Als der polnische Großkanzler Jan Zamoyski sich beim Italiener Bernardo Morando Ende des 16. Jahrhunderts meldete, zögerte dieser nicht lange. Es war kein x-beliebiges Palais, was der italienische Star-Architekt der Renaissance da bauen sollte – gleich eine ganze Stadt sollte es werden. Er entwarf eine Stadt auf dem Reißbrett – die erste in Polen – und ließ sie mitten in den Weiten des polnischen Südostens bauen. Ganz im Renaissancestil wurde sie erbaut und entsprach völlig dem damaligen Ideal einer Stadt. Heraus kam dabei das „Padua des Ostens“, eine Stadt nach italienischem Vorbild und auf der Höhe der Zeit. Umgeben war die Renaissancestadt zunächst von einem Verteidigungswall mit Graben, der bald zu einer mächtigen Verteidigungsanlage mit Mauern, sieben Bastionen sowie je drei alten und neuen Stadttoren ausgebaut wurde. Weder die Kosaken noch die Schweden konnten diesem Bollwerk etwas anhaben.
Andere Adelige ließen sich ein Schloss bauen, nicht so Zamoyski, der machte sich seinen Traum von der idealen Stadt als Familienwohnsitz wahr. Nach der Gründung der Stadt am 10. April 1580 entstand binnen weniger Jahrzehnte ein wahres Kleinod, denn zur damaligen Blütezeit der Adelsmacht unter König Stefan Batory standen fast unbeschränkte Mittel zur Verfügung.
Es dauerte nicht lange und Zamosc wurde eine blühende Stadt, denn es lag im Schnittpunkt er alten Salz- und Bernsteinstraßen direkt am Handelsweg, der bis zum Schwarzen Meer führte. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich in Zamosc auch armenische, griechische, jüdische und auch deutsche Händler niederließen. Besonders die Häuser armenischer Kaufleute geben mit ihren reich verzierten Giebelfassaden noch heute Zeugnis vom Wohlstand der Stadt und ihrer kulturellen Vielfalt.
Nun gibt es durchaus noch andere Renaissancestädte in Europa, doch diese, nach ihrem Gründer Zamosc genannte Stadt ist mehr als ein Beispiel italienischer Renaissancebaukunst. Was diese Stadt so einmalig macht, ist die harmonische Integration östlicher und südlicher Elemente, die von den sich ansiedelnden Händlern mitgebracht wurden.
Zentrum der Altstadt ist der Große Markt / Rynek Wielki , um den zahlreiche Straßen und Gassen schachbrettartig angelegt sind. Weithin sichtbar dominiert das um 1600 erbaute Rathaus mit seinem gut 50 Meter hohen Uhrenturm den Platz. Außergewöhnlich ist sie weit ausladende und geschwungene 1768 fertig gestellte Freitreppe, die das Rathaus immer wieder zur gefragten Filmkulisse werden lässt, auch Theateraufführungen und Konzerte finden hier statt.
Der exakt quadratische große Markt ist berühmt für die ihn umstehenden prächtigen Bürgerhäuser mit ihren reich verzierten bunten Fassaden und den sehr italienisch anmutenden Laubengängen – Zamosc, Stadt der Arkaden ist einer der vielen Beinamen der Stadt.
In den prächtigen armenischen Patrizierhäusern am Großen Markt ist heute das Museum zur Stadtgeschichte untergebracht. Im Haus Nummer 37 an der Staszica-Straße wurde 1870 Rosa Luxemburg als Tochter eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns geboren.
Der große Markt ist auch Schnittpunkt der beiden Magistralen der Stadt, deren eine den Zamoyski-Palast mit der Bastion VII verbindet. Die andere verbindet die beiden andern Maktplätze der Stadt, den Wassermarkt / Rynek Wodny und den Salzmarkt / Rynek Solny miteinander.
Die kulturhistorischen Highlights der 50 000 – Einwohner – Stadt lassen sich problemlos zu Fuß vom Großen Markt aus erreichen. Bedeutendstes Bauwerk der Stadt ist die dreischiffige Stiftskirche St. Thomas , die von Bernardo Morando entworfen wurde und 1598 fertig wurde. Sie ist berühmt für den Hochaltar mit seinem Gemälde vom „Ungläubigen Thomas“, das Domenico Tintoretto zugeschrieben wird. Hier befindet sich auch die Familien-Krypta der Zamoyskis.
Zamosc nannte schon bald nach Baubeginn weitere Gotteshäuser sein eigen, neben mehreren katholischen Kirchen gab es schon im 17. Jahrhundert eine armenische sowie eine griechisch-orthodoxe Kirche sowie eine Synagoge. Wer Zeit hat sollte sich noch die Nikolaikirche und Franziskanerkirche besichtigen und die 1831 in ein Militärlazarett umgewandelte schon 1585 erbaute Residenz der Zamoyskis. Auch die Gegend um den Wasser- und den Salzplatz sollte man sich anschauen.
Zu einem Stadtrundgang gehören sollten auch die Reste der 1866 geschliffenen Festungsanlagen. Dort stehen noch das Lemberger, das Lubliner und das Szczebrzeszyner Tor, sowie einige Befestigungsanlagen aus dem 19. Jahrhundert.
Zu traurigem Ruhm gelangte im 2. Weltkrieg die Rotunde , ein 1831 erbautes Pulverhaus im Süden der Stadt. Dort wurden 8000 Menschen aus Zamosc und Umgebung von der deutschen Besatzungsmacht ermordet, weitere Zehntausende wurden deportiert, unter ihnen 45 000 Kinder aus der Region, die wenigsten überlebten. In der Rotunde befindet sich heute das Museum der Märtyrer von Zamosc, die über dieses dunkle Kapitel der Geschichte informiert.
War der Holocaust das Ende des multikulturellen Zamosc, blieb die Stadt weitgehend unzerstört. In Himmlerstadt umbenannt sollte Zamosc nach dem Willen der Nazis als Germanisierungszentrum dienen und wurde anders als viele seiner Bürger verschont.
Die UNESCO setzte Zamosc 1992 auf die Weltkulturerbe-Liste.
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