Papst Franziskus und der Weltjugendtag in Polen, Foto: Casa Rosada, CC-AR-Presidency, CC-BY-SA-2.0
Der Weltjugendtag 2016 ist Geschichte. Das Wichtigste in der Bilanz zuerst: Es war ein friedliches Mega-Event, so, wie man es sich gewünscht hatte. Ein paar Tage ohne Terrorwarnungen und Diskussionen, das ist in diesem Sommer schon fast mehr, als man erhoffen kann. Insofern also war das Großereignis ein Gewinn für Staat und Regierung – man hat bewiesen, dass man es organisatorisch in Perfektion drauf hat. Auch für die Sicherheit des Papstes und der mehr als eine Million Besucher war gesorgt – keine Anschlagdrohungen, keine Attacken.
Dennoch, es war für Papst Franziskus ein schwieriger erster Besuch in einem Land, bei dem sowohl der Episkopat als auch die Regierung und deren Anhänger ihm die kalte Schulter zeigten. Er ist ganz offensichtlich nicht ihr Papst. Zu viel steht zwischen ihnen.
Der Papst und die Jugend
Am leichtesten hatte es Franziskus mit den jungen Pilgern, die um des Glaubensfestes und des Gemeinschaftserlebens gekommen waren. Sie beteten und feierten bunt aus 186 Nationen gemischt, zogen voll Freude durch die Straßen und feierten in der Altstadt. Die offenen Kirchen der Stadt Krakau sowie der Campus der Barmherzigkeit wurden zu kulturellen und spirituellen Begegnungsstätten. Der Papst ermunterte die Jugendlichen zum Feiern, viel Spaß zu haben und die Nacht über zu lärmen. Runter vom Sofa sollten sie kommen.
Seine Idee einer bescheidenen Kirche voller Barmherzigkeit, immer nahe denen die arm, unfrei und verfolgt, von Krieg bedroht und ohne Lebensgrundlage sind spricht gerade junge Menschen an.
Der Papst, Polen und der polnische Episkopat
Es war kaum zu übersehen, dass der polnische Episkopat den fünftägigen Papstbesuch im Land eher fürchtete, als freudig begrüßte. Weltjugendtag ja, aber vom Papstbesuch war von den Kanzeln nicht viel zu hören. Zwar gab es einen Hirtenbrief, der am 3. Juli mit der Verkündung des Weltjugendtags in den Kirchen Polens verlesen wurde. Erwähnt wurde Franziskus darin nur am Rande, der Hl. Papst Johannes Paul II. hingegen gleich drei Mal. So titelte die Gazeta Wyborcza in ihrem Internetauftritt dann „Der Papst, ein ungebetener Gast“.
Die polnische katholische Kirche und der Episkopat zeigen sich Lichtjahre entfernt von den vergleichsweise liberalen Positionen des Papstes und sind fast durchgehend eins mit den Überzeugungen der nationalkatholischen Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit. Widerspruch regt sich vor allem gegen den Vorrang der Barmherzigkeit und Nächstenliebe, wenn es um die Flüchtlinge geht.
Barmherzigkeit lässt sich für den Papst nicht im Rahmen der eigenen Nation definieren, sondern hat so allumfassend zu sein, wie es Jesus lehrte. Da kann es dem Pontifex nicht gefallen, dass die Kirche in Polen zum Wahlkampfmotor wurde und ein homogenes Polen anstrebt in dem die uralte Gleichung wieder gilt, dass ein wahrhafter Pole ein guter Katholik sein muss.
So ignoriert der polnische Klerus vom Episkopat bis hinunter zum Gemeindepfarrer die Papst-Forderung nach Barmherzigkeit, die Menschen nicht wegen ihrer Herkunft und Religion ausgrenzt, sondern die Türen für die Flüchtlinge öffnet. Entsprechende Botschaften werden nicht verkündet. Die Haltung des eigenen Papstes wird als fremdartig und falsch für Polen betrachtet.
Was beim Treffen mit dem polnischen Episkopat besprochen wurde, wird nicht bekannt gegeben. Eigentlich hätte der Papst seinen Mitbrüdern dort verkünden müssen, dass sie selbst sich außerhalb der katholischen Kirche bewegen und sie zur Umkehr auf einen Weg der Barmherzigkeit und Nächstenliebe zu drängen.
Der Papst und die PiS-Regierung
Es beginnt mit der Fremdheit dieses Papstes aus Argentinien, der Bescheidenheit nicht nur predigt, sondern auch lebt und für den der allgegenwärtige Johannes Paul II. längst Nationalheiliger ist. Und dann ist da seine unbequeme Forderung, die Türen Polens für die Flüchtlinge zu öffnen.
Auch an so manchen kleinen Gesten und Zeichen für die Fremdheit. So ging Papst Franziskus nicht auf dem roten Teppich wie Polens Präsident Andrzej Duda, sondern rechts daneben – was natürlich offiziell durch die Sturzgefahr begründet wurde. Da war der Auftritt in Auschwitz, der in seiner Stille keinen Auftritt der Regierenden zuließ, ein Händedruck mit Ministerpräsidentin Beaty Szydlo – keine Ansprachen nur ein gemeinsames Gebet mit dem polnischen Oberrabbiner Michael Schudrich. Was bisher nicht offiziell bestätigt wurde, war, dass der Papst einen Besuch in der Wawel-Krypta am Sarg des 2010 tödlich verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski verweigerte, dem Zwillingsbruder des PiS-Parteichefs Jaroslaw Kaczynski.
Am ersten Tag seines Besuches hat Franziskus bei einem Treffen mit Präsident Andrzej Duda und Regierungschefin Beata Szydlo in der historischen Königsresidenz Krakaus die polnische Regierung noch einmal zur Aufnahme von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens aufgerufen, denn die Bereitschaft zur Aufnahme derer, die vor Krieg und Hunger fliehen, sei unbedingt notwendig. Alle Diejenigen, die man ihrer Grundrechte beraubt habe oder denen man das Recht versage, sich in Freiheit und Sicherheit zum eigenen Glauben zu bekennen, benötigten die Solidarität aller Menschen, ganz besonders die der Christen, sagte der Pontifex dort..
Das Phänomen der Flüchtlinge und der Migration generell benötige ein Mehr an Weisheit und Barmherzigkeit, um Ängste – auch die eigenen – zu überwinden. Dazu sei eine stärkere länderübergreifende Zusammenarbeit zur Lösung jener Konflikte wichtig, die die eigentlichen Fluchtursachen sind, mahnte Papst Franziskus. Dezent erwähnte der Pontifex auch die Migration von rund zwei Millionen Polen in den letzten Jahren. Die Ursachen dafür müssten erforscht werden und die Rückkehr ermöglicht werden. Auch die frühere großzügige Hilfe und Aufnahme verfolgter Polen in vielen anderen Ländern ließ Franziskus nicht unerwähnt.
Ministerpräsidentin Beata Szydlo ließ sich vom Appell des Papstes Flüchtlinge aufzunehmen, in ihren Ansichten nicht erschüttern: Diejenigen, die Polen immer kritisierten würden nun sagen, der Papst sei in Krakau gewesen und habe Polen belehrt. Andere hingegen erwähnen, dass Polen Ukrainer aufgenommen habe.