Polen: Regierungskrise und kein Ende

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tuskDie Regierungskrise in Polen nimmt kein Ende, im Gegenteil, der nächste Skandal ist da. Was ihn mit der Glückspielaffäre (afera hazardowa) verbindet ist die Tatsache, dass er wieder von der selben Quelle ausgeht, der polnischen Antikorruptionsbehörde CBA und deren Chef Mariusz Kaminski, der aus dem Amt entfernt werden soll.

Diesmal wurden die pikanten Details dem Wochenmagazin „Wprost“ zur Veröffentlichung zugesteckt. Der Bericht soll 40 Seiten umfassen und auch einigen prominenten Politikern zugesandt worden sein. In dem Report schreibt Kaminski, dieser Verkauf sein nicht nur gegen die wirtschaftlichen Interessen des Landes gegangen, sondern auch gegen jeglichen gesunden Menschenverstand. Die Bevorzugung eines Bieter sei von Anfang an ersichtlich gewesen und wäre schon im ganz frühen Stadium der Verhandlungen offensichtlich gewesen und von Anfang an sei gelogen und verschleiert worden, wirft die CBA nun der Regierung vor. Schatzminister Aleksander Grad wird genauso beschuldigt wie Regierungschef Donald Tusk, der persönlich nach Qatar geflogen war, nachdem am das erste Zahlungsproblem aufgetreten war.

Im Zuge des Bietverfahrens hätten Offizielle aus Polen den gewünschten Investor aus Qatar über alle Details anderer Gebote informiert. Der aber meldete sich nicht mehr und es muss wohl vermutet werden, dass es ihn gar nicht gab. Eine englische Übersetzung des Wprost-Artikels gibt es hier:
http://www.wprost.pl/ar/174743/CBA-Documents-confirm-the-existence-of-the-Shipyard-Conspiracy/eng/

Hinter den Qataris stand das Investorenkonsortium „Stitching Particulier Fonds Greenrights“aus Curacao, das wiederum für die „United International Trust“ tätig war. Ob diese Firmen nur ein „Fake“ waren, ist noch nicht belegt, genauso wenig wir die Verstrickung des libanesischen Waffenhändlers Abdul Rahman Al-Azhir. Er soll seinerzeit angeblich die Kaution hinterlegt haben. Die ganze Abwicklung zeigt zumindest ein hohes Mass an Unprofessionalität und auch Naivität auf Seiten der polnischen Unterhöndler. Auch entspricht das Procedere nicht eben dem üblichen Geschäftsgebahren qatarischer Investoren.

Die Vorwürfe der CBA haben das Schatzministerium durcheinander gewirbelt. Schatzminister Grad hat mehrere Mitarbeiter entlassen. Auslöser dafür war eine Pressekonferenz des Sejm-Vizemarschalls Krzysztof Putra, der zu den Personen gehörte, die das CBA-Dokument haben lesen können. Er sei beim Lesen völlig aus allen Wolken darüber gefallen, wie man einen Staat führen könne. Auch andere Leser des Dokuments geben Statements ab. Jaroslaw Gawin von der PO sagte TVN 24 gegenüber: wenn es sich als wahr herausstellt, dass es Unregelmäßigkeiten gab, sei der CBA-Report sogar willkommen. Auf der anderen Seite ist die Art, wie Kaminski dieses Wissen benutze ein Beleg dafür, dass er aus dem Amt entfernt werden müsse.

Ausgesessen werden kann diese Affäre jedenfalls nicht, denn die EU-Kommission hat hier ein Wörtchen mitzureden. So wie sich die Angelegenheit präsentiert, könnte da schwerer Ärger auf die polnische Regierung zukommen. Dazu wäre auch hier eine bittere Wahrheit nicht länger zu verschleiern: Die Ära des polnischen Schiffbaus neigt sich dem Ende zu, für die großen Werften in Szczecin, Gdynia und Gdansk wird sich kein Investor finden, der hier wie es bisher war Schiffe im großen Stil bauen will. Das war nämlich der Punkt: der angebliche Investor aus Qatar war der einzige der Kandidaten, der in Gdingen und Stettin Schiffe bauen wollten. Alle übrigen Mitbieter hatten andere Pläne mit den Werften.

