Karl Dedecius – Der Lodzermensch ist tot

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Karl Dedecius ist tot Foto: Hystoryk, CC BY 2.5

Karl Dedecius, der im polnischen Lodz geborene Spiritus Rector der Deutsch-polnischen Verständigung ist tot. Er starb am 26. Februar im Alter von 94 Jahren in Frankfurt/Main.

Dedecius war ein begnadeter Übersetzer und hatte großen Anteil daran, dass die polnische Literatur auch in Deutschland bekannt wurde, und das zu einer Zeit als für viele von Deutschen gleich hinter Berlin eine Terra ncognita begann. Er war nicht nur ein begnadeter Übersetzer polnischer Prosa und Lyrik, sondern brachte uns auch die polnische Kultur, die Literatur und die Geisteswelt in unzähligen Essays nahe.

Als das Deutsche Polen-Institut im Jahr 1980 in Darmstadt gegründet wurde, konnte Karl Dedecius als Direktor gewonnen werden und hatte diese Funktion bis 1997 inne. Dedecius gelang es durch Stipendienbeschaffung regelmäßige Begegnungen für Intellektuelle, Journalisten, Verleger und Übersetzer aus beiden Ländern noch zu Zeiten des Kalten Kriegs in Gang zu bringen, und als intellektueller Brückenbauer Vertrauen zu schaffen. Für diese Arbeit wurde er 1990 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet – eine von vielen Auszeichnungen. Auch die Heimatstadt Lodz hat den großen Sohn gewürdigt: Seit dem 19. November 2002 gibt es dort mit dem Gymnasium Nr. 43 eine Dedecius-Schule mit zweisprachigen Schulzweig, die den Namen Karl Dedecius trägt.

Karl Dedecius wurde 1921 in Lodz geboren, der Stadt, in der so lange die drei Kulturen der Juden, Deutschen und Polen friedlich zusammenlebten und sich kulturell gegenseitig bereicherten. Er lebte diese gute Tradition der Toleranz und Akzeptanz. Für diese besondere Weltäufigkeit und Aufgeschlossenheit prägte der Literatur-Nobelpreisträger Wladyslaw Reymont in seinem Lodz-Romanzweiteiler „Das gelobte Land“ (Ziemia obiecana) den Begriff „Der Lodzermensch“, den erst Dedecius dem deutschen Publikum bekannt machte. Unvergessen sind seine grandiosen Übersetzungen des Werks von Stanislaw Jerzy Lec, dem famosen polnischen Aphoristiker. Die Lec-Übersetzungen von Dedecius brachten die Literaturgattung Aphorismus erst einer breiteren deutschen Öffentlichkeit ins Bewusstsein.

Dedecius entwickelte ein ganz besonderes Talent zur Übersetzung, die eine so gelungene Übertragung war, dass der Text für deutsche Leser nicht nur verständlich war, sondern ihn in die Lage versetzte, die Gedanken- und Lebenswert des polnischen Dichters zu entdecken und mitzuerleben. So verschaffte er auch Polens Lyrikergrößen der Neuzeit Zbigniew Herbert, Wislawa Szymborska, Tadeusz Rozewicz und Czeslaw Milosz zu einem erfreulichen Bekanntheitsgrad in Deutschland.

Seit 2003 verleihen das Deutsche Polen-Institut und die Robert Bosch Stiftung gemeinsam den Karl-Dedecius-Preis jeweils für polnische Übersetzer deutscher Literatur und deutsche Übersetzer polnischer Literatur.

Der Kanon der polnischen Literatur, die 50-bändige „Polnische Bibliothek“, und das siebenbändige „Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts“ bleiben seine Hauptwerke und ein zeitloses Vermächtnis.

Besser und treffender als Richard von Weizsäcker in seinen Erinnerungen „Vier Zeiten. Erinnerungen“ kann man Karl Dedecius nicht würdigen:

„Er, der in seinem Rang als Nachdichter und Übersetzer seinesgleichen sucht, hat uns eine fast vollständige Bibliothek der reichen polnischen Literatur in deutscher Sprache geschaffen.“

Foto: Karl Dedecius ist tot,Autor: Hystoryk, CC BY 2.5

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".