Polen: Wollte Jaruzelski doch den Einmarsch der Sowjetunion?

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JaruzelskiEin Dokumentenfund bringt womöglich Licht in die Vorgänge in Polen kurz vor Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 durch den damaligen Ministerpräsidenten General Wojciech Jaruzelski. Sah dieser sich kürzlich noch als der Gorbatschow Polens, scheint nun das Gegenteil bewiesen.

Das Institut des Nationalen Gedenkens IPN wird in seinem neuesten Bulletin ein Dokument abgedruckt, dass beweisen soll, wie General Jaruzelski selbst Moskau um ein militärisches Intervenieren gebeten hat. Wie der Historiker Antoni Dudek vom IPN feststellte, sei dies der Beweis dafür, das Jaruzelski, der derzeit wegen seiner Verantwortung an den Verbrechen während des Kriegsrechts vor einem Warschauer Gericht steht, die Unwahrheit gesagt habe. Immer wieder hatte Jaruzelski behauptet, ohne die Verhängung des Kriegsrechts durch ihn am 13. Dezember 1981 habe die sowjetische Intervention und der Einmarsch der Roten Armee gedroht, er habe gar keine Wahl gehabt und nur versucht das Schlimmste zu verhindern.

Bei dem von der IPN vorgelegte Dokument handelt es sich um eine Gesprächsnotiz, die Viktor Anoschkin angefertigt hatte, der damals Assistent des sowjetischen Generals Viktor Kulikow war, eines der höchsten Befehlshabers der Roten Armee. Demnach hat sich Jaruzelski am Abend des 9. Dezember 1981 mit der Bitte um Hilfe und Intervention an Kulikow gewandt. Wenn die Unruhen sich ausweiten und die Arbeiter aus den Betrieben auf die Straße gehen und die Partei angreifen, dann müsst ihr uns helfen, das schaffen wir nicht allein, soll Jaruzelski zu Kulikov gesagt haben.

Wie AntoninDudek vom IPN mutmaßt, sollte diese Bitte um militärischen Beistand von Kulikow an Juri Andropow, den damaligen KGB-Chef weitergeleitet werden. Die Sowjetunion habe damals nur aus Angst vor einer möglichen Reaktion der USA nichts unternommen, schätzt Dudek die damalige Lage ein.

Das Dokument ist Jaruzelski inzwischen vorgelegt worden, der die neuen Beweise des IPN als Fälschung abtat.. Die Tageszeitung Rzeczpospolita zitiert ihn mit der Bemerkung, General Kulikow habe schon immer eine militärische Intervention der Sowjets in Polen befürwortet. Wenn so eine Person auch noch aus Polen um Hilfe gebeten worden wäre, hätte er es doch getan. Das sei doch der beste Beweis, dass die ganze Sache eine Lüge sei.

Sollte sich das Dokument als echt erweisen, hätte das gravierende Folgen für den 86jährigen Ex-Staatschef Polens, dem dann neben dem derzeit laufenden Verfahren sogar ein Prozess wegen Landesverrats drohen könnte. Ex-Präsident Lech Walesa forderte – wenn sich die Echtheit des Dokuments herausstellen würde – General Jaruzelski vor das Staatstribunal zu stellen.

Während des Kriegsrechts war die im August 1980 nach dem Streik auf der Danziger Leninwerft zugelassene freie Gewerkschaft Solidarnosc verboten worden, die Opposition wurde zerschlagen, Tausende Solidarnosc-Anhänger verhaftet, es gab Tote, Misshandlungen und andere Verbrechen.

In der Vergangenheit ist die wissenschaftliche Seriosität des IPN mehrfach ins Zwielicht geraten. Die Führung des IPN steht der rechten Partei Recht und Gerechtigkeit PiS der Brüder Kaczynski nahe.

Hier gibt es den Artikel von Antoni Dudek im Bulletin des IPN mit dem Text des Dokuments als kostenloses PDF:
http://slimak.onet.pl/_m/TVN/dudek.pdf

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".