Inzwischen hat der Chef der CBA Mariusz Kami?ski den Generalstaatsanwalt über mögliche Unregelmäßigkeiten beim Verkauf der polnischen Werften in Stettin und Gdingen durch hohe Offzielle des Schatzministeriums und der Industrieentwicklungsagentur ARP informiert.

Hätte er das im Falle des Werftenskandals und der Glückspielaffäre sofort getan, wäre das politische „Gschmäckle“, dass ihn nun sein Amt kosten könnte, wahrscheinlich nicht einmal entstanden. So sieht man darin eine Affäre, die nicht nur die aktuelle polnische Regierung hinwegfegen könnte und Tusk die politische Karriere kosten könnte, sondern ein Verhalten einer Kontrollbehörde, das so nicht hinnehmbar ist. Der Versuch über Indiskretionen eine politisch unliebsame Regierung zu beseitigen, ist eines demokratischen Landes nicht würdig. Das werden sich auch die Kaczynski-Brüder sagen lassen müssen. Man kann nicht das demokratisch verfasste System durch das Einsetzen von Seilschaften an strategisch wichtigen Stellen aushebeln ohne Gefahr zu laufen, dem selbst verpassten Saubermann-Image nicht mehr gerecht zu werden und beim politischen Großreinemachen selbst weggefegt zu werden.

Die Polen sind Kummer gewohnt. Noch jede Nachwenderegierung hatte ihre Korruptions- oder Selbstbereicherungsaffären und zig Skandale, alle erlegen sie der Versuchung, diesem unseligen „Teraz kurwa my,“ dem jetzt verdammt noch mal sind wir dran. Unzählige Parteien – auch Regierungsparteien – wurden deshalb von den polnischen Wählern in die Wüste geschickt. Auch daran liegt ein gutes Stück der polnischen Politikverdrossenheit und der hohen Zahl der Nichtwähler.
So kann und wird es beim Krieg zwischen CBA und Regierung nur Verlierer geben.

Ministerpräsident Donald Tusk hatte selbst auch andere Pläne für das nächste Jahr. Präsident wollte er werden und Lech Kaczynski aus dem Amt drängen. Seine Chancen waren glänzend. Doch das war vor den Affären. Jetzt sind die Umfragewerte dramatisch gesunken, mittlerweile hätte er nicht einmal gegen den mutmaßlichen Mitbewerber Wlodzimierz Cimoszewicz eine Chance, der bekäme 38%, Tusk hingegen nur 37% der Stimmen.

So sieht es ganz danach aus, dass Tusk nicht antreten wird, berichten gut informierte Kreise. Plan A, nachdem Tusk Präsident wird, Schetyna Premierminister und Sejmmarschall Komorowski Fraktionsvorsitzender der PO wird beerdigt. Plan B wird wohl in Kraft treten, nach dem Bronislaw Komorowski für das Präsidentenamt kandidieren wird.

Aktualisierung 13.10.2009 18.30 Uhr

Premierminister Donald Tusk hat nun nicht länger auf die Stellungnahme des Präsidenten Lech Kaczynski warten wollen und hat Mariusz Kamninski entlassen. Neuer Chef der Antikorruptionsbehörde ist nun Pawe? Wojtunik, der ehemalige Chef des zentralen Ermittlunsgbüros. Das berichten newsweek.pl und Polsat News.

Neu Minister werden Adam Giersz, Krzysztof Kwiatkowski  und Jerzy Miller, wie Das Polen Magazin bereits gestern im Twitter berichtete. Adam Giersz wird neuer Sportminister, Krzysztof Kwiatkowski Justizminister und Jerzy Miller Innenminister Polens.

Der Sejmmarschall und Vizevorsitzender der PO Bronislaw Komorowski gibt inzwischen auf seiner Webseite bekannt, dass er nicht für das Amt des Präsidenten kandidieren wird, in der PO sei der Vorsitzende auch der selbstverständliche Kandidat. Alle anderslautenden Spekaulationen würden nur der PO und einer eventuellen Kandidatur von Donald Tusk schaden.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".