Ein Militärflugzeug brachte die Särge von Lech und Maria Kaczynski am Sonntagfrüh nach Krakau. Gegen zehn Uhr Der Wawel gilt in Polen als nationales Heiligtum. Dort sind die Monarchen und Nationalhelden des Landes begraben. Zehntausende Krakauer standen morgens gegen zehn Uhr bei blauem Himmel an einem strahlenden, warmen Tag an der Strecke des Trauerzugs vom Flughafen zum Wawel. Beifall erklang, Unmengen von Blumen wurden auf die Leichenwagen mit den Särgen geworfen. Trauernde aus ganz Polen trafen sich gestern in Warschau und heute in Krakau: Wir wollen unseren Kindern zeigen, wie man Totenwache hält, sagten viele. Schon am Vormittag befanden sich 50.000 Menschen in der Krakauer Innenstadt. Die Marienkirche selbst war nur für Familie, polnische VIPs und ausländische Staatsgäste zugänglich. Der Bereich des Wawels durfte nur mit einem besonderen Ausweis betreten werden.
Die Särge des polnischen Präsidentenpaares wurden am Vormittag in der Krakauer Marienkirche vor dem berühmten Hochaltar von Veit Stoss aufgebahrt.
Die Familie des Präsidenten reiste im Zug aus Warschau an. Jaroslaw Kaczynski wachte am Sarg seines Bruders, der die Nacht über in der Warschauer Johanneskathedrale aufgebahrt war. Auch die polnische Regierung und die politische Führung des Landes reiset im Sonderzug von Warschau an.
Ursprünglich hatten 98 Delegationen ihre Teilnahme an der beisetzung zugesagt. Inzwischen sagten immer mehr Delegationen ihre Teilnahme an der Trauerfeierlichkeiten wegen ab, die Nachrichten kamen nun fast im Minutentakt, hatten die meisten Regierungen und Präsidentenkanzleien doch bis zum letzten Moment auf eine Verbesserung der Luftlage gehofft. Unter den mehr als 50 Absagen befanden sich die von Barack Obama, Angela Merkel, Nicolas Sarkozy, NATO-Generlasekretär Anders Fogh Rasmussen, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barosso, Herman van Rompuy, Silvio Berlusconi, Kardinal Angelo Sodano, Österreichs Präsident Heinz Fischer. Lech Kaczynskis langjähriger Freund und georgische Präsident Saakaschwili war auf Weg nach Krakau in Rom hängen geblieben. Wegen der Vulkanaschewolke hatte er keine Möglichkeit, nach Polen weiter zu fliegen. Auch absagen mussten Spaniens Ministerpräsident José Luis Zapatero, der türkische Präsident Abdullah Gül, die finnische Präsidentin Tarja Halonen, Islands Staatspräsident Ólafur Grimsson, Kanadas Regierungschef Stephen Harper, die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard, Bulgariens Staatschef Georgi Parwanow und der mazedonische Präsident Djordje Ivanov.
Alle sie seien im Geiste mit in Krakau, versicherte EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek bei der Abfahrt des Sonderzuges in Warschau, der die polnische Regierungsdelegation nach Krakau brachte.
Der Luftraum von Polen war am Morgen für einkommende Maschinen geöffnet worden. So konnten die Maschinen Azerbaidschans, des russischen Präsidenten Medwedew und der ukrainischen Delegation mit dem Präsidenten und der Ministerpräsidentin landen. Präsident Köhler reiste mit seiner Frau, Außenminister Westerwelle, Staatsministerin Cornelia Pieper und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit Hubschraubern an. Andere Vertreter der internationalen Politik reisten auf dem Landweg an, wie die litauische Präsidentin und der tschechische Präsident. Der Ex-Präsident der Ukraine Wiktor Jusczenko reiste nicht mit der offiziellen Delegation an, sondern schon am Vortag mit dem Auto an. Er sagte über Lech Kaczynski: Er war ein polnischer Reagan
Am Rande der Trauerfeierlichkeiten traf sich eine polnische Delegation mit Premierminister Donald Tusk, Außenminister Sikorski und Parlamentspräsident Komorowski mit dem russischen Präsidenten Medwedew.
Um 14 Uhr zeigte Sirenengeheul in Krakau den Beginn der Trauerfeier für Lech und Maria Kaczynski an. Die Trauermesse in der Krakauer Marienkirche hielt Kardinal Dziwisz unter Teilnahme alles Staatsgäste. Bundespräsident Horst Köhler traf als einer der ersten in der Kathedrale ein und verneigte sich vor dem Sarg Kaczynskis. Sir Simon Rattle und 23 Streicher der Berliner Philharmoniker und Dirigent waren in den Hubschraubern der deutschen Delegation mitgeflogen. Aus Solidarität mit Polen spielten sie nach der Messe die „Metamorphosen“ von Richard Strauss in der Marienkirche. Rund 90000 Menschen verfolgen die Messe in der Marienkirche auf Großleinwänden auf dem Marktplatz und anderen Public-Viewing-Orten. Der russische Präsident Medwedew legte einen Strauß roter Rosen nieder und zündete vor der Kirche eine Kerze an. Das russische Staatsfernsehen übertrug das Staatsbegräbnis live. Als wichtigster Staatsgast wurde Medwedew in der Krakauer Marienkirche ganz vorn platziert. Gerade noch rechtzeitig geschafft hatte es die georgische Delegation mit Präsident Saakaschwili, einem persönlichen Freund von Kaczynski.
Die Trauerrede hielt Sejmmarschall Bronislaw Komorowski, er dankte vor allem für die weltweite Solidarität, die sein Volk erfahren hatte angesichts dieser Tragödie. Er erinnerte daran, dass es nun nötig sei Kaczynskis Testament zu erfüllen. Janusz ?niadek, Solidarnosc-Vorsitzender und Kampf verabschiedete sich mit sehr persönlichen Worten von seinem Freund Leszek, von dem er sagte: Lech Kaczynski liebte die Wahrheit. Henryk Muszynski Primas von Polen segnete den Präsidenten und seine Ehefrau anschließend aus. Die Trauermesse endete um kurz nach 16 Uhr mit dem Domine Jesu, Andante con moto aus Mozarts Requiem.
Der Trauerzug geleitetet die auf Armeelafetten befindlichen Särge von Lech und Maria Kaczynski zur Wawel-Kathedrale, das Volk stimmt spontan die polnische Nationalhymne an, Beifall brandet auf, die Massen rufen den Namen: Lech Kaczynski und dankten ihm. Auf dem Weg zur Wawel-Kathedrale verabschiedeten Kaczynski die Zygmunt-Glocke, die nur bei ganz besonderen Anlässen leutet und ein Ehrensalut.
In der Wawel-Kathedrale erfolgt durch Kardinal Stanislaw Dzwiwisz im Kreise der Familie und engsten Freunden der Familie Kaczynski ein privater Abschied. Direkt nach der Aussegnungsfeier wurden die Särge mit dem Präsidentenpaar in die Krypta abgesenkt und in den Sarkophagen beigesetzt.
Auf dem Innenhof des Wawelschlosses hatten nach der Beisetzung die ausländischen Delegationen die Gelegenheit der Familie, insbesonders Jaroslaw Kaczynski, seiner Tochter Marta und der Enkelin sowie der polnischen Regierung ihr Beileid auszusprechen.
Die Krypta wird nach der Beisetzung bis zum Abend für die Allgemeinheit geöffnet bleiben. Dort soll künftig eine Gedenktafel an alle Opfer der Tragödie erinnern.