Buchtipp: Charlotte E. Pauly, eine schlesische Künstlerin

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Ein schlesisches Fraeulein wird Weltbuergerin. Charlotte E. Pauly„Ein schlesisches Fräulein wird Weltbürgerin. Die Malerin und Schriftstellerin Charlotte E. Pauly in Selbstzeugnissen“ heißt der Titel eines von Anita Kühnel herausgegebenen und im Verlag für Berlin-Brandenburg kürzlich erschienenen Buches. Ein wenig sperrig kommt dieser Titel des 280 Seiten starken, opulent mit Abbildungen ausgestatteten Buches daher. Doch er kontrastiert so stark zum Titelbild einer weißhaarigen so in sich zurückgezogen wirkenden Malerin, dass man sich angezogen fühlt das Buch in die Hand zu nehmen. Darin blätternd findet man eine große Zahl ausgezeichneter Bild-Reproduktionen und Reisefotos von Charlotte E. Pauly und man fragt sich, wer und wie diese Künstlerin war und schon findet man sich lesend wieder. Ein außergewöhnliches Leben breitet nun Anita Kühnel vor dem Leser aus, in Selbstzeugnissen der Pauly, die nicht nur Malerin, sondern auch begnadete Autorin und Fotografin war.

Die gelungene und behutsame Auswahl auch bis dato unveröffentlichter Texte, die zeigt, wer und wie Charlotte E. Pauly war, ohne dass man sich als Leser wie ein Voyeur in einem anderen Leben fühlt, ist von der wohl besten Pauly-Kennerin getroffen worden. Die Herausgeberin Anita Kühnel hat zu den entscheidenden Lebensstationen der Pauly erstaunliche Zeugnisse gefunden, die belegen wie und warum die Künstlerin mit den vielen Talenten wurde, wer und wie sie war. Wie in einem Entwicklungsroman zeigen diese Selbstzeugnisse die faszinierende Entwicklung vom betulichen Leben auf einem schlesischen Gut zur Weltbürgerin, was im konkreten Fall der Pauly große Offenheit für alles Neue und Andere bedeutet, das von ihr als bereichernd empfunden wurde. Die Kunsthistorikerin Anita Kühnel ist Leiterin der Sammlung Grafikdesign in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Als Kuratorin betreute sie Pauly-Ausstellungen und hat zahlreiche Werke über Charlotte E. Pauly veröffentlicht.

Die 1886 geborene Charlotte E. Pauly wuchs auf einem schlesischen Gut auf, das ihr Vater verwaltete. Sie war also ein schlesisches Fräulein aus einer behüteten eher konservativen Umgebung, die nach dem Besuch des Realgymnasiums Breslau sich zunächst der Zoologie zuwandte. Dann begannen der jungen Charlotte Flügel zu wachsen, als sie von 1909 bis 1915 Kunstgeschichte, klassische Archäologie, Literaturgeschichte und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Freiburg studierte. Ihre erste große Reise unternahm sie 1913/14 nach Italien zu Recherchezwecken für ihre Dissertation über den venezianischen Lustgarten. Eine umfassend gebildete junge Frau mit sehr unabhängigem Geist kehrte ins schlesische Riesengebirge zurück, bereits mit dem Plan Malerin zu werden.

Die Jahre 1925/26 sowie 1928/29 wurde die Zeiten ihrer großen Reisen zunächst nach Spanien, wo sie Schülerin von Daniel Vazquez Diaz wurde und nebenbei Federico Garcia Lorca ins Deutsche übersetzte. Sie reiste weiter nach Portugal, wo sie 1929 bis 1932 mit Unterbrechungen lebte. Im Februar 1932 brach Charlotte E. Pauly zu ihrer großen Orientreise auf, die sie in den Libanon, nach Palästina, Syrien und den Irak, sowie nach Persien führte. Selbst die islamisch geprägten südlichen Regionen der Sowjetunion bereiste sie. Es waren ihre Reisen, von denen das künstlerische Schaffen der Pauly bis zu ihrem Tod beeinflusst waren. Das Buch zeigt in sehr schönen Abbildungen einen Überblick über das künstlerische Schaffen er Malerin Pauly.

Spärlicher sind die Zeugnisse aus den Jahren 1933-1945, die von der Herausgeberin Anita Kühnel zusammengefasst werden. Während der zwölf Jahre des Dritten Reichs wurde Charlotte E. Pauly mit Ausstellungsverbot und zeitweise auch Malverbot belegt wegen ihrer „entarteten Zigeunermalerei“. Charlotte E. Pauly wandte sich ihrer pazifistischen Haltung wegen dem Quäkertum zu und betrachtete dies als ihre ganz persönliche Antwort auf den Nationalsozialismus. Nach ihrer Rückkehr ins heimatliche schlesische Riesengebirge ließ sich Charlotte E. Pauly 1838 in Agnetendorf nieder und schloss Freundschaft mit Gerhart Hauptmann und dessen Frau.

Nach Gerhart Hauptmanns Tod reiste Charlotte E. Pauly mit dem Sonderzug, der Hauptmanns Sarg nach Hiddensee transportierte aus ihrer nun polnischen Heimat aus und ließ sich in Berlin-Friedrichshagen nieder, wo sie bis zur ihrem Tod 1981 lebte. Dort blieb sie bis ins hohe Alter künstlerisch aktiv als Schriftstellerin und Malerin, wie sie sich auch selbst immer sah. Im Alter wandte sie sich noch einmal einer ganz neuen Arbeitstechnik zu und begann etwa 1958, die in Skizzen und Aquarellen festgehaltenen Eindrücke ihrer Orientreisen in Druckgrafiken zu verarbeiten. So blieb vor allem dieses Alterswerk im Kulturgedächtnis haften. Auch dieses Alterswerk blieb voll lebendiger Ausdruckskraft einer unbestechlichen Künstlerin, die nie künstlerischen Moden folgte.

Fazit: Ein außergewöhnliches, überaus lesenswertes Buch über eine ganz und gar außergewöhnliche Frau, die es ob ihrer Haltung und ihrer Kunst wert ist, wieder entdeckt zu werden.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".