Polnische Pflegektäfze in Deutschland, Foto: Pixabay.com/CC0
Dass in Deutschland ein großer Fachkräftemangel im Sektor Alten- und auch Krankenpflege herrscht, ist nichts Neues. Die Kluft zwischen den Berufen innerhalb dieses Sektors wird zunehmend größer, die Suche nach dem passenden Personal immer schwieriger. Viele Pflegeberufe werden hier nach wie vor häufiger mit polnischem Personal besetzt. Denn Fakt ist, dass das Gros der Pflegekräfte nicht nur aus Polen stammt, sondern sich im Sektor Gesundheitspflege und Fürsorge einen Namen gemacht hat.
Was aber motiviert polnische Mitbürger dazu, sich vom Heimatland Polen zu lösen und einen Pflegeberuf in Deutschland auszusuchen und anzunehmen? Welche Hürden gibt es für sie zu meistern und welche Vorteile ergeben sich durch die Anstellung in diesem Berufszweig für Unternehmen in Deutschland selbst? Und warum setzen deutsche Unternehmen wie auch Privathaushalte seit langem, und heutzutage erst recht, aufs polnische Personal in diesem Bereich?
Rund um die Uhr und allzeit bereit?
Man nehme beispielhaft einen Haushalt, in dem eine betagte Person durch verschiedene Erkrankungen einen starken Verlust an Mobilität und geistiger Gesundheit erleidet. Zwar gibt es in Deutschland viele Pflegedienste, doch die 24/7 Pflege rund um die Uhr bedarf auch der intensiven Pflege oftmals in der Nacht. Und hier wird das Angebot an gut ausgebildetem Pflegepersonal schon deutlich dünner und schmaler. Angehörige, vor allem die Kinder, sind aus beruflicher und aus fachlicher Sicht meistens nicht in der Lage, sich adäquat um ihren Angehörigen zu kümmern. Was nun? Auf der Suche nach geeignetem Personal stellen viele Familienangehörige fest, dass sie sich auf einem sehr schwierigen Terrain begeben, wenn sie Ausschau nach hiesigem Personal halten. Hier allein schon wird deutlich sichtbar, wie groß und auch breit aufgestellt das Angebot an polnischen Pflegekräften ist. Selbst im stationären Bereich, in Krankenhäusern, Altenheimen, betreutem Wohnen und auch in der ambulanten Pflege allein, finden sich häufig polnische Pflegekräfte.
Die 24-Stunden-Pflege
Die Vergütung in Polen ist für Pflegekräfte deutlich niedriger als in Deutschland. Dies ist für die meisten Polen ein überzeugendes Argument, um in Deutschland in dieser Branche Fuß fassen zu können. Hinzu kommt auf der anderen Seite, dass die Ausbildung der polnischen Pflegekräfte in Polen selbst schon ausgezeichnet und fundiert ist und diese für Arbeitgeber auf deutscher Seite einfach oftmals auch günstiger sind. Denn selbst bei der Bezahlung mit dem Mindestlohn verdient eine Person im Vergleich zu Polen, besonders bei der 24-Stunden-Pflege, in der Regel fast das Doppelte. Für Arbeitgeber also eine recht Kosten einsparende Art und Weise Fachkräfte ins Boot holen zu können und dennoch gut geschultes Pflegepersonal aus dem Nachbarland ordern und rekrutieren zu können.
Für Familien und Privathaushalte ergibt sich zudem noch ein ganz entscheidender Vorteil: Viele polnische Pflegekräfte sind ganz explizit auf der Suche nach Anstellungen in Privathaushalten für den Einsatz der Rundumbetreuung eines Menschen. Denn hierbei fließen Job und auch die Wohnsituation zusammen und bilden für viele ein sicheres Fundament, auf dem sie später aufbauen können. Für Angehörige ist diese Variante der gesicherten Umsorgung und Pflege einer Person rund um die Uhr ein äußerst beruhigender und auch bezahlbarer Segen. Nicht selten wohnen Angehörige zum Teil weit entfernt vom Elternhaus oder sind aus beruflicher und auch privater Sicht nicht in der Lage, die 24-Stunden-Pflege der Eltern oder eines Elternteils übernehmen zu können. Besonders in diesem Sektor finden sich viele polnische Menschen, die hier ihre Chance für die Zukunft sehen und sich in diesem Metier mit viel Erfahrung bestens auskennen. Diese können sie auch dann einbringen, wenn sie in ihrem Heimatland eine Anstellung in einem Pflegeberuf ergattern wollen. Denn auch hierbei zeigt sich, dass sie mit diesem Hintergrund und den erworbenen Skills deutlich besser dastehen als ihre Kollegen aus dem Heimatland.
