Polens EU-Ratspräsidentschaft ist beendet. Eine Bilanz

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EU-Ratspräsidentschaft PolenDer Jahreswechsel brachte auch das Ende der polnischen EU-Ratspräsidentschaft mit sich, Dänemark übernahm den EU-Vorsitz turnusgemäß. Die Präsidentschaft fiel in eine für die EU überaus turbulente Zeit, in der eine Hiobsbotschaft die andere jagte, ein Krisenplan dem anderen folgte. Konnte da Polen überhaupt eigene Akzente setzen? Wie sieht die Bilanz des polnischen EU-Ratsvorsitzes aus welcher Eindruck bleibt?

Mit der EU-Schuldenkrise dem Euro in Turbulenzen, dem griechischen Desaster, dem wackelnden Italien, Spanien und Portugal und dem Rechtsruck Ungarns war es ein schwieriges Halbjahr, in dem die EU mit dem Krisenmanagement ausgelastet war. Dazu kam noch der „Arabische Frühling“, der Aufmerksamkeit erforderte.  Polen musste vor allem auf Ereigniss von außen reagieren.Für die geplanten ehrgeizigen polnischen Schwerpunktthemen europäische Verteidigungspolitik und dem Ausbau der östlichen Partnerschaft blieb da nicht viel Raum.

Dennoch fällt die Bilanz positiv aus. Vor allem zeigte sie eins: Polen ist angekommen in der EU, hat seinen Platz gefunden. Polnische Politiker bewegen sich auf dem Brüsseler Parkett inzwischen professionell, sind mit dem Procedere vertraut und in der Lage bei Gipfeltreffen souverän moderierend tätig zu werden. Vor allem aber ist das Polen von heute kompromissfähig, die alte heroische Kampfbereitschaft des „Nizza oder Tod“ der Zeit der Beitrittsverhandlungen und der Kaczynski-Regierung ist vorbei, in der rigoros und ohne Rücksicht auf Verluste polnische Interessen durchgeboxt werden sollten. Das Polen der Ära Tusk hat erkannt, dass man zuweilen das Gesamtwohl der EU voranstellen sollte, von dem letztlich alle Mitglieder profitieren. Diplomatie ist so tatsächlich zu einer Stärke Polens geworden. Das ist in Brüssel durchaus bemerkt worden, dafür erhielt Polen EU-weites Lob. Damit hat Polen in diesem halben Jahr nachgewiesen, dass es eine Führungsrolle in der EU ausfüllen kann und diese nicht nur allein wegen seiner Größe beansprucht. Diese neue Kompetenz zeigte sich auch in Polens Einsatz zur Rettung des Euros und das, obwohl Polen den Euro frühestens 2016 einführen wird. Dank dieses Engagements gelang es, eine Teilung der EU in Euro- und Nichteuroländer zu verhindern. So wird das neue selbstbewusste Polen, das die Poltereien der Beitrittszeit und der Kaczynski-Ära nicht mehr nötig hat weiter moderierend und meinungsbildend im Dialog zwischen Euro- und Nichteruroländern führend beteiligt sein.

Polens Minister für europäische Angelegenheiten Mikolaj Dowgielewicz zeigte sich zufrieden mit der EU-Ratspräsidentschaft seines Landes. Zu den großen Erfolge zähle er die Annahme des Six-Packs und dass es gelang die Erweiterungsidee der EU am Leben zu erhalten, man habe getan, was man konnte, verkündete er auf einer Pressekonferenz in Warschau. Zu den Niederlagen zählte Dowgielewicz  den Verlauf des Gipfeltreffens der östlichen EU-Partnerschaft. Zwar konnte Polen seine Führungskompetenz zeigen, dennoch war das Treffen ein Fiasko. Das aber lag am weißrussischen Boykott und der Haltung des weißrussischen Quasi-Diktators Lukasschenko allen Demokratisierungsbestrebungen entgegen. Vor allem aber die Rückschritte in der weiteren Demokratisierung der Ukraine traf Polen. Nach dem Muster des deutsch-polnischen Tandems im Marathon der Beitrittsverhandlungen mit Polen, wollte nun Polen gern zum Mentor der Ukraine werden. Doch die Verhaftung und Verurteilung von Julia Timoschenko entfernte die Ukraine meilenweit vom für das Jahresende angepeilten EU-Assoziierungsabkommen. Zwar konnte Polen auch dafür nichts, jedoch betrachtete man es als Niederlage, dass der eigene Einfluss und Kredit in der Ukraine nicht zu einem Einlenken des Nachbarlands ausreichte. Nicht eben positiv sieht Dowgielewicz auch die nicht erfolgte Einbeziehung Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum.

Als größten Erfolg aber stellte Dowgielewicz das Festklopfen der künftigen Budgetrichtlinien, die in allen EU-Mitgliedsländer die Staatsverschuldung beschränken sollen. Polen, dass eine Beschränkung der Neuverschuldung in der Verfassung festgeschrieben hat, sei hier beispielgebend. Auch auf der Positivseite stünde der Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien.

In seltener Eintracht sehen auch die von der liberalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza befragten Experten die Bilanz von Polens EU-Ratspräsidentschaft positiv, sowohl was den Inhalt, als auch was den Stil betrifft. So meinte die finnische Ministerpräsidentin Jiyrki Katainen, sie sei sowohl von den Erfolgen der polnischen EU-Ratspräsidentschaft beeindruckt gewesen, als auch vom Stil. Polen habe es geschafft, eine starke Führung mit der Atmosphäre intensiver Arbeit für das Allgemeinwohl zu verbinden, ergänzte Katainen. Professor Alan Mayhew vom Europäischen Institut der Universität Sussex betonte, die gelungene polnische EU-Ratspräsidentschaft, habe Polens Position als Schlüsselentscheidungsträger in der Union gestärkt.

Wie nicht anders zu erwarten, beurteilen die größte polnische Oppositionspartei PiS und ihr Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski der polnischen EU-Ratsvorsitz ganz anders, nämlich das Polen wie ein ein König ohne Königreich agiert habe und die Liste der Erfolge leer sei. Die Berliner Rede von Außenminister Sikorski wurde als Verrat polnischer Interessen betrachtet. Dass Polen einen Beitrag zur Euro-Rettung leisten will und an der Ausgestaltung der Verträge zur Fiskalunion aktiv mitarbeiten will, bezeichnete Kaczynski als Landesverrat, gebe die Regierung Tusk mit der Hoheit über die Staatsfinanzen doch einen Eckpfeiler polnischer Souveränitat auf.

Das polnische Volk hingegen steht mit seiner Meinung klar und deutlich hinter seiner Regierung. Jüngste Umfragen belegen, dass 70 Prozent der Polen die EU-Ratspräsidentschaft des Landes als Erfolg einordnet.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1631 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".