Polen: 500 Tage vor der Fußball-Europameisterschaft 2012

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EM 2012

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Rund 500 Tage sind es noch bis zum Beginn der Fußballeuropameisterschaft in Polen und der Ukraine. Sind die Probleme in der Ukraine unübersehbar, wird seitens der polnischen Regierung immer wieder beschwichtigt, man sei voll im Plan, alles sei auf einem guten Weg.

Das sieht man in den polnischen Medien anders. So kommt in der Zeitung Polska/ Times der legendäre polnische Ex-Nationaltorwart Jan Tomaszewski mit sehr kritischen Tönen zu Wort. Ein großes Problem sieht Tomaszewski in der mangelhaften Infrastruktur, denn längst nicht alle vollmundig angekündigten neuen Straßen und Zugverbindungen zu den schicken neuen Stadien an den Speilorten würden auch entstehen. Tomaszewski beschreibt sehr plastisch das seiner Meinung nach entstehende Verkehrschaos, wenn die Fans während der EM ihren Mannschaften von Spielort zu Spielort nachreisen würden, und sieht Ärger vorprogrammiert. Einen Schuldigen hat Tomaszewski auch ausgemacht: den Infrastrukturminister, der eher Bekannte als ausgewiesene Fachleute beschäftige.

Zornig äußert sich Tomaszewski in Polska/Times über den Umgang von Justiz und Regierung mit dem Hooligan-Problem. Schon länger mahnen Polens Medien ein neues Problembewusstsein an, das den Zustand des polnischen Fußballs mit der Korruption und der Schwäche der Nationalelf sowie dievielen gewaltbereiten Fußballfans betrifft. In der Tat ist dieses nicht erst in der Gegenwart bestehende Gewalt-Problem weder mit Wegschauen noch Kleinreden in den Griff zu bekommen.

Bisher hat Polen sein Hooligan-Problem keinesfalls im Griff. Erst kürzlich starb in Krakau wieder ein Fußballfan. Dabei hat die Gewalt längst die Stadien verlassen und ist in den Alltag eingezogen. In Krakau gibt es nicht nur regelmäßig bei allen Ortsderbys zwischen Cracovia- und Wislaanhängern regelrechte Stadionschlachten, die rivalisierenden Gruppen liefern sich Verfolgungsjagden durch die ganze Stadt. Tomasz C., ein führender Cracovia-Ultra wurde nach einer Jagd quer durch Krakau vor den Augen entsetzter Bürger mit 60 Stichen hingerichtet. Die Täter stammen vermutlich aus der Szene der Wisla-Ultras, fünf Verdächtige wurden festgenommen.

Vor allem Ortsderbys sind immer wieder Anlass für Gewaltorgien, die oft mit Todesopfern einhergehen, in Krakau werden die Derbys „Heiliger Krieg“ genannt, doch kommt so etwas nicht nur in Krakau vor, sondern genauso in Poznan, Warschau und Lodz, wo im vergangenen Jahr ebenfalls ein Hooligan starb.

Bisher taten Fußballverband und Fußballklubs wenig, sahen sich für eigentlich nicht zuständig an, viel mehr als ein kaum einmal durchgesetztes Stadionverbot riskierte ein prügelnder „Fan“ nicht, die lokale Polizei war oft unterbesetzt und völlig überfordert.

Das soll nun alles anderes werden, die Regierung hat sich der Verteidigung des guten Rufs des polnischen Fußballs angenommen und die Gewaltbekämpfung zur Chefsache gemacht. Es könne einfach nicht angehen, dass in Polen der normale Fan Angst hat, zum Fußball in die Stadien zu gehen, kommentierte Justizminister Krzysztof Kwiatkowski in Warschau die Lage und stellte das Maßnahmenpaket der Regierung vor. Eine elektronische Überwachung in der Art einer elektronischen Fußfessel soll ausgesprochene Stadionverbote durchsetzten. Ein Verstoß gegen die elektronischen Fesseln soll dann unangenehme Folgen für den Hooligan haben: zwei Jahre Haft. Zu dem Maßnahmenpaket soll auch die Aufstellung speziell ausgebildeter Polizei-Einsatzverbände kommen und ein Gesetzesvorhaben, das noch vor der Sommerpause verabschiedet und dann Anfang 2012 in Kraft treten könnte, erläuterte Kwiatkowski.

Kern der Gesetzesvorlage gegen die Hooligan-Gwalt sind Schnellverfahren gegen Gewalttäter noch im Stadion. Dazu sollen die Stadien mit einem Verhandlungsraum ausgerüstet werden, in dem direkt nach der Festnahme ein per Live-Videokonferenz zugeschalteter Richter den Hooligan verurteilt. Über denn Sinn dieser Maßnahme wird in Polens Medien lebhaft diskutiert, bisherige Hooligan-Gesetze, die letztlich nur die Strafen erhöhten hatten bisher keinen Erfolg, sie kurieren an den Symptomen herum, aber nicht an den Ursachen des Übels, kommentieren viele Zeitungen in Polen.

Über Brigitte Jaeger-Dabek 1608 Artikel
Brigitte Jäger-Dabek kennt Polen seit vielen Jahren und ist als freie Journalistin Polen-Expertin. Sie ist Autorin des preisgekrönten Buchs "Länderporträt Polen".