.