Keine sprachlichen Hürden
Polnische Pflegekräfte verfügen noch über einen weiteren Vorteil und auch Grund, warum sie in Deutschland in Pflegeberufen besonders begehrt sind: Sie verfügen meist schon über einen hervorragenden Wortschatz und generell gute deutsche Sprachkenntnisse, da sie in der Regel noch heute in der Schule die Sprache Deutsch erlernen können. Viele Hürden gilt es für Angehörige einer zu pflegenden Person per se schon zu überwinden und zu klären und wenn dann auch noch sprachliche Schwierigkeiten hinzukommen? Dies wäre sicherlich nicht gerade von Vorteil, für alle Beteiligten letztlich.
Kulturelle Ähnlichkeiten
Im Zeitalter des Multikulti wird immer wieder deutlich, wie schwierig es für viele Menschen unterschiedlichster Kulturen ist, sich im neuen Land zurechtfinden zu können. Neben der Sprachbarriere kommen kulturelle Hürden zwangsläufig hinzu und es entstehen nicht selten hierdurch viele Missverständnisse und Problematiken. Die ähnliche, kulturelle Prägung ist also sehr wichtig und dies stellt sich als ein weiterer Vorteil von Pflegekräften aus Polen dar, da sie der deutschen Kultur aus der Vergangenheit schon von je her sehr ähnelt. Auch gibt es viele Verwandte und Familienangehörige polnischer Pflegekräfte, die in Deutschland ihre Wurzeln fassten und sesshaft geworden sind. Dies kann ebenfalls ein Grund mehr sein, warum der Markt im Sektor Pflegepersonal stark von polnischen Menschen dominiert wird. Und: Da das Gros der polnischen Bürger katholisch ist, werden hiesige Feiertage wie Ostern und Weihnachten beispielsweise gleichsam ähnlich gefeiert. Somit entstehen auch keine religiösen Distanzen und/oder Diskrepanzen.
Übrigens: Die 24-Stunden-Pflege wurde in Deutschland in den 90er Jahren entwickelt und eingeführt. Schon zu dieser Zeit wurden viele Pflegekräfte aus Polen engagiert. In der Vergangenheit suchten viele Polen ihr Glück und einen adäquaten Job nebst Zukunft in Deutschland. Besonders zu Zeiten der Industrialisierung dominierte das Ruhrgebiet durch den Kohleabbau stark und viele Polen arbeiteten Jahrzehnte mit deutschen Kollegen unter Tage. Daher tragen noch heute viele Deutsche einen polnischen Nachnamen und können manchmal auf einen großen Verwandtschaftsstamm in Polen zurückblicken. Deutsche Kliniken, Krankenhäuser, wie Altenheime und Wohnbereiche für Betreuung und 24-Stunden-Pflegedienste würden heute nicht über die Runden kommen können und hätten personelle Schwierigkeiten, wenn sie all die Jahre nicht aufs polnische Personal zurückgreifen und setzen könnten. Denn mittlerweile arbeiten schon Generationen in diesen Berufen in Deutschland und Kinder, wie Kindeskinder erlernen im Heimatland den Pflegeberuf, fassen im Nachbarland Fuß und sammeln umfassende Erfahrungen. Denn: Wer die Anstellung in Deutschland bei Bewerbungen im Heimatland vorweisen kann, ist in der Regel klar im Vorteil gegenüber Gleichgesinnten, die diese Auslandserfahrung nicht machen konnten und durften.