Ewa Kopacz, die neue Regierungschefin Polens braucht dringend Erfolge, denn 2015 ist Wahljahr in Polen. Ein Sieg bei der Präsidentenwahl im Sommer ist wegen der guten Umfragewerte für Präsident Komorowski noch wahrscheinlich, ein Sieg bei der Parlamentswahl im Oktober hingegen keinesfalls ein Selbstgänger für die regierende Bürgerplattform PO.
So nehmen auch Polens Medien die neue Regierungschefin und ihr Tun nach der 100-Tage-Schonfrist bilanzierend unter die Lupe. Und diese Bilanz hält sich bestenfalls die Waage und weicht der Ernüchterung. Die eine oder andere Peinlichkeit fällt da noch am ehesten unter die Rubrik Welpenschutz, und wird eher augenzwinkernd bespöttelt.
Ein schwerer innenpolitischer Schlag zur Unzeit für Kopacz aber war das Chaos der Kommunalwahl, für das sie selbst weniger verantwortlich war. Die Probleme mit der gehackten, völlig untauglichen Software bei der Stimmenauszählung und die unübersichtlichen Wahlzettel, die zu einer großen Zahl ungültiger Stimmen führten, fielen auf die regierende Bürgerplattform zurück, deren Vorsitzende Kopacz ist. Positiv bewertet wurden ihr Verhandlungsgeschick beim Ärtztestreik Anfang Januar und die Mittelerhöhung für die polnische Armee angesichts der Ukrainekrise. Ein Plus erhält Kopacz auch dafür, dass sie endlich den längst überfälligen Strukturwandel im Kohlebergbau angeht.
Auf dem außenpolitischen Parkett hingegen haben weder der neue Außenminister Grzegorz Schetyna noch die neue Premierministerin Ewa Kopacz irgendwelche Erfahrungen. Da passiert es dann, dass sie trotz einer ausgesprochen freundschaftlich-hilfsbereit aufgelegten Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Antrittsbesuch in Berlin unbeholfen wirkt. Doch schwerwiegender ist es, dass weder Kopacz noch Schetyna irgendwelche Kontakte in Brüssel haben. Die außenpolitische Unerfahrenheit von Kopacz hätte der außenpolitisch und in der EU bestens vernetzte Ex-Außenminister Radoslaw Sikorski auffangen können. Zwar hatte sich Sikorski seine Demontage letztlich selbst zuzuschreiben, doch könnte sich dessen Kaltstellung auf dem Posten des Parlamentspräsidenten zwar als moralisch richtig, politisch aber als Fehler erweisen. Polens bisherige starke Rolle in der Achse Frankreich-Deutschland-Polen könnte darunter leiden.
Exemplarisch sichtbar wurde das beim Trauermarsch für die Opfer der Anschläge in Paris vom Sonntag, den 11. Januar. Auf EU-Ebene nämlich repräsentiert noch immer – oder mehr denn je – der jetzige EU-Ratsvorsitzende und polnische Ex-Premier Donald Tusk sein Heimatland Polen.
Die Reihe der Regierungschefs führte – zumindest symbolisch beim Fototermin – den Trauerzug untergehakt an, in der Mitte der französische Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Donald Tusk – Premierministerin Ewa Kopacz war irgendwo am äußersten Rand zu finden.