Das Festival „Warszawa Singera“ erinnert an jüdisches Leben in Warschau

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Warszawa Singera – Das Warschau Singers

Warszawa Singera – Das Warschau Singers,

Polen entdeckt seit einigen Jahren seine jüdische Vergangenheit neu. Großen Anteil daran haben Kulturfestivals wie das Festiwal „Warszawa Singera“, das 2015 bereits zum 12. Mal in der Hauptstadt Warszawa (Warschau) stattfindet. Nachdenkliches und Fröhliches, Musik, Ausstellungen, Diskussionen und Performances erwarten Besucher vom 22. bis 30. August. Zu den Höhepunkten der diesjährigen Veranstaltung zählt der Auftritt des afroamerikanisch-jüdischen Sängers Joshua Nelson, des „Prinzen des Koscher-Gospels“.

Erinnerung an das jüdische Warschau und seine reiche Kultur
„Jede jüdische Straße Warschaus war eine eigenständige Stadt“, so beschrieb Literaturnobelpreisträger Isaac Bashevis Singer einmal die Erinnerung an den Ort, in dem er aufgewachsen war. Ihm, der dem jüdischen Warschau vor 1939 in seinen Büchern ein eindrucksvolles Denkmal setzte, ist das Festival gewidmet. Im Gedenken an den großen Schriftsteller soll die jüdische Vergangenheit Warschaus, die mit der Vernichtung durch die deutschen Besatzer ein jähes Ende fand, jedes Jahr für kurze Zeit wieder zum Leben erweckt werden.

Musik nimmt einen wichtigen Teil der Veranstaltungstage ein. So geben sich zur offiziellen Eröffnung, die am Abend des 23. August stattfindet, mit Alberto Mizrahi aus den USA sowie David Weinbach und Ushi Blumenberg aus Israel weltbekannte Kantoren die Ehre. Vor der Kulisse der No?yk-Synagoge werden sie vom israelischen Binyamin Choir unter Leitung von Yotam Segal begleitet. Das Programm beginnt aber bereits am 22. August mit Theatervorstellungen, Performances, Diskussionen und Konzerten.

Für das Abschlusskonzert am 30. August hat sich mit Matisyahu ein US-amerikanischer Star angesagt, der eine ungewohnte Mischung auf die Bühne bringt. Er verbindet jüdische Themen mit Reggae, Beatbox- und Dancehall-Elementen und begeistert regelmäßig riesige Hallen auf der ganzen Welt. Unerwartetes bietet bereits zuvor auch das Konzert des Koscher-Gospel-Stars Joshua Nelson in der Allerheiligenkirche. Gemeinsam mit dem polnischen Sienna Gospel Choir präsentiert er dem Publikum am 27. August eine eindrucksvolle Mischung aus Gospel und jüdischer Tradition. Der Sänger und Hebräischlehrer vereint afroamerikanisches und jüdisches Erbe.

Auf die Verbindung „schwarzer“ und jüdischer Musik geht auch das Singer Jazz Festival ein. Insgesamt 13 Konzerte und Sessions finden zeitgleich zu den anderen Veranstaltungen des jüdischen Kulturfestivals statt. Gleich mehrere Konzerte wird der weltbekannte israelische Saxophonist und Flötist Albert Beger bestreiten. Ein besonderes Ereignis verspricht der Auftritt des berühmten Trompeters Paul Brody zu werden. Gemeinsam mit seiner Jazzband Sadawi präsentiert er das Album „Hinter allen Worten“, auf dem die deutsch-amerikanischen Musiker Texte der Lyrikerin Rose Ausländer vertont haben.

Wer tiefer in die jüdische Vergangenheit Warschaus eintauchen möchte, hat dazu am 29. und 30. August die Gelegenheit. Dann verwandelt sich die Gegend um die ul. Prozna und den plac Grzybowski vor dem Jiddischen Theater in eine jüdische Kleinstadt. Ladengeschäfte, Cafés, Marktstände und verschiedene Inszenierungen erwecken die Welt Singers zu neuem Leben. Auch das Redaktionsbüro, in dem der spätere Nobelpreisträger in den 1920er Jahren arbeitete, wird bei der Inszenierung zu sehen sein.

