Polens Schwulen und Lesben haben bei der Parada Rownosci, der Parade der Gleichheit in Warschau für gleiche Rechte demonstriert.
Das wichtigste zuerst: Die Demonastration verlief ohne Zwischenfälle und das ist für Polen schon als Erfolg zu sehen. Rund 1500 Lesben und Schwule hatten am Samstag, dem 13. Juni auf ihrem dreistündigen Marsch über die Marszalkowska-Straße durch Warschaus Innenstadt für die rechtliche Anerkennung der Partnerschaften homosexueller Paare demonstriert. Zwar gab es vor dem Parlament am Endpunkt der Parada Rownosci wüste Beschimpfungen durch rund hundert Rechtsradikale aus dem National-Radikalen Lager ONR, doch anders als in früheren Jahren keine gewalttätigen Übergriffe.
Tomasz Baczkowski, der Veranstalter der Parade der Gleichheit sagte der Presse, die Akzeptanz für Homosexuelle wachse in Polen nur in kleinen Schritten, die Intoleranz sei immer noch ein weit verbreitetes Phänomen. Rita Süssmuth, Ex-Bundestagspräsidentin schickte, einen Mutmachbrief: „Ich wünsche mir, dass auch in Polen in naher Zukunft die Diskriminierung von Homosexuellen, von Andersdenkenden und Anderslebenden keinen Platz mehr hat.“
Nach den düsteren Jahren 2005-2007 unter der nationalkonservativen Regierung der PiS hatten Lesben und Schwulen von der liberalkonservativen Regierung Tusk eher eine rechtliche Gleichstellung erhofft, doch die ist bis heute nicht erreicht. Immer noch ist es für Homosexuelle nicht leicht, sich im polnischen Alltag zu behaupten.
Polens Rechte behauptet hier eines der letzten Stückchen nicht in den letzten Jahren umgekrempelten und liberalisierten Denkens und Alltags, wenigstens die Schwulenfeindlichkeit soll bleiben und wird als ein Wert verkauft, da will man sich auch von der EU nicht dreinreden lassen. Dabei kommt es dann auch zu der gefährlichen Allianz von Jaroslaw Kaczynski mit der Liga polnischer Familien und sogar der rechtsradikalen, antisemitischen und ausländerfeindlichen Prügeltruppe der Allpolnischen Jugend. In trauter Gemeinsamkeit werden von ihnen Homosexuelle zum Sündenbock abgestempelt, sie seien pädophil, Schuld an AIDS, Drogen und sämtlich mit kriminellen Vereinigungen unter der Decke steckend.
Noch immer ist Polen das europäische Land, das Homosexuellen gegenüber am intolerantesten ist, noch immer kämpft die katholische Kirche dafür Homosexualität als etwas unnatürliches zu betrachten, obwohl homosexuelle Szenen in den größeren Städten längst ein Teil der Realität sind. Aber noch immer schaut die Bevölkerung nur zu, wenn es rechtsradikale Übergriffe auf Schwule und Lesben gibt. Noch sind die Reihen von Kirche und konservativer Bevölkerung gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften fest geschlossen – mehr als zwei Drittel der Polen sind dagegen.
Offen homosexuell zu leben und sich zu outen ist in Polen ein Kraftakt, an dem viele Schwulen und Lesben zerbrechen und resignieren, die Auswanderungszahlen belegen das. Da wird am Arbeitsplatz gemobbt, da interveniert die Kirche um ein Berufsverbot gegen homosexuelle Lehrer durchzusetzen, da forderte eine Kinderbeauftragte der Regierung eine Liste von Funktionen, die Homosexuelle nicht ausüben dürfen, da versuchte der damalige Bildungsminister Giertych mit dem Verbot homosexueller Propaganda Homosexuellen einen Maulkorb zu verpassen, da wurden und werden immer noch Rechtsradikale gegen Homosexuelle aufgewiegelt, damit man sich selbst die Hände nicht schmutzig machen muss.
So bleibt die Sichtweise der meisten Polen auf Homosexuelle irgendwo zwischen Krankheit und Sünde hängen, beide Varianten erreichen bei Meinungsumfragen um die 55% Zustimmung. Aber Krankheiten kann man ja therapieren dachte sich die katholische Kirche und richtete in den Großstädten Zentrum zur Therapie von Homosexuellen mit dem Namen „Odwaga“ ein, was „Mut bedeutet. Hier sollen Homosexuelle akzeptieren, dass Gott sie so geschaffen hat und ihnen ihre Homosexualität aus Prüfung auferlegt hat. Sie sollen in einer langen Therapie lernen, von der Sünde zu lassen und ein Leben in Keuschheit zu führen.
So gesehen ist es wirklich ein Erfolgt, dass man die Parada Rownosci erlaubt hat und niemand die Teilnehmer attackiert hat. Bis zur Gleichstellung und Durchsetzung des polnischen Antidiskriminierungsgesetzes von 2003 im Alltag ist es noch ein langer Weg.