Ausgebremst: Polens Ministerpräsidentin stoppt ehrgeizigere EU-Klimaziele

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Kohlekraftwerk in Betrieb, Foto: Gabinho, CC BY 3.0

Nein, gescheitert sind die EU-Pläne zur weiteren Reduktion der CO2-Emissionen nicht, „nur“ einmal mehr abgebremst. Das war voraussehbar, hatte Polens neue Regierungschefin Ewa Kopacz doch bereits beim Antrittsbesuch in Berlin deutlich gemacht, dass mit ihr Lösungen, bei denen in Polen die Energiepreise steigen würden in keinem Fall zu machen sein. Damit hatte sie sich weit aus dem Fenster gelehnt und das Tor für einen Kompromiss nur einen Spalt breit offen gelassen. Die Forderungen waren darauf ausgerichtet, wie die Performance in Polen selbst ankommt, und im Grunde nichts weiter als der erste Kampf ums politische Überleben von Polens neuer Regierungschefin. Der Pflock ist eingeschlagen, sie hat nun erst einmal die Position einer eisernen Lady vom Schlage einer Maggy Thatcher eingenommen.

Der Kompromiss beim EU-Klimagipfel

Was bei den Verhandlungen herauskam, war ein je nach Standpunkt mehr oder weniger windelweicher Kompromiss, den der scheidende EU-Gipfelchef Herman van Rompuy am Freitag zu verkünden hatte: Im Vergleich zu den Werten des Jahres 1990 soll der Ausstoß des Treibhausgases CO2 bis 2030 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden, der Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne soll ebenfalls bis 2030 auf mindestens 27 Prozent steigen – verbindlich jedoch ist das nicht. Denn liegt hier die Hintertür: Die EU insgesamt will mindestens 27% erreichen, nicht jedes einzelne Land. Es wird Länder geben wie Deutschland, die diese Marke locker übertreffen werden. Von der Differenz können Länder wie Polen profitieren, dessen eigene Energieerzeugung zu 90% durch Kohlekraftwerke gesichert wird.

Besonders auf Druck Polens und Großbritanniens ist die Zielformulierung für das Energiesparen und die Energieeffizienz von 30 auf 27% heruntergeschraubt worden. Der Widerstand gegen die 30% hatte sich erwartungsgemäß um Ewa Kopacz geschart, die beherzt Führungsqualitäten bei den zähen Verhandlungen bewies.

Zugunsten der ärmeren EU-Mitgliedsstaaten wird es zusätzlich einen Topf für Hilfen geben, der aus dem Handel mit Verschmutzungsrechten gespeist wird, berichtet die polnische Nachrichtenagentur PAP. Finanziert werden sollen damit Modernisierungen veralteter Energieanlangen und Kraftwerke.

Meinungen in Polen zum Klimakompromiss

Dass es im Land am Bewusstsein fehlt, wie sich heutige Klimasünden in der Zukunft auswirken wird, zeigt der Kommentar des Vize-Außenministers Rafa? Trzaskowsk in der Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Dort sagt er in einem Interview mit Tomasz Bielecki, dass der Durchschnittspolen nicht über den Klimawandel nachdenke, nicht einmal im Traum wenn er schlafe. Die Schweden täten das, er aber wäre froh, wenn Polen in 20 Jahren ein ebenso reiches, sicheres Land wäre, in dem das CO2 das einzige Problem seiner Landsleute sei.

Es gibt in Polens Medien auch nachdenklichere Stimmen. Ein großer Erfolg für Ewa Kopacz urteilen die einen, eine Entscheidung, die Polen ins Abseits befördert, sagen die anderen, schreibt Witold Glowacki in der Tageszeitung Polska Times. Er vertritt die Meinung, Polens Verbraucher würden nun keine großen Energiekostenerhöhungen fürchten müssen, jedoch seien 15 Jahre im Bereich neuer Technologien eine ganze Epoche. Da Polen wieder einmal nicht gezwungen sei, in moderne Technologien zu investieren, werde man 2030 hoffnungslos den Anschluss im Bereich erneuerbarer und umweltfreundlicher Energien verloren haben, das sei das Ende einer nachhaltigen Umweltpolitik . Die von der Kohlenlobby propagierte goldene Freiheit des Kohlen-Polen wäre aber nicht ewig. Mit der Herrlichkeit billiger Kohle nämlich sei es nicht weit her. Nach einem Report des Obersten Rechnungshofs NIK aus dem Jahr 2011 würden die Kohlenvorräte in Oberschlesien nur noch bis zum Jahr 2035 reichen, erklärt Glowacki.

Tatsächlich könnte Polen durch den bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag herausgeschobenen Strukturwandel im Kohlegebiet ins Hintertreffen kommen, statt heute, wo dafür flankierende EU-Mittel zur Verfügung stünden, endlich damit zu beginnen. Das ist schmerzhaft, aber unumgänglich und nichts anderes, als fair gegenüber den kommenden Generationen.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".