Zusätzlich zu den verschiedenen Veranstaltungen können Besucher an den neun Tagen des Festivals auch an zahlreichen Workshops teilnehmen, vom Jiddisch-Lehrgang über moderne israelische Tanzkurse bis hin zum gemeinsamen Kochen jiddischer Rezepte. Darüber hinaus werden auch thematische Stadtspaziergänge angeboten, wie beispielsweise eine Führung über den Jüdischen Friedhof an der ul. Okopowa mit gemeinsamer Aufräumaktion.

Wer war Isaac Bashevis Singer?

Der Rabbiner-Sohn Isaac Bashevis Singer wurde 1904 als Icek Hersz Zynger in Leoncin. Schon 1908 zog die Familie nach Warschau in die Krochmalna-Straße die das Zentrum der armen Juden war. Dieses Viertel der armen Juden galt damals als größte jiddischsprachige Ansiedlung der Welt. Dort wuchs Singer auf und wurde traditionell jüdisch erzogen.Im Jahr 1917 gingen Singer und sein Bruder mit den Großeltern wegen der kriegsbedingten Schwierigkeiten nach Bilgoraj bei Lublin.Dort lernt er die abgeschiedene Welt der Shtetl kennen, aber auch die Disparität zwischen dem Gott ergebenen Glauben und Leben der Eltern und den sozialen Realitäten. Dabei steht er stark unter dem Einfluss seines Bruders Israel Joshua Singer, der ebenfalls Schriftsteller ist. Im Jahr 1921 geht Singer zurück nach Warschau und nimmt an religiösen Lehrstunden (Seminaren) des Vaters teil.

Entgegen dem Wunsch seiner Familie entschied sich Singer dann doch endgültig gegen den Rabbiner-Beruf und wurde Schriftsteller. Er begann 1923 für das jiddische Literaturmagazin Literarische Blätter zu schreiben. Im Jahr 1933 erschien in Warschau sein erster Roman „Satan in Goraj“, in dem er Erlebnisse im Shtetl von Bilgoraj verarbeitet. Im Jahr 1935 folgt Singer seinem Schriftsteller-Bruder und wandert in die USA aus und beginnt beim „Jewish Daily Standard“ zu schreiben. New York wird zu seiner neuen Heimat, im Jahr 1943 wird er Staatsbürger der Vereinigten Staaten, kurz darauf stribet sein Bruder, den er einmal als geistigen Vater bezeichnete. Fast alle seine WQerke schreibt er in jiddischer Sprache, sie müssen also erst für den amerikanischen Markt ins Englische übersetzt werden, dennoch sind sie auch kommerziell ein Erfolg. Sein bekanntester Übersetzer war der Schriftsteller Saul Bellow. Zu seinen bekanntesten Werken gehörten Die Familie Moschkat, Das Landgut, Eine Kindheit in Warschau, Jakob der Knecht, Die Brüder Aschkenasi. Zwei seiner Werke – „Jentl“ (mit Barbara Streisand) und „Feinde, die Geschichte einer Liebe“ wurden kongenial verfilmt und auch in der Filmversion Welterfolge. Auch seine zahlreichen Kinderbücher wurden weltbekannt. Im Jahr 1978 wird Singer der Literaturnobelpreis zuerkannt. Die Begündung lautete:

„Für seine eindringliche Erzählkunst, die mit ihren Wurzeln in einer polnisch-jüdischen Kulturtradition universale Bedingungen des Menschen lebendig werden lässt“

Isaac Bashevis Singer starb am 24. Juli 1991 in Miami.

Video von Marcin Ko?li?ski sfx.com.pl
Kroke & Anna Maria Jopek , Festival „Warszawa Singera“ 2011:


Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".