Obama sorgt für Welle der Empörung in Polen

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Obamas Fehler: polnische TodeslagerDas politische Polen betrachtet sich gern als besten und treuesten Freund und Verbündeten der USA in Europa. Dieses Bild droht nun beträchtliche Kratzer zu bekommen durch US-Präsident Obamas verbale Fehhleistung.

Kaum enden wollte die Empörung der Polen über die Äußerung Obamas, der Nazi-Vernichtungslager wie Auschwitz, Treblinka, Majdanek und Sobobor „polnische Todeslager” nannte. Der unglückselige Satz fiel am 29. Mai bei der posthumen Verleihung der amerikanischen Freiheitsmedaille an den polnischen Widerstandskämpfer Jan Karski. Die Auszeichnung nahm stellvertretend Ex-Außenminister Adam Rotfeld entgegen, dessen Eltern im Holocaust ermordet wurden.

Jan Karski, der in der Uniform der ukrainischen Miliz in ein Lager eingeschleust worden war, hatte ab 1942 sowohl die polnische Exilregierung in London, als auch die britische sowie amerikanische Regierung vom industriell betriebenen Massenmord unterrichtet.

Tagelang bestimmte nun das Thema die Nachrichtensendungen und Medienschlagzeilen, viele Polen, mit den man ins Gespräch kam, zeigten sich betroffen, manche verbittert. Die Aufregung in der polnischen Öffentlichkeit und in der Politikszene war beträchtlich. Besonders enttäuscht zeigte man sich darüber, dass die Aufklärungsarbeit der Kosciuszki-Stiftung und des polnischen Außenministeriums, die seit Jahren gegen derartige Formulierungen in westlichen Medien kämpfenzwar in amerikanischen Redaktionen fruchtet, nicht aber im Weißen Haus. Seit einiger Zeit nämlich haben „The New York Times” und “The Wall Street Journal” sowie die Nachrichtenagentur Associated Press ihren Redaktionen Entsprechendes in die Richtlinien geschrieben.

In vielen Zeitungskommentaren und Stellungnahmen zeigte Polen sich entsetzt über den Mangel an Wissen über Europa allgemein und den Zweiten Weltkrieg sowie den Holocaust im Besondern, aber auch die Wirkung eines solchen Satzes auf die Opfer, ihre Nachkommen und polnische Empfindlichkeiten bei diesem Thema. Viele Kommentatoren sehen nun ein Aufwachen in Polen, ein Bröckeln der übergroßen Amerikaliebe und ein plötzliches Verständnis anderer Europäer, die schon lange mangelnde Kenntnisse über Europa, die neuen EU-Länder und geschichtliche Zusammenhänge monieren. In Obama hatte man einen neuen, smarten und gut gebildeten Politiker gesehen und fragt sich nun, wie ausgerechnet ihm diser „Lapsus” hatte passieren können, zumal in seinem Bundesstaat Illinois über 1 Million polnischstämmige US-Amerikaner leben.

Außenminister Radoslaw Sikorski sah die Formulierung Obamas als skandalösen Fehler und erklärte im Internet, es sei schade, dass eine wichtige Zeremonie von so viel Inkompetenz überschattet wurde und forderte die amerikanische Seite zu einer schnellen und entschiedenen Richtigstellung auf. Ex-Präsident und Solidarnosc-Ikone Lech Walesa meinte, Obama verwechsle offenbar Täter mit Opfern.

Solche Worte könne man in Polen nicht akzeptieren, erklärte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwoch. Polen habe wie kein anderes Land in Europa unter dem Nationalsozialismus und der deutschen Besetzung gelitten. Das sei, als gäbe es keine Verantwortung Deutschlands oder Hitlers, fügte Tusk an.

Staatspräsident Bronislaw Komorowski schrieb einen Protestbrief an Obama, Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski forderte eine Entschuldigung von Obama, denn das polnische Volk sei beleidigt worden.

Das Weiße Haus in Washington gab einen Tag nach der Unglücksformulierung eine Erklärung heraus, in der Regierungssprecher Jay Carney mitteilte, Obama habe sich „versprochen“ und die Nazi-Todeslager im von Deutschland besetzten Polen gemeint, was man bedauere. In einem Brief an den polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski hatte der US-Präsident auch persönlich sein Bedauern über diesen „ ungewollten Fehler” erklärt.

Das beruhigte Polen nicht, war diese Reaktion des Weißen Hauses doch nicht das, was Politik und bürger erwartet hatten. Der Minister der Präsidialkanzlei Jaromir Sokolowski nannte Obamas Brief Obamas zwar eine wichtige und notwendige Geste, die Kritik aber überwog. Man meinte, wenn Obama schon vor laufenden Kameras und der Weltöffentlichkeit diesen Fehler gemacht habe, sollte er sich auch dort dafür entschuldigen. So sieht es auch Sejmmarschallin Ewa Kopacz, die äußerte, Obama solle sich zumindest nicht nur beim polnischen Präsidenten, sondern explizit auch beim polnischen Volk entschuldigen. Sie sei überrascht, dass ein Politiker dieses Formats eine solche Form der Entschuldigung wähle, fügte sie an. PiS-Sprecher Adam Hofman erklärte, die Entschuldigung solle in derselben Form stattfinden, wie der Fehler. Millionen haben die falsche Formulierung gehört, Millionen sollen nun auch erfahren, dass es eine falsche Feststellung sei, meinte er.

Eine wirkliche Entschuldigung der amerikanischen Seite gab es also nicht, nur eine Korrektur. Der „Versprecher” wirft kein gutes Licht auf das historische Bewußtsein der amerikanischen Elite, denn Obamas Rede ist durch einige Hände „kompetenter” Berater gegangen, bevor sie gehalten wurde, niemandem war er aufgefallen. Die Reduktion von „deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden” zu „polnischen Vernichtungslagern” ist historisch völlig inakzeptabel und eine Vehöhnung von Millonen Opfern, die so plötzlich zu Tätern werden. Eine briefliche Antwort auf den Protest seines polnischen Amtskollegen Komorowski ist das Mindeste, aber eben auch nicht mehr. Größe hätte Obama mit einer öffentlichen Erklärung vor laufenden Fernsehkameras gezeigt, die obendrein solchen unangemessenen Formulierungen noch am ehesten den Garaus hätte machen können.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1613 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".