In Polen gehen die Demonstrationen gegen das Abtreibungsverbot weiter, Foto: pixabay.com/CC0
Zu Beginn des Jahres 2021 hatte sich die polnische Regierung dazu entschlossen, ein sehr kontrovers diskutiertes Verfassungsgerichtsurteil umzusetzen. Mit diesem Entschluss ist es praktisch unmöglich, innerhalb des Landes Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. Die Kritik dazu vermehrte sich innerhalb kürzester Zeit – in mehreren Städten des Landes wurden daraufhin sogar Demonstrationen in großem Umfang aufgezogen.
Brennende Fackeln und Regenbogenfahnen
Seit dem 22. Oktober 2020 wartete die Bevölkerung gespannt darauf, ob ein damals verkündetes Urteil des polnischen Verfassungsgerichts nun endgültig seinen Weg in das Amtsblatt der polnischen Republik findet. Seitdem die Urteilsverkündung kürzlich nachgereicht wurde, gilt ein neues Abtreibungsrecht. Proteste und Demonstrationen ließen nicht lange auf sich warten. In der Hauptstadt Warschau waren neben Regenbogenfahnen und Plakaten mit Kriegserklärungen auch brennende Fackeln zu sehen. „Ich will aus Liebe, nicht aus Zwang Kinder haben“ bzw. „Kämpft gegen Viren, nicht gegen Frauen“ lauteten weitere Botschaften, welche die Demonstranten auf ihrem Weg lautstark von sich gaben.
Während der Proteste in den Großstädten wurden auch Aufrufe zum Rücktritt der Regierung laut, die teilweise auch sehr vulgär ausfielen. Die polnische Schriftstellerin Klementyna Suchanow ist Mitglied des Vereins „Allpolnischer Frauenstreik“ und war eine der Personen, die zu jenen Demonstrationen aufrief. Auch sie schoss scharf gegen die Regierung des Landes:“Bisher sprachen wir von einer Hölle für Frauen – aber ab jetzt werden wir von einer Hölle für die Regierung sprechen. Wir werden Euch die Hölle heiß machen!“
Strenge Strafen für illegales Vergehen
Mit diesem Gesetz, welches die zuvor erlaubte Abtreibung im falle schwer fehlgebildeter Föten nun nicht mehr ermöglicht, ändern sich auch die Rahmenbedingungen für die zuständigen Ärzte. Führt ein Mediziner eine illegale Abtreibung durch, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Gegenstimmen kamen diesbezüglich aus der polnischen Opposition. Barbara Nowacka von der Partei „Initiative Polen” sieht Ärzte nun dafür bestraft, wenn sie Frauen und ihre Familien vor einem Trauma bewahren. Adam Bodnar, Polens Ombudsmann für Menschenrechte bezeichnet die Entwicklung als “Drama für alle Frauen”.
Um die Bestätigung bzw. die Auswirkungen jenes Urteils abwenden zu können, kontaktierten Mitglieder der polnischen Linkspartei bereits im November EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Schritte jeder Art gestalten sich allerdings grundsätzlich schwierig, wie auch Hebamme Paula Lang aus Erfahrung in ihrem Beruf lernen konnte. “Aus rechtlicher Sicht besitzt die EU laut Verträgen keine Zuständigkeit für Gesetzeslage von Abtreibungen. Die Entscheidung obliegt den Mitgliedsstaaten – ebenso wie in Deutschland gilt dies auch in Polen”, schildert die “Babywissen”-Autorin die Sachlage. Trotz dieser Sachlage sprach Ursula von der Leyen den Initiatoren Mut zu: “Starke Frauenrechte sind ein Gewinn und eine Errungenschaft für ganz Europa. Daher sind Rückschritte keine Option”.
Kirche und Regierungspartei zeigen sich zufrieden
Trotz der anhaltenden Proteste und Gegenstimmen zu jener Urteilsverkündung, sehen sich ausgewählte Fraktionen jedoch auch als Gewinner. Die katholische Kirche befürwortet den Schritt und erntete dafür gleich eine großräumige Besetzung des Bischofssitzes.
Ebenfalls begeistert ist Jaros?aw Kaczy?ski, Vorsitzender der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Er setzte sich schon lange dafür ein, dass auch schwer behinderte Kinder zur Welt kommen können, um anschließend getauft und beerdigt werden zu können.